Test BH Lynx SLSSpanischer Schnellzug für Racer mit nur 80 Millimeter Hub

Peter Nilges

 · 19.02.2025

Das BH Lynx SLS 9.0 für 7400 Euro bringt 11,2 Kilo ohne Pedale auf die Waage.
Foto: Max Fuchs
Mit dem Lynx SLS fächert die spanische Marke BH ihre sportive Modellpalette weiter auf. Dank 80 Millimeter Federweg am Heck platziert sich das neue SLS genau zwischen dem Hardtail Ultimate und dem Marathonbike Lynx Race. Was kann das kurzhubige Racefully?

Knapp bemessener Federweg am Hinterbau, schlanke Carbon-Silhouette und selbstredend eine Lenker-Vorbau-Einheit, die sich flach übers Vorderrad duckt. Der neueste Wurf aus dem Hause BH verkörpert Rennsport in Reinform und folgt dem Konzept eines Trek Supercaliber oder auch Specialized Epic Worldcup. Während vorne eine Federgabel mit üppigen 110 Millimeter Federweg werkelt, stehen am Heck nur straffe 80 Millimeter Hub bereit.

Der auf den Rennsport maßgeschneiderte Ansatz ist konsequent und will den Komfort und die Traktion eines Fullys mit dem Vortrieb eines Hardtails verquicken. In der BH-eigenen Modellpalette platziert sich das Lynx SLS daher zwischen dem Race-Hardtail Ultimate und dem mit 100 bis 120 Millimeter federwegsstarken klassischen Marathon-Fully BH Lynx Race. Um dem Lynx SLS einen Hardtail-ähnlichen Vortrieb zu bescheren, wurde der Rahmen strikt auf Diät gesetzt. 1693 Gramm bringt er ohne Dämpfer auf die Waage und befindet sich damit auf Augenhöhe mit dem Trek Supercaliber. Der Rahmen eines Specialized Epic Worldcup fällt dagegen nochmals 116 Gramm leichter aus.

Der im Oberrohr eingebettete Dämpfer wird über eine Mini-Wippe angelenkt und besitzt ein niedriges Übersetzungsverhältnis.Foto: Max FuchsDer im Oberrohr eingebettete Dämpfer wird über eine Mini-Wippe angelenkt und besitzt ein niedriges Übersetzungsverhältnis.

Zusammen mit dem Fox-Float-Dämpfer samt Remote-Anlenkung bleibt die Waage bei 2060 Gramm stehen. Ein ordentlicher Wert, wenn auch im Vergleich zum Hardtail gut und gerne 600 Gramm mehr zu bewegen sind. Angesichts der Tatsache, dass moderne Rennstrecken, egal ob Marathon oder Cross Country, aber immer anspruchsvoller werden, handelt es sich um sehr gut investiertes Mehrgewicht. Scheinbar sieht das auch das Gros der Kundschaft so, weshalb das Lynx SLS bereits die Topmodelle des Hardtails Ultimate ersetzt.

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Ausstattung BH Lynx SLS

  • Gabel / Dämpfer: Fox 34 SC Factory / Float Factory
  • Schaltung / Bandbreite: Sram GX AXS Transmission / 520 %
  • Bremsen: Sram Level Bronze / 180/160 mm
  • Laufräder: BH EA 30 SL
  • Reifen: Pirelli Scorpion XC 29 x 2,4
  • Sattelstütze / Hub: Bike Yoke Divine SL / 125 mm
  • max. Systemgewicht: 145 kg
  • Garantie: lebenslang
  • Besonderheiten: Lenker-Vorbau-Einheit mit optionalem Werkzeug

Aus dem Testlabor

  • Gesamtgewicht: 11,21 kg ohne Pedale
  • Rahmengewicht: 1693 g
  • Gewicht Laufräder: 4243 g
  • Laufradträgheit: 3219 kg x cm²
BH Lynx SLS (2025): Messwerte aus dem TestlaborFoto: BIKE-MagazinBH Lynx SLS (2025): Messwerte aus dem Testlabor

BH Lynx SLS: Kugellager statt flexendes Carbon

Um trotz des knappen Federwegs keine Kompromisse bei Sensibilität und Funktion des Hinterbaus eingehen zu müssen, entschied man sich für eine konventionelle Hinterbaulagerung anstelle flexender Sitzstreben. Das Lynx SLS hält damit an der langen Tradition des Split-Pivots fest, der von BH bereits 2012 zum ersten Mal eingesetzt wurde. Beim Split-Pivot sitzt ein Hinterbaugelenk auf Höhe der Hinterradachse. Die Radachse ist also der Drehpunkt. Die Raderhebungskurve verläuft damit wie bei einem traditionellen Eingelenker. Im Vergleich zu Hinterbausystemen mit Flex-Pivot und Verzicht auf ein zusätzliches Lager verspricht sich BH ein feineres Ansprechen und mehr Schluckvermögen in ruppigen Passagen.

