Jan Timmermann
· 16.01.2024
Viele Biker träumen davon, einmal im Leben ein eigenes Mountainbike zu kreieren. Als 2022 der erste Prototyp des Grin One Enduro Bikes auf die Trails losgelassen wurde, wurde dieser Traum für Philipp Brunn Realität. Zwar startete der Wahl-Bayer mit Wurzeln im Odenwald sein zunächst privates Projekt auf einem weißen Stück Papier, ganz unbedarft war er jedoch nicht. Philipp bringt 20 Jahre Berufserfahrung in der Automobilindustrie mit und begann die Konstruktion eines eigenen Enduro-Bikes zu Corona-Zeiten erst einmal als Hobby.
Als leidenschaftlicher Bike-Bergsteiger war Philipp unzufrieden mit den immer flacheren und schwereren Enduros am Markt und entwarf kurzerhand sein eigenes Fully. Im März 2023 stand nach den Erkenntnissen des Prototyps das weitere Konzept fest. Ende Juli konnte Philipp dann mehrere Bikes in der zweiten Ausbaustufe an seine erfahrenen Biker-Freunde zum Testen geben. Die nächste Prototypen-Stufe soll Mitte 2024 erreicht sein. Für Anfang 2025 ist die Fertigung von Serien-Bikes anvisiert.
Philipp Brunn betreibt das Projekt Grin Bikes aktuell nebenberuflich von zu Hause aus. Die große Begeisterung der Bike-Community für sein Grin One Enduro könnte das eines Tages ändern. Denn Philipp ist nicht alleine und sehr gut vernetzt. Seine Freundin begleitet ihn regelmäßig auf Testfahrten in alpines Gelände, er ist Teil der Bike-Bergsteiger-Gruppe rund um München und hat gute Kontakte zur lebendigen Szene in Eberbach.
Das fundierte Feedback, welches er für die Prototypen seines Erstlingswerks erhält, fließt kontinuierlich in dessen Weiterentwicklung ein. Geschweißt werden die Prototypen in Karlsruhe, Fahrwerksspezialist Anyrace aus München hilft bei der Entwicklung des Fahrwerks.
Das Grin One hat einige Alleinstellungsmerkmale, durch die es sich von anderen aktuellen Enduros abhebt. Philipp war es wichtig, die Abfahrts-Kompetenz dieser Kategorie mit einer guten Uphill-Performance zu vereinen. Trotz des robusten Rahmens aus Aluminium legt er deshalb Wert auf ein niedriges Rahmengewicht und peilt 3,2 bis 3,3 Kilo an. Im aktuellen Aufbau wiegt das Prototypen-Rad ohne in einziges Carbon-Teil rund 14 Kilo.
Ein extra steiler Sitzwinkel von 78,5 Grad soll das Enduro auch in steilsten Anstiegen effizient machen. Da Philipp selbst regelmäßig hochprozentige Steigungen in Angriff nimmt, tritt er das Grin One auf einem kleinen Kettenblatt mit nur 26 Zähnen. Maximal 32 Zähne wären möglich.
Für viel Bewegungsfreiheit über dem Rad und eine möglichst niedrige Überstandshöhe setzt er auf stark abfallende Oberrohre und gerade, extra kurze Sitzrohre (440 Millimeter in Größe L). Gleichzeitig ermöglicht er so den Einsatz von verstellbaren Sattelstützen mit bis zu 240 Millimeter maximalem Hub.
Damit das Hinterrad in steilen Abfahrten nicht auf Konfrontation mit dem Hinterteil des Piloten gehen muss, ist das Grin One für einen Mullet-Laufradsatz ausgelegt. Mit der Rahmengröße wachsende Kettenstreben sollen dem Enduro dennoch ausgewogene Fahreigenschaften bescheren - unabhängig von der Körpergröße des Fahrers.
Mit 489 Millimetern in Größe L fällt der Reach modern-geräumig aus. Der Lenkwinkel des Prototyps liegt mit 63,8 bis 64,5 Grad flach, ist aber nicht ganz so extrem gezeichnet, wie bei vielen Mitbewerbern derselben Federwegsklasse. Eine Besonderheit ist auch die moderat tiefe Tretlagerhöhe. Als Bike-Bergsteiger weiß Philipp, dass ein zu tiefes Tretlager in verblocktem Gelände das Handling eines Enduros beschneiden kann.
Auch das kleine Kettenblatt sorgt für mehr Bodenfreiheit. Schließlich soll das Grin One mehr können als nur schnell bergab ballern: Bikepark-Stunts, Abenteuer-Touren und Bike-Bergsteiger-Expeditionen sollen gleichermaßen drin sein.
Wie es sich für ein modernes Mountainbike schickt, trägt der Prototyp des Grin One Enduros ein UDH Schaltauge am Ausfallende und hat eine innen liegende Zugführung. Der Hinterbau ist sowohl mit Luft- als auch mit Stahlfederdämpfern kompatibel.
Apropos Hinterbau: Philipp präferiert weiche Federraten, um ein komfortableres Überrollen von Hindernissen zu ermöglichen. Ausgelegt ist die hintere Federung deshalb auf viel Negativfederweg (SAG), um in anspruchsvollem Gelände jederzeit Bodenhaftung zu garantieren. Trotzdem soll die lineare Kinematik gegen Ende deutlich progressiver werden, um auch mit großen Schlägen gut klarzukommen. Mit einer Freigabe nach ASTM Kategorie Fünf dürfte das Grin One auch die wildeste Action gut wegstecken.