Wie ein Espresso-Shot auf nüchternen Magen: energiegeladen, schnell und direkt. So fühlt sich meine erste Kurbelumdrehung auf dem neuen Scarp Exonic an. Kein langes Warmfahren, kein sanftes Angasen – das KTM macht mir direkt Feuer unterm Hintern. Was da unter mir explodiert, ist kein gewöhnliches 08/15-Fully, sondern die dritte Evolutionsstufe von KTMs Cross-Country-Speerspitze. Das Herzstück ist die neue EVO-3-Rahmenplattform. Sie ist das Ergebnis jahrelanger Entwicklungsarbeit, unzähliger Rennkilometer und direkten Feedbacks von der XC-Frontlinie. Und diese verläuft nicht etwa durch das Jedermann-Rennen im Nachbardorf, sondern entlang der härtesten Rennstrecken der Welt. Events wie das legendäre Cape Epic in Südafrika oder der Worldcup in Nove Mesto lassen Schwächen gnadenlos auffliegen – und sie haben dazu beigetragen, dass sich das Scarp von einer Ausbaustufe zur nächsten stetig weiterentwickelt hat.
Kategorie | Wert |
Einsatzbereich | Cross-Country / Marathon |
Federweg (v/h) | 110 mm / 105 mm |
Laufradgröße | 29 Zoll |
Gesamtgewicht | 10,52 kg (ohne Pedale) |
Rahmengewicht | 1841 g (Größe M) |
Laufradgewicht | 3712 g (inkl. Reifen, Kassette, Bremsscheiben) |
Laufradträgheit | 2860 kg x cm² |
Rahmenmaterial | Carbon |
Preis (UVP) | 12.999 Euro |
Komponente | Details |
Gabel / Dämpfer | RockShox SID SL / SID Luxe Ultimate Flight Attendant |
Schaltung / Bandbreite | SRAM XX SL Transmission / 520 % |
Bremsen | Trickstuff Piccola C22 / 160 mm (v/h) |
Laufräder | Mavic Crossmax Ultimate |
Reifen | Schwalbe Racing Ray / Ralph Speed Super Race 29 x 2,25 |
Sattelstütze / Hub | RockShox Reverb AXS / 125 mm |
Max. Systemgewicht | 110 kg |
Garantie | 5 Jahre |
Besonderheiten | Lenker-Vorbau-Einheit, RockShox Flight Attendant |
Apropos Antritt: Das ist die Paradedisziplin des neuen KTM Scarp. Verantwortlich für die Sprintstärke ist weniger das Gesamtgewicht als die brillante Laufradbeschleunigung. Mit 2860 kg x cm² zählt der Mavic-Crossmax-Ultimate-Laufradsatz samt höllisch schneller Schwalbe-Reifen zu den besten Systemen, die jemals unseren Prüfstand durchlaufen haben. Das Rockshox Flight Attendant tut sein Übriges und blockiert das Fahrwerk im Sprint automatisch und ermöglicht somit eine optimale Kraftübertragung. Die Sitzposition erinnert – genau wie der knappe Federweg – an die Tugenden klassischer Racefullys. Der 75 Grad steile Sitzwinkel, der üppige Reach und der 65 Millimeter lange Vorbau spannen den Piloten sportlich über das Rahmendreieck. Druck auf dem Vorderrad? En masse! Kontrolle bergauf? Ebenfalls. Nur wer auf langen Touren Komfort sucht, geht leer aus.
Im Gelände können die RockShox-Federelemente ihr volles Potenzial erst dann ausspielen, wenn der Automatik-Modus des Flight-Attendant-Systems nicht mehr dazwischenfunkt und man Plattform oder Lockout manuell ansteuert. Oft reagiert die Technik zu langsam oder zu unsensibel, und es dringen Schläge zum Fahrer durch, die Gabel oder Dämpfer im manuell geöffneten Modus sauber weggefiltert hätten. Übrigens: Auch XC-Worldcupperin Nicole Koller äußert im Bike-Check auf Seite 86 ähnliche Kritik an diesem System.
Auf schnellen Geraden und sanften Abfahrten vermittelt die lange Geometrie viel Sicherheit. Sobald es technisch und steil wird, nimmt das Scarp den Piloten jedoch schnell in die Pflicht, die Kontrolle zu übernehmen. Die tiefe Front, die zahme Bereifung und die knappen Fahrwerksreserven verzeihen kaum Fehler. Von heftigeren Rumpelstrecken mal abgesehen, sprechen die Federelemente aber tadellos an und generieren solide Traktion. Mit 25 Prozent SAG arbeitet der Hinterbau sehr komfortabel. Wegen der schwachen Endprogression ist der ohnehin schon knappe Federweg bei härteren Einschlägen jedoch schnell aufgebraucht. Wir empfehlen daher etwas weniger SAG (15-20 Prozent) oder einen Volumespacer.
✅ Pro | ❌ Contra |
Hervorragender Vortrieb | Exorbitanter Preis (12.999 Euro) |
Geringstes Gewicht im Testfeld | Mäßige Downhill-Performance |
Edle, hochkarätige Ausstattung | – |
Schnell, direkt, fordernd – das KTM Scarp Exonic Evo 3 ist ein Racefully der klassischen Art. Kein Bike für jedermann, aber ein Hochleistungsgerät für alle, die Vortrieb, Effizienz und Gewicht über Trail-Performance stellen. Technische Spielereien wie das elektronisch gesteuerte Fahrwerk, der Sattel aus dem 3D-Drucker und die Trickstuff-Bremsen treiben den Preis jedoch unnötig in die Höhe.