Jan Timmermann
· 14.09.2024
Hey, das Specialized Status gibt’s doch schon lange! Richtig - allerdings ist die Variante Status 170 2 komplett neu für 2025 und deshalb ein spannender Test-Kandidat im Duell der preisgünstigen Freeride-Bikes. Das Specialized tritt an gegen ein Propain Spindrift und muss beweisen, ob die Marke mit dem großen S auch gut und günstig kann. Als Specialized das Status einführte, geschah das mit ganz schön viel Geheimniskrämerei: Kein Eintrag auf der Homepage, nur ein paar Freeride-Pros, die sich damit auf Social-Media von Northshore-Drops stürzten und Treppen-Gaps sendeten. Der durchgestrichene Status-Schriftzug sollte das Etablissement verhöhnen. Auch dem Nachfolger mit nun zehn Millimetern mehr Federweg ist eine Prise Punkrock geblieben.
Das Verhältnis aus Knautschzone zu Preis des Status 170 2 ist eigentlich so gar nicht Specialized. Dabei ist unsere Test-Version im Vergleich zur Ausstattungsvariante mit einer auf 180 Millimeter gedrosselten Doppelbrückengabel noch der zahmere Ableger. Da wird deutlich, dass das Status ein indirekter Erbe des legendären Specialized Big Hit ist. Günstiger als an unserem Testbike wird's in der Gegenwart allerdings nicht. Die einzige Alternative kostet 500 Euro mehr. Dafür, dass man laut Specialized auf unnötigen Firlefanz verzichtet hat, sind einige sinnvolle Features des M5-Alu-Rahmens geblieben. Mittels eines Flip-Chips ließe sich der Lenkwinkel um ein halbes Grad steiler stellen, die Bremsleitung kann optional außen verlegt werden. Im Gegensatz zum Testkandidaten von Propain schont eine Kettenführung mit Auffahrschutz die Hardware.
Ein extrem kurzes Sitzrohr mit langer Vario-Stütze ist am neuen Specialized Status 170 2 der Schlüssel zu viel Bewegungsfreiheit. Tricksereien steht Nichts im Wege. Höchstens ein Mangel an Popp im Hinterbau, denn an der Absprungkante neigt dieser leicht zum Versumpfen. Dafür ist das Bike mit dem rebellischen Namen ein echter Kurven-Killer und eine wahre Manual-Maschine.
Die Geometrie des Specialized Status 170 2 ist eine Nummer für sich: Vor allem im Verhältnis zum ausladenden Reach bauen die steifen Kettenstreben ausgesprochen kurz. Zudem entschärft ein Stummel-Vorbau den langen Hauptrahmen. So bleibt dem Status auch bei niedrigen Geschwindigkeiten eine gefällige Handhabung erhalten. Verspielt aber nicht nervös erntete das Handling Lob von allen Testern. Auch schön: Im Gegensatz zu Propain bietet Specialized Erstbesitzern eine lebenslange Garantie auf den Rahmen. Mit 136 Kilo maximalem Systemgewicht ist das Status auch für nochmals schwerere Fahrer zugelassen, als das Spindrift mit maximal 120 erlaubten Kilo.
Prescht das Specialized Status mit Mach-Drei in ein Steinfeld, haftet der Hinterbau zuverlässig am Untergrund, nutzt den ganzen zur Verfügung stehenden Hub und schluckt auch große Brocken weg. Im Vergleich mit dem sportlicheren Propain Spindrift fällt die Prorität eher in Richtung Komfort aus und der Pilot hängt weiter im Federweg. So satt, wie das Bike durchs Gelände flubbert, besitzt es eine hohe passive Sicherheit und kommt damit weniger aktiven Fahrern zu Gute.
Die funktionale Komponentenwahl am Freeride-Bike von Specialized trifft den Nagel auf den Kopf. Absolutes Highlight sind die extrem kräftigen TRP-Bremsen. Auch dem Status gesteht man den ein oder anderen Uphill zu. Die Sitzposition ist weniger kompakt und damit angenehmer, als beim Konkurrenten. Wer auf das propere Gewicht pfeift, kann das Status auch zum gemächlichen Enduro-Einsatz verpflichten. Zwar bewegt sich der Dämpfer beim Pedalieren stark mit, lässt sich aber mithilfe des Plattformhebels effektiv beruhigen.
Das Gewicht des Komplettbikes ohne Pedale ermitteln wir im BIKE-Testlabor. Das Laufradgewicht versteht sich pro Satz mit Reifen, Kassette und Bremsscheiben. Bei der Laufradträgheit gilt: Je niedriger der Messwert, desto leichter zu beschleunigen.
Das BIKE-Urteil setzt sich aus Praxiseindrücken der Testfahrer, Labormesswerten und Reichweitentests zusammen. Die Gewichtung (prozentual, in Klammern) variiert je Einsatzgebiet.
Note Fahrverhalten (65%): 2,67
Note Labor (10%): 3,50
Note Ausstattung (25%): 2,84
GESAMTNOTE: 2,79
Uphill, Spieltrieb, Downhill bezieht sich auf das Fahrverhalten: Je größer der Ausschlag, desto besser die Eignung. Ausstattung: setzt sich aus unterschiedlichen Punkten wie Qualität/Verarbeitung, Usability, Flaschenhaltervolumen, Sattelversenkbarkeit zusammen.
² Das BIKE-Urteil setzt sich aus Praxiseindrücken der Testfahrer und Labormesswerten zusammen. Das Urteil ist preisunabhängig. Notenspektrum: 0,5–5,5, analog zum Schulnotensystem.
In der Geometrietabelle des Status schlummert ein großes Freeride-Potential. Beim verspielten aber trotzdem souveränen Handling bleibt kaum Platz nach oben. Leider will das knautschige Fahrwerk nicht recht dazu passen und wird Shreddern mit aktiver Fahrweise zu wenig gerecht. Dank hoher Sicherheitsreserven werden auch Downhill-Novizen und Gelegenheits-Enduristen mit dem fair bepreisten Specialized glücklich. - Jan Timmermann, BIKE-Testredakteur