Arc8 Extra 2.0Leichtes Enduro mit außergwöhnlicher Hinterbau-Konstruktion

Max Fuchs

 · 02.02.2024

Arc8 Extra 2.0 Coil / 14,7 kg / 170/165 mm / 29/27,5" / 7499 Euro / Carbon
Foto: Max Fuchs
Laufruhe und Wendigkeit, geringes Gewicht und viel Federweg oder hohe Qualitätsstandards zum bezahlbaren Preis. Die Schweizer Marke Arc8 hat es sich 2019 mit ihrem ersten Enduro Extra zur Aufgabe gemacht, diese gegensätzlichen Eigenschaften beim Mountainbike in Einklang zu bringen. Beim neuen Modell Arc8 Extra 2.0 rücken die Nehmerqualitäten bergab noch weiter in den Vordergrund. Um zu prüfen, ob der jüngste Spross aus Basel hält, was er verspricht, haben wir das 7499 Euro teure Topmodell durch den BIKE-Test gejagt.

Vorab: Beim Acr8 Extra 2.0 handelt es sich nicht um eine Weiterentwicklung des Premiere-Modells. Der Nachfolger baut auf einer komplett neu entwickelte Rahmenplattform auf. Herzstück ist die Arc8-typische Hinterbaukonstruktion, die wir bereits von den Geschwistern Essential und Evolve kennen. Die Dämpferanlenkung übernimmt deshalb nicht länger eine herkömmliche Umlenkwippe: Zwei filigrane Führungszylinder übertragen die Kräfte vom Hinterbau linear auf den Dämpfer.

Die Slider-Technologie spart Gewicht, ermöglicht ein extrem lineares Ansprechverhalten und isoliert den Dämpfer von Seitenkräften.Foto: Max FuchsDie Slider-Technologie spart Gewicht, ermöglicht ein extrem lineares Ansprechverhalten und isoliert den Dämpfer von Seitenkräften.

Arc 8 Extra - der Name ist Programm

Hinsichtlich Steifigkeit und Gewicht verbindet die sogenannte Slider-Konstruktion die positiven Eigenschaften eines kurzen mit den kinematischen Vorteilen eines sehr langen Umlenkhebels: Je länger der Umlenkhebel, desto linearer verläuft die Federkennlinie. Dadurch nimmt die Progression über den Federweg gleichmäßiger zu, was in der Theorie ein sehr berechenbares Ansprechverhalten ermöglicht. Zudem setzt Arc8 bei der Hinterbaukonstruktion – bis auf den Hauptdrehpunkt – auf flexende Sitzstreben anstelle zusätzlicher Lagerungen. Das reduziert die Wartungsintervalle und drückt das Gewicht. Apropos Gewicht: Das Carbon-Chassis wiegt ohne Dämpfer und in Größe M gerade einmal 2025 Gramm. Ein Spitzenwert, mit dem das Extra 2.0 auch die meisten Trailbikes in den Schatten stellt. Extra ist auch die Geometrie. Der Lenkwinkel fällt mit 62,5 Grad extrem flach aus. Der 462er-Reach orientiert sich in Größe M ebenfalls a langen Ende des Größenspektrums. Dazu noch ein niedriges Tretlager und die Geometrie des neuen Extras schürt Hoffnungen auf enorme Laufruhe. Kurz fallen dagegen die Kettenstreben aus. Damit soll dem langen und flachen Bike dennoch Agilität erhalten bleiben.

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Geometrie des Arc8 Extra 2.0
Foto: BIKE Magazin

Das Arc8 Extra 2.0 im Praxistest

Schon beim ersten Tritt in die Pedale beeindruckt der ausgeprägte Vorwärtsdrang des Extra. Dank des geringen Gewichts bringt man das Bike leicht auf Tempo. Zudem fällt der Sitzwinkel sehr steil aus. Er platziert den Fahrer weit vorne im Bike. So fällt es leicht, beim Klettern genügend Last über der Front zu verteilen. Mit dem Ergebnis, dass man mit dem Arc8 auch technische Steilstücke souverän erklettert. Der Hinterbau spricht dabei super feinfühlig an und generiert top Traktion. Auch gut: Die Kettenstreben wachsen mit der Rahmengröße. So kommen Biker jeder Körpergröße in den Genuss einer perfekt ausbalancierten Geometrie. Einen fetten Minuspunkt kassieren die Schweizer aber in Hinblick auf die Effizienz: Im Wiegetritt geht das Fahrwerk mit jeder Pedalumdrehung in die Knie. Das alleine wäre für ein derart hubstarkes Enduro noch kein Beinbruch. Dass die Schweizer dem Extra jedoch den Fox-DHX2-Dämpfer ohne Plattform-Hebel einpflanzen, dämpft die sonst gelungenen Klettereigenschaften. So lässt sich das Fahrwerk im Anstieg kaum ruhig stellen.

Bild 1
Foto: Arc8 Bicycles
Einen ersten Fahreindruck konnte sich BIKE-Testredakteur Max Fuchs bei der Neuheiten-Präsentation in der Schweiz verschaffen. Die ausführlichen Praxistests absolvierte das neue Extra dann auf den rauen Gardasee-Trails.

