Die Bikes der ProfisDas Orbea Wild von Flo Espiñeira

Josh Welz

, Max Schumann

 · 10.02.2024

Schnelles Duo: Flo Espiñeira wurde auf ihrem Race-Enduro Orbea Wild Gesamtsiegerin in der EDR-E, der neu geschaffenen E-Enduro-Serie im UCI-Worldcup.
Foto: Max Schumann / Mediengruppe Klambt
Flo Espiñeira ist zweifelsohne die Überraschung der letzten zwei Jahre im E-Enduro-Racing. Die 31-jährige Chilenin schaffte über eine Casting-Show des Online-Portals Pinkbike den Schritt in den Profi-Bikesport. Gleich in ihrer ersten Saison 2022 holte sie sich den Gesamttitel in der EWS-E, 2023 wiederholte sie ihren Erfolg in der EDR-E. Flo fährt ein Orbea Wild mit Bosch CX Race-Antrieb. Wir haben uns das schnelle Duo genauer angeschaut.

Die Geschichte von Flo Espiñeira klingt wie ein Märchen. Die 31-jährige Chilenin, die sich selbst als nicht-binäre Athletin bezeichnet, erlebte während der weltweiten COVID-Sperre im Jahr 2020 eine grundlegende Veränderung in ihrem Leben. Bisher hatte sie sich auf den Enduro-Rennsport in Chile konzentriert, musste jedoch feststellen, dass es zu dieser Zeit keine Möglichkeit gab, als professionelle Bikerin Fuß zu fassen. Daher entschied sie sich im Jahr 2021 dazu, ihre Heimat in der Nähe von Santiago zu verlassen und ins Mountainbike-Paradies Whistler zu ziehen. Ursprünglich plante sie dort eine Ausbildung zum Mountainbike-Guide zu absolvieren. Doch das Schicksal hatte andere Pläne für Flo Espiñeira.

Wer ist Flo Espiñeira?

  • Nationalität: Chile
  • Alter: 31
  • Team: Orbea Fox Enduro Team
  • EDR-E Gesamtweltcup-Sieg 2023, EWS-E Gesamtsieg 2022
Die 31-jährige Chilenin ist erst seit 2022 Bike-Profi. Gleich in ihrem ersten Jahr gewann sie die EWS-E, und das als Neu-Einsteigerin auf dem E-Mountainbike. 2023 gewann sie im Premieren-Jahr der Worldcup-Disziplin EDR-E die Gesamtwertung.Foto: Max Schumann / Mediengruppe KlambtDie 31-jährige Chilenin ist erst seit 2022 Bike-Profi. Gleich in ihrem ersten Jahr gewann sie die EWS-E, und das als Neu-Einsteigerin auf dem E-Mountainbike. 2023 gewann sie im Premieren-Jahr der Worldcup-Disziplin EDR-E die Gesamtwertung.

In Whistler angekommen, bewarb sich Flo für die zweite Staffel der Pinkbike Academy. Im Stile einer Reality-TV-Serie kämpften dort fünf Männer und fünf Frauen um einen Profivertrag und 30.000 Dollar in bar. Flo wurde für die Pinkbike Academy ausgewählt und schließlich im Sommer 2021 zur Gewinnerin gekrönt. Eine zweite Chance auf eine Profi-Karriere? Doch Sponsor Orbea wollte davon erstmal nichts wissen. Sie machten der Chilenin klar, dass sie ihr das Geld auszahlen und sie mit Bikes unterstützen würden, sie aber nicht automatisch Teil des Orbea Rennteams wäre. „Okay, das war erstmal eine ganz neue Information für mich“, sagt sie heute rückblickend. Aber damit ist die wundersame Geschichte nicht zu Ende.

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Bald darauf reiste Espiñeira zum Orbea-Hauptsitz ins Baskenland, um sich beim Sponsor vorzustellen. Und dort kam man wieder auf den Rennsport zu sprechen. Orbea hatte nämlich noch einen Platz im Werksteam frei, allerdings nur für die Disziplin E-Enduro. Pikantes Detail: Espiñeira hatte zu diesem Zeitpunkt noch nie auf einem E-Mountainbike gesessen.

