32 Zoll Laufräder versprechen ein besseres Überrollverhalten und mehr Traktion als 29 Zoll. Die Szene ist sich einig: 32 Zoll kommt und der Trend ist in einigen Bereichen des Marktes nicht mehr aufzuhalten. Doch die neue Laufradgröße bringt so einige Herausforderungen für die Konstrukteure mit sich. Geometrien und natürlich Komponenten lassen sich nicht einfach zwischen 29 und 32 Zoll übertragen. Um die verschiedenen Parameter zu ergründen, schicken erste Hersteller fertige Hardtails und Fullys auf die Trails. Manche schieben sogar die ersten Serien-Bikes ins Schaufenster. Hier kommen sechs Frühstarter auf 32 Zoll.
Die Riesenräder kommen! 32 Zoll ist nicht mehr aufzuhalten und wird Teile der Mountainbike-Technik revolutionieren. Kleine Hersteller preschen voran und präsentieren aufregende Konzepte. Mit den ersten serienreifen Fullys beweisen diese innovative Marken, dass sich der neue Laufrad-Standard in sinnvolle Geometrien übersetzen lässt. - Jan Timmermann, BIKE-Redakteur
Während sich die meisten der neuen 32-Zöller im Cross- und Downcounty-Bereich tummeln, präsentiert Alutech ein 170-Millimeter-E-Enduro mit 32-Zoll-Vorderrad. Der Hinterbau nimmt entweder ein 29er oder ein 27,5er Laufrad auf. Ein solches Super-Mullet-Konzept soll verhindern, dass das Hinterrad in Steilabfahrten auf Tuchfühlung mit dem Hinterteil des Fahrers geht. Gleichzeitig bleiben Front und Tretlagerhöhe etwas niedrieger als beim Full-32er. Als Antrieb nutzt der Prototyp einen exotischen Gobao-Motor. Geplante Serieneinführung: Frühjahr 2026. Auch spannend: Am Vorderrad dreht sich ein Maxxis Dissector Reifen in 32 Zoll. Bislang war nur der Aspen mit dem neuen Maß bekannt.
Maßrahmen- und Prototypenbau sind die Spezialität des Schweizer Labels. Das 32-Zoll-Testmuster baut auf einem Alu-Rahmen mit 100 Millimetern Federweg auf. Nach der Erprobung ist ein Verkauf in Kleinserie geplant. Rund 2600 Euro soll das Rahmenkit kosten. Um dieses vor Schäden durchs extraflache Cockpit zu schützen wurde eigens ein superkompakter Lenkanschlagsbegrenzer entwickelt. Die Lackierung des futuristischen Technologieträgers provoziert bewusst im Retro-Look.
"Den größten Performance-Schritt auf zwei Rädern" nennt Stoll das P32. Es dürfte das erste 32-Zoll-Serienfully mit Carbonrahmen sein und soll im leichtesten Trimm nur 10,9 Kilo wiegen. 100 bis 120 Millimeter Federweg bieten Gabel und Dämpfer. Gefertigt wird der rund 1,75 Kilo leichte Rahmen in Deutschland. Komplettbikes kosten zwischen 9000 und 13.000 Schweizer Franken. Ab April 2026 sollen die ersten Bikes ausgeliefert werden.
Mit zwischen 120 und 140 Millimetern Federweg vorne wie hinten ist das Actofive I-Train 32 das erste serienreife 32-Zoll-Trailbike am Markt. Rahmenstruktur und -geometrie sind komplette Neuentwicklungen, für die das Dresdner Boutique-Label extra neue CNC-Hard- und Software einkaufen musste. 24 Maschinen- und acht Arbeitsstunden braucht es für die Fertigung eines Rahmens. Da wundert es nicht, dass dieser mit 6900 Euro zu Buche schlägt. An der dünnsten Stelle beträgt die Wandstärke des 7075-t6-Aluminiums nur einen Millimeter. So bringt das 32-Zoll-Chassis im Vergleich zum 29er lediglich 250 Gramm Mehrgewicht mit.
Ich bin überzeugt, dass 32 Zoll von XC über Downcountry bis Gravel einen echten Mehrwert bieten wird. Bei Enduro und Downhill wird es Kontra geben. Mullet 32-29 halte ich hier für einen Kompromiss. - Simon Metzner, Actofive
Mit einem einzigartigen Hardtail aus filigranen Columbus-Stahlrohren beweist Rahmenbau-Künstler Leo, dass 32 Zoll nicht unbedingt Riesenmaße bedeutet. Dank gebogenem Sitzrohr bleiben die Kettenstreben mit 445 Millimetern vergleichsweise kurz und auch der Stack-Wert liegt aufgrund eines extrem kompakten Steuerrohrs nah an bekannten Normen. Bike Ahead liefert die ersten seriennahen Laufräder in Übergröße und mit einer Starrgabel kommen keine Kompatibilitätsprobleme auf. Spezialisiert hat sich Leovelo auf individuelle Rahmenbaukurse. 32-Zoll-Bikes gehören ab sofort zum Portfolio. Im fünftägigen Kurs können sich Liebhaber einen perfekt passenden Maßrahmen mit der neuen Laufradgröße selbst schweißen.
Um alle Parameter der neuen Laufradgröße in Labor und Praxis zu testen und die Vor- sowie Nachteile zu analysieren, stellte Bike Ahead einen Prototypen des Race-Hardtails The Frame auf 32 Zoll Laufräder. Da die Teile-Verfügbarkeit für diesen Laufradstandard noch eingeschränkt ist, fertigte die deutsche Manufaktur kurzerhand einen eigenen Carbon-Laufradsatz. Der erhöhte Stack wird durch einen extra gefrästen Vorbau mit einem extremen Winkel von -40 Grad kompensiert. Trotz der zahlreichen technischen Anpassungen und der größeren Laufräder konnte das Gesamtgewicht des Bikes auf beeindruckende 9,6 Kilogramm in Größe L begrenzt werden.
Noch rollt das neue Stahl-Fully auf 29 Zoll, doch Zoceli-Mastermind Martin Saida hat bereits eine 32-Zoll-Variante angekündigt und erste Geometrie-Details, wie eine 465 Millimeter lange Kettenstrebenlänge, bekanntgegeben. Entwickelt ist der 32er also bereits, er muss nur noch geschweißt werden. Solange erfreut auch das konventionelle Rutina das Auge. Als Downcountry-Bike verfügt es über wahlweise 115 oder 100 Millimeter Federweg im Heck und nimmt Gabeln mit bis zu 130 Millimetern Hub auf. Obwohl es auf den ersten Blick nicht danach aussieht, handelt es sich beim Hinterbausystem um einen Eingelenker mit Flex-Pivot. Der untere Umlenkhebel ist durch eine formschlüssige, CNC-gefräste Struktur fix mit den Kettenstreben verbunden. Der in Tschechien von Hand gefertigte Rahmen soll 3,1 Kilo wiegen und 2500 Euro kosten.