Langweiliges Copy-Paste kann man Haibike definitiv nicht vorwerfen, soviel wird schnell klar. Das neue Haibike Hybe CF unterscheidet sich ziemlich deutlich von den anderen aktuellen E-MTBs der Marke, wie zum Beispiel seinem Namensvetter mit Yamaha-Motor. Und auch im Marktvergleich mit der Konkurrenz hat der Neuling definitiv einige Alleinstellungsmerkmale. Trotzdem scheinen sich die Haibike-Entwickler an verschiedenen Modellen im eigenen E-MTB-Portfolio ein Beispiel genommen zu haben. So steckt sogar etwas DNA des allerersten E-Mountainbikes überhaupt im brandaktuellen Hybe CF.
Aber von vorne. Mit 170/160 mm Federweg und Mullet-Setup spielt das neue Hybe in der Enduro-Kategorie. Eine eher gemäßigte Geometrie lassen aber mehr einen ausgewogenen Allrounder, denn krassen Abfahrts-Extremo erahnen. Motorseitig setzt der Neuling auf Boschs neuen Performance CX. Damit ist das Carbon-Bike der große und edle Bruder des bereits im September vorgestellten Bosch-Bikes Haibike AllMtn mit Alu-Rahmen.
Die Ähnlichkeit zum ebenfalls neuen Haibike AllMtn endet schnell. Motor und Akku sind bei Alu-AllMtn und Carbon-Hybe identisch, das war es auch schon fast. Denn das neue Hybe setzt auf einen liegenden Dämpfer unter dem Oberrohr. Dieses Hinterbaudesign kennen wir von Haibike bisher nur vom Light-E-MTB Lyke mit Fazua-Antrieb. Und mit diesem Rad soll das Hybe auch einige grundlegende Tugenden gemeinsam haben. Sportlich und agil auf dem Trail, bei ausgewogenem Handling und unkompliziertem Fahrverhalten. Weitere Gemeinsamkeit zwischen Lyke und Hybe: Der Fokus bei der Entwicklung lag auf geringem Gewicht.
Dafür greift Haibike auf einen traditionsreichen Trick zurück, der auch das Lyke besonders macht. Der Motor ist gedreht verbaut, damit der Akku vor dem Aggregat in das geschlossene Unterrohr geschoben werden kann. So soll das Chassis leicht ausfallen und trotzdem einen entnehmbaren Akku bieten. Besonders: Im Hybe wird der CX-Motor vom Carbonrahmen umschlungen, statt unter dem Chassis zu hängen. Das ist ziemlich selten und erinnert tatsächlich an das Ur-Haibike, das Xduro EQ aus dem Jahr 2011. Zuletzt haben wir eine solche umschlingende Konstruktion bei den neuen Game-E-MTBs von Moustache gesehen, die allerdings mit Alu-Rahmen kommen.
Das Ergebnis: Das Topmodell Hybe CF 11 wiegt in Größe L 23,1 Kilo. Mit entnehmbarem 800er-Akku und robuster Ausstattung, wie einer Rockshox-ZEB-Gabel, Continental-Enduro-Reifen und starken Sram-Maven-Bremsen. Kein Rekord, aber ein sehr ordentliches Gewicht.
An unmotorisierten Bikes ist er kaum mehr wegzudenken: Der Kofferraum. Nahezu jedes neue Bike der Enduro- oder Trail-Liga kommt mit einem integrierten Staufach im Rahmen. Bei E-Bikes ist der Platz im Chassis in der Regel von Akku und Motor belegt, drum gibt es die praktischen Helferlein hier nicht. Doch Haibike will einen Weg gefunden haben, auch am E-MTB etwas Gepäck ans Bike zu bringen.
Dafür nutzen die Entwickler die Klappe, unter der der Akku ins Unterrohr rutscht. Der Platz ist begrenzt, doch ein mittelgroßer Schlauch und ein Mini-Tool passen rein. Jedoch muss man sich selbst etwas einfallen lassen, wie man die Teile klapperfrei unterbringt. Denn Befestigungsmöglichkeiten oder eine dämpfende Tasche gibt es nicht.