Flo Espiñeiras Renn-Karriere

Der Rest der Geschichte ist jenen bekannt, die das E-Racing die letzten zwei Jahre verfolgten: In ihrer ersten Saison in der EWS-E startete sie im ersten Rennen noch mit einem vierten Rang, dann folgten schon drei zweite Plätze und schließlich ein Sieg beim Saisonfinale in Finale Ligure. Mit 2285 Punkten gewann sie am Ende den Gesamttitel mit 500 Punkten Vorsprung vor der Zweitplatzierten Sofia Wiedenroth. 2023 wurde das E-Enduro-Racing zur Worldcup-Disziplin geadelt und die EWS-E in EDR-E umbenannt. Und Flo Espiñeira konnte ihre Leistung aus 2022 bestätigen. In fünf Rennen fuhr sie fünfmal aufs Podium und holte sich drei Siege. Am Ende wurde sie zur Gesamtsiegerin der neuen Worldcup-Disziplin EDR-E gekürt. Selbstredend, dass sie 2024 als klare Favoritin in ihr drittes Profijahr geht. Fragt man die Chilenin nach ihren Stärken, verweist sie gerne auf ihre Lebensgeschichte: Rennen sei sie die meiste Zeit ohne Sponsoren gefahren – das mache sie freier als andere Fahrer und Fahrerinnen. „Ich denke, viele Fahrer setzen sich sehr unter Druck. Ich habe das Gefühl, dass sie Angst haben, das zu verlieren, was sie erreicht haben. Für mich gibt es diese Angst nicht.“

In allen fünf Rennen der EDR-E-Serie fuhr Flo Espiñeira aufs Podium, dreimal auf Rang 1.Foto: Max Schumann / Mediengruppe KlambtIn allen fünf Rennen der EDR-E-Serie fuhr Flo Espiñeira aufs Podium, dreimal auf Rang 1.

Flo Espiñeiras Bike: das Orbea Wild

Flo Espiñeiras Orbea Wild ist ein rassiges Race-Enduro, konsequent auf Geschwindigkeit bergab getrimmt. Bergauf feuert der Bosch CX Race und hilft mit seiner Extended-Boost-Funktion über schwierige Schlüsselstellen. Das Wild ist eines von wenigen Bikes im Feld der Worldcup-E-Enduros, die einen voll-integrierten Akku nutzen. Wahlweise könnte Flo den 625er oder 750er Bosch-Akku fahren, setzt im Rennen aber gewichtsbedingt auf die kleinere Batterie. Um den Akku zu wechseln, muss der Motor ausgebaut werden. Flos Mechaniker schafft den Akkuwechsel beim Pitstop mittlerweile wie im Zeitraffer.

  • Federweg: 170/160 mm
  • Gewicht: 24,5 Kilo race-ready
  • Motor: Bosch Performance Line CX Race
  • Akku: Bosch Powertube 625 Wh
Gegenüber dem 20,9 Kilo leichten Serienbike ist Flo Espiñeiras Orbea Wild mit 24,5 Kilo deutlich schwerer. Das Bike ist voll auf Abfahrts-Performance und Pannensicherheit getrimmt - mit Downhill-Reifen plus Inserts.Foto: Max Schumann / Mediengruppe KlambtGegenüber dem 20,9 Kilo leichten Serienbike ist Flo Espiñeiras Orbea Wild mit 24,5 Kilo deutlich schwerer. Das Bike ist voll auf Abfahrts-Performance und Pannensicherheit getrimmt - mit Downhill-Reifen plus Inserts.

Die Details

Auch Flo setzt wie die meisten E-Enduro-Racer auf Pannensicherheit bergab mit Downhill-Reifen und zusätzlichen Inserts: Vorne wie hinten rollt der Assegai von Maxxis. Kein Wunder dass Ihr Vollcarbon-Renngerät mit 24,5 Kilo deutlich schwerer ist als das 20,9 Kilo leichte Serien-Wild. Flo ist nicht sehr groß und mag es, dass das kompakte Hinterbaudreieck ihres Orbea-Enduros mir 448 Millimeter kurzen Kettenstreben für Wendigkeit an Engstellen sorgt. Mit gerade mal 60 Kilo Körpergewicht ist die Chilenin zudem recht leicht und dadurch für maximale Traktion auf ein feines Ansprechverhalten der Federelemente angewiesen. Hinten fährt sie deswegen einen 160 Millimeter Fox-Dämpfer mit Stahlfeder mit einer leichten Federhärte von 300lb/in. Vorne setzt sie auf eine 38er Fox Factory mit 170 mm Federweg. Und sonst? XTR-Bremsen mit 200er Galfer-Scheiben, 165 Millimeter kurze Race Face Eras-Kurbeln und dazu natürlich Click-Pedale – wird sich Flo Espiñeiras mit diesem Setup auch 2024 den Titel in der EDR-E holen?

Boschs CX Race ist speziell für den Renneisatz getrimmt. Das limitierte Aggregat ist nicht nur etwas leichter, er hat zudem den besonderen Race-Modus implementiert. Dieser setzt den Schub besonders direkt und aggressiv frei und hat obendrein einen besonders langen Nachlauf.
Foto: Max Schumann / Mediengruppe Klambt

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