E-Bike-Test Focus Sam² 6.8Vollgas zum Preis-Leistungs-Tipp!

Länge läuft! Das Focus Sam² ist konsequent auf Vollgas in schweren Abfahrten ausgelegt.
Foto: Max Fuchs
Voll auf Abfahrt, so hat Focus das neue E-Bike Sam² 6.8 ausgelegt - inklusive der krassen Ausstattung. Ist das E-Enduro der Stuttgarter damit übers Ziel hinausgeschossen? Wir haben das Bosch-CX-Bike ausführlich getestet. Was es leistet – und wo es an seine Grenzen stößt!

Wie baut man ein E-Bike, das Enduro- und Bikepark-Piloten vollumfänglich glücklich macht? Dieser Frage hat sich Focus gestellt. Das Rezept des neuen Sam² ist einfach aber gut: Ein solider Alu-Rahmen ist schwer aber belastbar. Damit kann das Focus für vollen Downhill-Einsatz (ASTM 5) freigegeben werden. Und das bei einer vertrauenserweckenden Gewichtsfreigabe von 150 Kilo Systemgewicht. Bei E-MTBs gibt es das nur selten. Dazu kommen ausreichend Federweg und eine lange, flache Geometrie. Spätestens der Stahlfederdämpfer macht klar: Dieses Rad ist voll auf Abfahrt gepolt.

Länge läuft! Das Focus Sam² ist konsequent auf Vollgas in schweren Abfahrten ausgelegt.Foto: Max FuchsLänge läuft! Das Focus Sam² ist konsequent auf Vollgas in schweren Abfahrten ausgelegt.

Also: Auf in den Bikepark! Bleibt die Frage, ob ein 26,5-Kilo-Bike auf dem Trail überhaupt Spaß machen kann. Dieses üppige Gewicht liefert das Sam² bereits mit dem kleinen 600er Akku in unserem Testbike. 800 Wattstunden und damit 900 Extra-Gramm gibt’s optional für 300 Euro Aufpreis. Der kleine Akku ist in vielen Fällen aber keine schlechte Wahl für das Sam², denn für klassische Touren ist dieses rassige E-Enduro ohnehin nicht gebaut.

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Im Video: BIKE checkt das Focus Sam² 6.8

Die Fakten zum Focus Sam² 6.8

  • Motor: Bosch Performance CX, 85 Nm max. Drehmoment
  • Akku: 600 Wh (entnehmbar), 800er-Akku gegen 300 Euro Aufpreis
  • Rahmenmaterial: Aluminium
  • Federweg: 170/165 mm
  • Laufradgröße: 29/27,5 Zoll
  • Rahmengrößen: S, M, L, XL
  • Preis: 5699 Euro >> hier erhältlich
  • Gewicht: 26,5 kg (Testbike in Größe L, BIKE-Messung)
  • Max. Systemgewicht: 150 kg
  • Garantie: 10 Jahre
Über Flipchips im Hinterbau kann man die Kettenstreben lang oder kurz einstellen (-7 mm). Der Lenkwinkel lässt sich über drehbare Lagerschalen um ein Grad justieren.Foto: Max FuchsÜber Flipchips im Hinterbau kann man die Kettenstreben lang oder kurz einstellen (-7 mm). Der Lenkwinkel lässt sich über drehbare Lagerschalen um ein Grad justieren.

Bosch Performance Line CX - der Antrieb

Focus fuhr bei seinen E-Mountainbikes lange Zeit mehrgleisig. In der Power-Klasse hatten die Stuttgarter sowohl Bikes mit Shimano-, als auch mit Bosch-Motoren im Portfolio. Aktuell liegt der Fokus ganz klar auf dem neuen Bosch Performance Line CX (hier im Test!). Nach dem letzten Software-Update auf 100 Nm und 750 W ist der beliebte Schwaben-Motor jetzt noch stärker und souveräner denn je. Auch der neue Modus E-MTB+ ist ein klares Plus. In schwierigen Ansteigen spielt das System seine Stärken besonders aus.