Bei unserem Testbike Lynx SLS 9.0 handelt es sich um das zweitteuerste Modell für 7400 Euro. Die Modellreihe startet bei 6300 Euro und geht hoch bis auf 12 000 Euro. Ein genauer Blick auf die Ausstattung bestätigt: Das 9.0 besitzt bereits alles, was sich Racer wünschen. Vor allem beim Fox-Factory-Fahrwerk mit 34er-Stepcast und Float-Dämpfer geht BH in die Vollen. Auch bei der Schaltung bleibt mit einer Sram GX Transmission funktional nur wenig Luft nach oben. Das einzige Manko sind die recht günstigen Alulaufräder und die wenig kraftvollen Sram Level Zweikolben-Bremsen in der Bronze-Ausführung.

Selbst im Sprintmodus bleibt der Hinterbau ruhig.Foto: Max FuchsSelbst im Sprintmodus bleibt der Hinterbau ruhig.

Ausgewogen bis kompakt

Bei der Geometrie besinnen sich die Spanier auf traditionelle Maße. Mit einem Lenkwinkel von 67 Grad besitzt das BH ein agiles Handling und wieselt mühelos durch enge Kurven. Die extrem kurzen Kettenstreben und der damit verbundene kompakte Radstand verstärken den quirligen Charakter des Lynx SLS. Auch beim Reach fällt das BH mit 459 Millimeter in Größe L eher kurz aus. Das sorgt im Zusammenspiel mit dem 60er-Vorbau für eine ausgewogene bis kompakte Fahrposition. Von einer zu gestreckten Haltung oder übertriebenen Sattelüberhöhung kann also keine Rede sein. Das daraus resultierende unkomplizierte Handling zahlt sich auf langen Stunden im Sattel aus. Mit einem Sitzwinkel von 76,1 Grad lastet genügend Gewicht auf dem Vorderrad. Lediglich an extrem steilen Rampen muss der Fahrer wegen der kurzen Kettenstreben aktiv Druck aufs Vorderrad bringen.

Die Servicefreundlichkeit beim BH Lynx SLS könnte besser sein.Foto: BIKE-MagazinDie Servicefreundlichkeit beim BH Lynx SLS könnte besser sein.

Mehr Komfort als erwartet

Mit 110 Millimeter Federweg fluppert die Fox 34 Stepcast mit gewohnter Sensibilität und Schluckvermögen über die Trails. Und was macht der kurzhubige Hinterbau? Wir waren überrascht, wie gut das Heck zur Gabel passt und mit Feingefühl und Traktion glänzt. Das Fahrwerk ist gut ausbalanciert und gibt erst in wirklich ruppigen Passagen seine Hubdifferenz preis. Auch im Sprintmodus bleibt der Hinterbau, selbst ohne Plattform, angenehm ruhig. Gut so, denn der Remote-Hebel, der Gabel und Dämpfer gleichzeitig sperrt, benötigt so viel Kraft, dass einem fast der Daumen schmerzt und man zweimal überlegt, ob man wirklich ein Lockout braucht. Nicht nur im Testlabor, sondern auch auf dem Trail machen sich die geringe Rahmensteifigkeit und der starke Flex der Lenker-Vorbau-Einheit bemerkbar, auch wenn BH das Bike für ein Systemgewicht von stattlichen 145 Kilogramm freigibt. Gerade bei schweren oder kräftigen Fahrern ist die Verwindung beim Antritt oder bei hoher Kurvenlast deutlich spürbar. Das sorgt zwar einerseits für wenig Ermüdung beim Fahrer, beschneidet aber die Präzision.

Der Dämpfer versteckt sich im Oberrohr.Foto: Max FuchsDer Dämpfer versteckt sich im Oberrohr.Bewertung BH Lynx SLS (2025)Foto: BIKE-MagazinBewertung BH Lynx SLS (2025)

Fazit Peter Nilges, BIKE-Testleiter

Das kurzhubige BH Lynx SLS überrascht mit einem vollwertigen Hinterbau, der Sensibilität und beste Traktion liefert. Auch das Preis-Leistungs-Verhältnis kann sich sehen lassen. Lediglich die geringe Rahmensteifigkeit und der starke Flex der Lenker-Vorbau-Einheit sind für Fahrer über 80 Kilo nicht optimal.

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