Laurin Lehner
· 23.09.2025
Zugegeben: Der Einsatzbereich von Big Bikes ist sehr spitz – genauer gesagt extrem spitz. Ohne Lift geht hier fast nichts, denn bei längeren Uphills würden selbst die Superbeine eines Van der Poel kapitulieren. Und trotzdem: Diese Bike-Gattung hat ihre absolute Berechtigung. Keine andere Klasse ist so schnell, so kompromisslos im Downhill – und dabei so faszinierend wie diese Boliden mit sattem Federweg. Für unseren Test haben wir das Single-Crown-Bike von Propain in der Park-Version mit Doppelbrücke unter die Lupe genommen.
Seit 2015 hat Propain den Freerider Spindrift als Serienbike im Programm. Inzwischen ist schon die fünfte Generation am Start, im letzten Jahr frisch überarbeitet und bereits mit einem Testsieger-Orden (hier im Freerider-Test 2024) ausgezeichnet.
Bisher kannten wir das Spindrift nur als Singlecrown-Freerider, wollten es für diesen Test aber als Big Bike ausprobieren. Schließlich hatten wir den eigentlichen Downhiller Propain Rage schon oft genug im Test. Dank Online-Konfigurator kann man sich nach Belieben austoben und Lieblingsparts kombinieren – oder eines der vorkonfigurierten Bikes wählen. Los geht’s ab 3199 Euro.
Die Doppelbrücken-Version des Propain Spindrift gibt es – anders als die Singlecrown-Varianten – nur als Alu-Modell im Mullet-Aufbau. Für den Park-Einsatz eine schlüssige Kombination, wie wir finden. Im Vergleich zur Konkurrenz gelingt es den Allgäuern, ihrem Bike trotz des moderaten Preises sehr edle Anbauteile zu verpassen. Bestes Beispiel: das teure Rockshox-Ultimate-Fahrwerk. Ein Blick in die Geometrietabelle zeigt: Das Spindrift ist deutlich mehr auf Park als auf Race getrimmt. Es hat die höchste Front im Vergleich, fällt kürzer aus als YT und Canyon, besitzt die kürzesten Kettenstreben und einen tendenziell steilen Lenkwinkel. Genug Theorie, ab auf den Trail!
Schon auf den ersten Metern unserer Teststrecke fühlt sich das Spindrift pudelwohl. Über die Table-Sprünge des Tracks „Flying Gangster“ fliegt das Propain mühelos und erzeugt dabei den meisten Popp – da waren sich alle Tester einig. Die hohe Front und die gemäßigte Geometrie befeuern den Spieltrieb: Kurven ballern, Manuals ziehen oder Wellen doubeln – das Spindrift will spielen und positioniert den Fahrer zentral im Bike. Lenkimpulse setzt es willig um.
Mit der für unser Körpergewicht etwas straffen 450er Feder wirkte das Bike besonders stimmig – passend zum Park-Charakter. Auf der Worldcup-Strecke fällt die hohe Front mit der feinfühligen, potenten Boxxer Ultimate positiv auf. In Sachen Geometrie fühlten wir uns bei der Konkurrenz – YT Tues und Canyon Sender – allerdings sicherer: länger, flacher, insgesamt harmonischer.
Die hubstarke Front des Spindrift schluckt etwas mehr weg als das mit nur 180 Millimetern Federweg ausgestattete Heck. Die Boxxer agiert mit der Präzision eines Handchirurgen, während das Heck eher grob zu Werke geht und bei schnellen, harten Schlägen Traktion verliert und Stöße an den Piloten weiterreicht.
Kurzum: Für alle Bikepark-Freerider ist das Spindrift Park eine erstklassige Wahl zum fairen Preis. Auch zornige Downhill-Strecken lassen sich damit bezwingen – wenn auch nicht mit dem Komfort eines Canyon Sender oder Propain Rage. Dennoch: Sieg nach Punkten für das Spindrift. Glückwunsch!
Park drauf, Park drin: Die Doppelbrücken-Variante des Freeriders Propain Spindrift hat uns überzeugt – handlich, agil und verspielt. Genau die Eigenschaften, die das Ballern im Bikepark noch spaßiger machen. Selbst auf der Worldcup-Strecke schlug sich das Bike solide, musste den Konkurrenten von Canyon und YT jedoch den Vortritt lassen. Dort hätte der hauseigene Vollblut-Downhiller Propain Rage sicher besser mitgemischt. Kurzum: Für Park-Rats ist das Spindrift AL Park die richtige Wahl. Wer hingegen auf Racing setzt, greift besser zum Propain Rage oder zu Klassikern wie YT Tues und Canyon Sender.
Laurin Lehner, BIKE-Testredakteur