Bosch Performance CX // 100 Nm max. Drehmoment // 750 W Spitzenleistung // bis 400 % UnterstützungFoto: Max FuchsBosch Performance CX // 100 Nm max. Drehmoment // 750 W Spitzenleistung // bis 400 % Unterstützung

Aber auch in Sachen Reichweite überzeugt der Bosch-Antrieb. Das Sam² ist explizit auf ein modulares Akku-Konzept ausgelegt. Heißt: Es passen wahlweise 600 oder 800 Wattstunden ins Bike. Dafür ist lediglich ein anderes Cover nötig. Unser Testbike kommt mit dem kleineren 600er-Akku, der natürlich deutlich weniger Reichweite liefert, als die 800er-Bosch-Bikes. Doch im Vergleich zu anderen Systemen mit rund 600 Wh sind sehr gute Reichweiten drin.

Der Powertube 600 kann schnell und einfach aus dem Unterrohr geklappt werden. Die Batterie ist mit Schloss gesichert.Foto: Max FuchsDer Powertube 600 kann schnell und einfach aus dem Unterrohr geklappt werden. Die Batterie ist mit Schloss gesichert.Passend zum Einsatzbereich verzichtet Focus auf ein Display. Das Rad hat nur Mini-Remote und System-Controller.Foto: Max FuchsPassend zum Einsatzbereich verzichtet Focus auf ein Display. Das Rad hat nur Mini-Remote und System-Controller.Der Ventilmagnet für das Bosch-System sitzt versteckt in der WTB-Felge des Focus Sam².Foto: Max FuchsDer Ventilmagnet für das Bosch-System sitzt versteckt in der WTB-Felge des Focus Sam².

Die Ausstattung des Focus Sam² 6.8

DH-Casing: Mehr Pannenschutz geht im Maxxis-Portfolio nicht. Der Hinterreifen ist deutlich massiver als die DD-Variante, die das Gros der Hersteller an abfahrtslastigen Bikes verbaut.Foto: Max FuchsDH-Casing: Mehr Pannenschutz geht im Maxxis-Portfolio nicht. Der Hinterreifen ist deutlich massiver als die DD-Variante, die das Gros der Hersteller an abfahrtslastigen Bikes verbaut.Die Deore-Stopper mit 220er Scheibe auch hinten funktionieren top. Die Scheibe war zwar schnell angelaufen, lieferte aber konstant gute Performance.Foto: Max FuchsDie Deore-Stopper mit 220er Scheibe auch hinten funktionieren top. Die Scheibe war zwar schnell angelaufen, lieferte aber konstant gute Performance.

​Keine Kompromisse! Bei der Ausstattung geht Focus in die Vollen. Am Einstiegsmodell sind zwar keine Highend-Parts verbaut, aber Funktional muss man keine ernsten Abstriche machen. Von der Stange ist das Bike bereit für harte Trail- und Park-Einsätze. Am Heck werkelt ein dicker Stahlfederdämpfer von Fox, vorne die passende 38er aus dem günstigen Rhythm-Regal. Passend dazu kommen eine DH-Karkasse am Hinterreifen und 220er-Bremsscheiben an beiden Laufrädern.

Die Fox 38 entstammt zwar nur der günstigen Rhythm-Linie, funktioniert aber dennoch auf hohem Niveau.Foto: Max FuchsDie Fox 38 entstammt zwar nur der günstigen Rhythm-Linie, funktioniert aber dennoch auf hohem Niveau.
  • Gabel / Dämpfer: Fox 38 Rhythm / DHX Performance Coil
  • Schaltung: Shimano Deore (12-fach)
  • Bremsen: Shimano Deore / 220 mm
  • Laufräder: WTB STi 30 / Formula
  • Reifen: Maxxis Assegai DD Maxxgrip / DHR II DH, 29/27,5 x 2,5
  • Teleskopstütze: Post Moderne / 200 mm
  • Besonderheiten: Airtag-Halterung, Tool-Tasche, Option auf 800 Wh
Der Stahlfederdämpfer am Heck verleiht dem Focus Sam² massive Nehmerqualitäten und sehr viel Traktion.Foto: Max FuchsDer Stahlfederdämpfer am Heck verleiht dem Focus Sam² massive Nehmerqualitäten und sehr viel Traktion.

