Dimitri Lehner
· 02.05.2024
Das erste YT Tues (das Wortspiel “Tu es!” verstanden nicht alle) kostete 1999 Euro und versetzte die Konkurrenz 2010 mit diesem Dumping-Preis in Aufregung. Auf unserer damaligen Teststrecke, dem Grusel-Downhill in Bozen (4er-Trail in Kohlern), blieb das Tues besonders cool und sahnte prompt den Testsieg und die Höchstpunktzahl 10 ab. Ein Bilderbuch-Debüt!
2012 wurde das Tues als Modell 2.0 zum richtigen Downhiller aufgebohrt mit neuer Kinematik, respektablen Gewicht (16,8 kg) und immer noch zu einem Hammerpreis (2499 Euro). Wieder gab’s im Test den Topscore 10. Teamrider Andreu Lacondeguy fuhr damit im selben Jahr auf Platz 4 bei der Red Bull Rampage, zwei Jahre später gewann der Spanier mit dem Tues den Superwettkampf in Utah.
Halt, es wird noch besser! Okay, Freeride, check. Nun wollten die Forchheimer aber beweisen, dass ihre Karre auch Worldcups gewinnen kann. Dazu fertigten sie ein Tues in Carbon und verpflichteten Super-Racer Aaron Gwin. Aus Marketingsicht war das ein gefährliches Spiel. Warum? Nun, der Schuss konnte genauso gut nach hinten losgehen. Denn Gwin kam von Specialized und lag auf Platz 1. Würde er mit dem neuen Bike nur ein bisschen weiter hinten landen, läge die Schlussfolgerung auf der Hand: Das Bike kann nix (später passiert mit Intense). Doch Gwin lieferte, und das Tues auch. Erster Worldcup: Sieg! Am Jahresende lag er auf Platz 1 overall. Die Forchheimer jubelten ob dieses Geniestreichs und zeigten damit: Sie können Freeride, sie können Race. Mehr kann man als Gravity-Brand nicht erreichen.
Zeitsprung: 2024. Wieder hatten die Forchheimer ihr Tues in der Mangel und präsentieren jetzt das Mark 4, sprich die vierte Entwicklungsstufe des Erfolgs-Bigbikes. Und wie immer, wenn man etwas Gutes noch besser machen will, besteht die Gefahr der sogenannten Verschlimmbesserung. Und? Negativ. Die Forchheimer gingen bei ihrem Klassiker ähnlich vorsichtig ans Werk im Refitting und Finetuning wie Santa Cruz mit dem V10.
Das Carbon-Bigbike Tues wird es in zwei Modellen geben: Die Topvariante Core 4 (Foto) mit Fox-Factory-Fahrwerk für 5999 Euro und das Core 2 mit Rockshox-Federung für 3999 Euro. Bei beiden Modellen und allen Größen gibt es die Option auf All-29-Bereifung oder MX mit kleinem Hinterrad. Auch die Geo lässt sich variieren: Lenkwinkel (63,2/63,5 °), Tretlagerhöhe (+/-5 mm), Kettenstreben (440/445 mm). Gewicht: ab 15,9 Kilo.
Wir fuhren das Core 4 in Größe L (passte sehr gut, 470 mm Reach, Testergröße: 1,78 m) und All-29-Bereifung. Tues-typisch: draufsetzen und wohlfühlen – da bleibt sich das Bike treu. Super: das Handling. Das Tues liebt Manuals, besonders mit kurzem Heck. Ein Schnalzen mit den Handgelenken, schon surft man auf dem Hinterrad ins Tal.
Das Tues-Fahrwerk wirkte während der ersten Fahrten sehr souverän – selbst bei dem stumpfen 3-Meter-Drop auf der Teststrecke, den niemand machen wollte – zu Recht! Sprich: Potente Federung und doch versumpft das 2024er-Tues nicht im Federweg, sondern bietet genügend Gegendruck, dass es wie ein Enduro-Bike durch Sprünge hüpfte und durch Kurven wedelte. Ebenfalls YT-typisch: die Ausstattung. Da passt wirklich alles bis ins kleinste Detail.
Nun, viel Lobhudelei! Aber Einzeltests sind immer nur bedingt aussagekräftig, deswegen stecken wir das Tues demnächst in einen großen Vergleichstest. Stay tuned!
Das neue Tues zählt zu den besten Bigbikes auf dem Markt, so viel ist selbst nach einem Einzeltest gewiss. Super: der breite Einsatzbereich. Das Bike ist schnell, potent und doch sehr freeridig. Top! - Dimitri Lehner, FREERIDE Magazin