Lob gibt’s wiederum für die Fahrposition bergab. Die Kombination aus tiefem Tretlager, hoher Front und langem Reach integriert den Fahrer sicher und aufrecht hinter der Steuerzentrale. Perfekt für steiles Gelände! In Highspeed-Passagen hält der extrem flache Lenkwinkel (62,5 Grad), gepaart mit dem für Größe M üppigen Reach, das Bike souverän in der Spur. Schnelle Kurvenwechsel, Manuals und andere Spielereien gehen dank der 434 Millimeter kurzen Kettenstreben und des kleinen Hinterrads noch gut von der Hand. Die Reifenkombi aus Maxxis Assegai mit klebriger MaxxGrip-Gummimischung am Vorderrad und einem Maxxis Minion mit robuster DD-Karkasse bringt exzellenten Grip und viel Pannensicherheit. So weit, so gut. Was die Nehmerqualitäten des Fahrwerks anbelangt, hätten wir uns bergab allerdings mehr erhofft. Bei langsamer Fahrt, einzelnen dicken Brocken oder harten Landungen gibt des Heck großzügig Federweg frei. Das passt. Sobald die Schläge aber schneller auf das Fahrwerk einprasseln, reicht das Heck diese großzügig an den Fahrer weiter und verliert teilweise sogar die Traktion. Selbst bei offener Druckstufen-Dämpfung und 35 Prozent SAG erzeugte das Fahrwerk während unserer Tests kein sattes Fahrgefühl.

Ausstattung und Messwerte des Arc8 Extra 2.0

  • Gabel: Fox 38 Float Factory Dämpfer Fox DHX2 Factory
  • Schaltung: Shimano XT 1x12
  • Übersetzung / Bandbreite: 30; 10-51 / 510%
  • Bremsen: Shimano XT BR-M 8120 / 220/203 mm
  • Telestütze/Hub: Fox Transfer Factory / 200 mm
  • Laufräder: DT Swiss EX 1700 Reifen Maxxis Assegai/Minion DHR II, 3C Maxxgrip Exo+/Maxxterra DD, 29 x 2,50/27,5 x 2,40
  • Gesamtgewicht: 14,74 kg (ohne Pedale)
  • Gewicht Laufräder: 5554 kg
  • Beschleunigung Laufräder: 4337 kg x cm²

Fazit zum Arc8 Extra 2.0

Peter Nilges BIKE-TestchefFoto: Georg GrieshaberPeter Nilges BIKE-Testchef
Das Arc8 Extra 2.0 tritt in die Fußstapfen seines Vorgängers und vereint viel Federweg mit sensationell geringem Gewicht. Die Geometrie trifft ins Schwarze. Beim Hinterbau besteht aber noch Luft nach oben. – Peter Nilges, BIKE-Testleiter

Drei Fragen an Jonas Müller, Gründer und Ingenieur von Arc8

Jonas Müller, Ingenieur und Gründer von Arc8.Foto: Arc8 BicyclesJonas Müller, Ingenieur und Gründer von Arc8.

BIKE: Arc8 fiel in der Vergangenheit besonders durch Spitzenwerte beim Gesamtgewicht auf. Spielte der Leichtbau beim Extra 2.0 eine ebenso große Rolle?

Jonas Müller: Tatsächlich hat das Gewicht in der Entwicklung keine Rolle gespielt. Im Fokus standen die Performance und die Haltbarkeit. Erst als wir den ersten Prototypen in der Hand hielten, haben wir gemerkt, dass wir wieder einen außerordentlich leichten Rahmen gebaut haben. Trotz dicker Reifen, Stahlfederdämpfer und großer Bremsscheiben bleibt selbst bei der Coil-Version das Gewicht in einem vernünftigen Rahmen. Aber es gibt das Extra auch in einer noch leichteren Variante mit Luft-Dämpfer.

Ihr setzt nun auch beim Fahrwerk des Extra auf eure Slider-Technologie. Welche Vorteile bringt diese Hinterbau-Konstruktion an einem Enduro?

Gerade am Enduro bringt der Slider eigentlich noch größere Vorteile als bei weniger Federweg. Meiner Meinung nach fällt die ideale Übersetzungskurve eines Hinterbaus möglichst geradlinig aus. Sprich: Die Progression entwickelt sich gleichmäßig über den gesamten Federweg. Um dieses Ideal zu erreichen, braucht man einen sehr großen Umlenkhebel, der Herausforderungen in Sachen Konstruktion, Steifigkeit und Gewicht mit sich bringt. Mit dem Slider simulieren wir einen sehr langen Umlenkhebel mit einem kompakten Bauteil und vermeiden damit die genannten Nachteile. Außerdem hält der Slider sämtliche Seitenkräfte vom Dämpfer fern.

Was war bei der Entwicklung die größte Herausforderung?

Das kommt vielleicht etwas überraschend, aber in dem Staufach im Unterrohr stecken wohl mehr Entwicklungsstunden als im Rest des Rahmens. Vereinfacht gesagt: Bei einem Rahmen wissen wir, was wir tun. Bei der Storage Box mussten wir uns das Wissen erst erarbeiten: Was soll transportiert werden? Wie sieht ein guter Schließmechanismus aus? Wie sorgt man dafür, dass der Deckel immer sauber sitzt? Wie konstruiert man den Rahmen, um die Steifigkeit und das Gewicht möglichst nicht zu beeinträchtigen? Und das sind nur ein paar der Fragen, die sich uns dabei stellten.

Modelle und Preise das Arc8 Extra 2.0

Neben zwei kompromisslosen Enduro-Aufbauten mit Stahlfeder-Dämpfer gibt es auch zwei Modelle mit Luftfeder-Dämpfer. Sie setzen anstelle die dicken 38er-Fox-Gabeln mit 170 Millimetern Federweg auf eine 160er-Gabel mit 36er-Standrohren. Mit diesem leichteren Setup richten sich die Schweizer auch an All-Mountain-Piloten und bedienen so mit einer Rahmenplattform gleich zwei Zielgruppen. Alle Modell sind zudem auch als Rahmenset (mit Dämpfer) erhältlich. Den nackten Rahmen bietet Arc8 ebenfalls zum Verkauf an. Kostenpunkt: 3399 Euro

Extra Coil XT Fox 38 Factory /  7499 Euro
Foto: Arc8 Bicycles

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