Focus Sam² 6.8: Die Geometrie

Lang, länger, Focus Sam²! Auf unserem Geometrieprüfstand im BIKE Testlabor haben wir 1312 mm Radstand beim Bike in Größe L gemessen. So lang sind selbst abfahrtsorientierte E-MTBs nur sehr selten. Doch über zwei Variablen lässt sich der Radstand einkürzen. Ein Winkelsteuersatz macht einen steileren Lenkwinkel möglich und auch die Kettenstreben können über zwei Flipchips verkürzt werden. Für Highspeed-Einsätze im Gelände empfanden wir die lange und flache Einstellung aber als sehr ausgewogen und geeignet.

Die Messwerte aus dem BIKE Labor zeigen die Geometrie des Focus Sam² in Größe L in der langen und flachen Geometrieeinstellung.Foto: BIKE MagazinDie Messwerte aus dem BIKE Labor zeigen die Geometrie des Focus Sam² in Größe L in der langen und flachen Geometrieeinstellung.

Auf dem Trail: ​Jagd nach Bestzeiten

Die lange Geometrie des Sam² macht sich auch im Uphill bemerkbar. Mit seinen langen Kettenstreben und dem steilen Sitzwinkel klettert das E-Enduro sehr unkompliziert. Das Stahlfeder-Heck findet auch unter widrigen Bedingungen viel Grip, der Federungskomfort ist hoch. Nur in engen Passagen kann der lange Radstand hinderlich sein. Dafür schiebt der Bosch-Motor spritzig und wohldosierbar zugleich an. Der geniale Modus E-MTB+ kann in schwierigen Anstiegen einen echten Unterschied machen und der situative Nachlauf hilft geschmeidig über mache Schlüsselstelle.

Auch im Uphill kann das Focus Sam² nichts so leicht schocken. Fahrstabil und souverän zieht es seine Bahnen. Solange die Linie nicht zu eng wird.Foto: Max FuchsAuch im Uphill kann das Focus Sam² nichts so leicht schocken. Fahrstabil und souverän zieht es seine Bahnen. Solange die Linie nicht zu eng wird.

Bergab trumpft das Focus dann nochmal mehr auf. Schon etwas übermütig durch den sicheren Stand im Rad und die enorme Laufruhe schießen wir mit dem Sam² mit Vollgas auf die schnellen Geraden der Teststrecke. Vielleicht doch etwas viel gewollt? Keineswegs. Das Sam² schluckt auch schnelle, große Schläge so souverän, dass man gut und gerne 180 Millimeter im Stahlfeder-Heck erwarten würde. Bike und Fahrwerk erzeugen derartig viel Bodenhaftung, dass die Kontrolle auch bei extremem Speed und in richtig harten Passagen nicht abreißt.

Fehlalarm! Große Augen braucht man auf dem Focus Sam² eigentlich nicht bekommen. Vollgas im Wurzelstakkato gehört zu den Spezialitäten des Alu-Boliden.Foto: Max FuchsFehlalarm! Große Augen braucht man auf dem Focus Sam² eigentlich nicht bekommen. Vollgas im Wurzelstakkato gehört zu den Spezialitäten des Alu-Boliden.

Schwer, aber nicht schwerfällig

Die konsequente Ausstattung erhöht die Reserven auf der Jagd nach Topspeed zusätzlich, und das bereits im günstigsten Spec des Sam² 6.8. Zumindest, solange die Strecke ein ordentliches Gefälle bietet und genügend Speed zulässt. Dass das Focus auf flachen Strecken weniger in seinem Element ist, liegt mit Blick auf Geometrie und Gewicht auf der Hand. Wir waren aber überrascht, wie gut sich das lange Sam² mit seiner satten Kurvenlage auch in schnellen Anliegern und über Sprünge macht. Auch hier kommt richtig Fahrspaß auf.