An unserem Testbike war die Bedienung zudem ziemlich hakelig. Schon der Drehmechanismus zum Öffnen der Klappe funktioniert sehr schwergängig. Selbst im sauberen Neuzustand - und so wird er an dieser Stelle nicht lange bleiben. Außerdem kann die Klappe nur einen Spalt aufgebogen werden, das wirkt etwas behelfsmäßig und das Be- und Entladen ist dadurch fummelig. Es sei denn, man schraubt die Klappe mit einem Inbus komplett ab (Achtung: Kleine Schraube und Unterlegscheibe nicht verlieren!). Wer den Stauraum eher dauerhaft als Notfall-Kompartement nutzt, z. B. für Schlauch und CO2-Kartusche, wird mit der Lösung dennoch gut zurecht kommen. Ein echter Mehrwert.
Dass Haibike weiter auf den bewährten Bosch-Antrieb setzt, ist keine Überraschung. Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis der E-Bike-Spezialist ein hochwertiges Carbon-E-MTB mit dem neuen CX an den Start rollt. Das Hybe setzt auf den großen Powertube 800, für maximale Reichweite. Den leichteren 600er-Akku kann man nicht ohne weiteres verbauen. Ein entnehmbarer Akku ist bei Haibike Pflicht. Beim Hybe kommt eine etwas kompliziertere, aber dafür gewichtssparende Integration zum Einsatz.
Die Batterie wird nach unten aus dem geschlossenen Unterrohr herausgezogen. Das ist nicht so komfortabel, wie klassische Klapp-Lösungen. Gerade zum Einsetzen der Batterie sollte das Bike auf den Kopf gestellt werden, sonst ist es schwierig, den Akku an den Kontakten einzurasten. Hat man die entscheidenden Kniffe im Kopf, geht der Akku-Wechsel aber schnell von der Hand. Laden oder Lagern der Batterie in der warmen Wohnung ist damit kein Problem. Und auch einem Akku-Wechsel auf Tour steht nichts entgegen.
Für Flexibilität bei der Batteriekapazität sorgt der Rangeextender Bosch Power More 250. Der kann unkompliziert aufs Unterrohr geschnallt werden. Beim Hybe CF passt die Extra-Batterie aber nur in den Rahmengrößen L und XL. Bei kleineren Bikes kollidiert sie mit dem Ausgleichsbehälter des Dämpfers. Mit Dämpfern ohne Piggyback (wie serienmäßig beim AllMtn CF9) passt der Power More in allen Rahmengrößen.
Während der Federweg von 170/160 Millimetern ganz klar in die Enduro-Ecke zielt, fällt die Geometrie des neuen Hybe CF eher gemäßigt und Allround-orientiert aus. Laut Haibike soll das Hybe kein Abfahrtsextremo sein, sondern besonders agil und spaßig über die Trails sausen. Dafür verpassen die Entwickler dem Bike einen verhältnismäßig steilen Lenkwinkel und gemäßigte Werte bei Reach und Radstand. Damit das Hybe CF leicht kontrollierbar bleibt und auch im Uphill unkompliziert funktioniert, messen die Kettenstreben nicht zu kurze 450 Millimeter. Die Sitzrohre fallen lang aus, was vermutlich auch auf den gedrehten Motor zurückzuführen ist, der hier etwas mehr Platz nach oben beansprucht.
Basierend auf dem Rahmen des Hybe CF hat Haibike noch ein Modell mit weniger Federweg auf die Beine gestellt. Das AllMtn CF9 hat das identische Chassis, wird allerdings mit kürzeren Federelementen bestückt. So landet es bei 160/150 Millimetern Hub und einer noch etwas steileren Geometrie. Passend dazu ist auch die Ausstattung weniger auf Abfahrt getrimmt. Das AllMtn CF9 soll 6999 Euro kosten und ist damit das günstigste Bike mit dem neuen Carbon-Chassis.
Drei Bikes wird es mit dem neu entwickelten Carbon-Chassis geben. Zwei Hybe-Modelle mit 170/160 Millimeter Federweg und ein AllMtn mit 160/150 mm. Für alle muss man recht tief in die Tasche greifen. Die Preise liegen zwischen 6999 und 10.000 Euro. Interessant: Alle Modelle kommen mit Rockshox-Fahrwerk und einer elektronischen Funkschaltung von Sram. Im April 2025 sollen die Bikes in die Läden rollen.
Optisch schlank und eigenständig, dazu mit starkem Gewicht und interessanten Detaillösungen: So macht das Haibike Hybe einen guten ersten Eindruck. Wie sich das Bike im Gelände schlägt und ob der Carbon-Flitzer seinen ambitionierten Preis Wert ist, wird sich im ausführlichen BIKE Test zeigen. Wenn es die Tugenden seines Light-Bruders Lyke übernimmt, hat es das Zeug zum richtig fähigen und spaßigen Allrounder!