Berms und Kurvenwechsel im Bikepark? Hier fühlt sich das Sam² erstaunlich lebendig an. Die Kurvenlage ist 1A.Foto: Max FuchsBerms und Kurvenwechsel im Bikepark? Hier fühlt sich das Sam² erstaunlich lebendig an. Die Kurvenlage ist 1A.

Dank des hohen Wohlfühlfaktors bleibt man als Fahrer stets in einer aktiven Fahrposition. Über einen Winkelsteuersatz und Flipchips im Hinterbau kann man Lenkwinkel und Kettenstreben für ein agileres Handling noch deutlich anpassen. Wir empfanden die flache, lange Einstellung aber als auffallend ausgewogen und angenehm. Die konsequente Wahl für echte Enduro-Missionen. Kleine Schwächen: Bergab klapperte unser Bike ein wenig und Bunnyhops ohne definierten Absprung brauchen viel Körpereinsatz. Etwas behäbig und lang erlebten wir das Bike bei langsamer Fahrt und auf richtig engen Trails.

Traktionsstark und sicher: Das sind die prägenden Merkmale des Sam² 6.8.Foto: Max FuchsTraktionsstark und sicher: Das sind die prägenden Merkmale des Sam² 6.8.

BIKE-Bewertung des Focus Sam² 6.8

Sitzposition, Reichhöhe und Servicefreundlichkeit des Focus Sam² 6.8. Reichhöhe ermittelt bei Messfahrten auf Asphalt  mit 12,2 Prozent Steigung. Höchste Unterstützungsstufe, 150 Watt Fahrerleistung, Fahrergewicht 90 kg.Foto: BIKE MagazinSitzposition, Reichhöhe und Servicefreundlichkeit des Focus Sam² 6.8. Reichhöhe ermittelt bei Messfahrten auf Asphalt mit 12,2 Prozent Steigung. Höchste Unterstützungsstufe, 150 Watt Fahrerleistung, Fahrergewicht 90 kg.

Stärken

  • Fahrsicherheit auf DH-Niveau
  • starkes und sensibles Fahrwerk
  • gut gewählte Komponenten

Schwächen

  • auf sehr engen Strecken unhandlich
  • leichtes klappern
  • hohes Gewicht trotz kleinem Akku
Unser Spinnendiagramm zeigt den Charakter des Focus Sam² 6.8 in Bezug auf die Kategorie E-Enduro.Foto: BIKE MagazinUnser Spinnendiagramm zeigt den Charakter des Focus Sam² 6.8 in Bezug auf die Kategorie E-Enduro.Die BIKE-Note für das Focus Sam² 6.8 in der Kategorie E-Enduro.Foto: BIKE MagazinDie BIKE-Note für das Focus Sam² 6.8 in der Kategorie E-Enduro.Die richtig starken Fahreigenschaften zu einem fairen Preis bringen dem Sam² 6.8 unseren “Tipp Preis/Leistung”.Foto: Max FuchsDie richtig starken Fahreigenschaften zu einem fairen Preis bringen dem Sam² 6.8 unseren “Tipp Preis/Leistung”.

Das BIKE-Fazit

Achtung, hier steckt Vollgas drin! Wer das Focus Sam²* in entsprechendes Gelände entführt, bekommt brutale Fahrsicherheit und ein tolles Fahrwerk. Auf schnellen, gebauten Trails kommt auch der Fahrspaß nicht zu kurz. Ein konsequenter Abfahrer mit stimmiger Ausstattung und fairem Preisschild – für gemütliches Trail-Rollen ist das Focus aber eher nicht gemacht. - Adrian Kaether, BIKE-Redakteur
Adrian Kaether ist BIKE-Redakteur und E-Bike-Spezialist.Foto: Georg GrieshaberAdrian Kaether ist BIKE-Redakteur und E-Bike-Spezialist.

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