Kontrolle, Vertrauen, KonstanzNicole Kollers Ghost Lector im Profi-Bike-Check

Max Fuchs

 · 03.08.2025

Vertrauen, Konstanz und ein Bike, das Sicherheit vermittelt. In diesem Bike-Check zeigt die Schweizerin, wie sie ihr Ghost Lector FS für den Worldcup vorbereitet – und warum mentale Stärke oft technische Raffinessen übertrumpft.
Foto: Thomas Weschta
Cape-Epic-Gewinnerin, Weltcup-Podestfahrerin und Ghost-Werksfahrerin – Nicole Koller ist eine Spitzenathletin im Cross-Country-Bereich. In unserem exklusiven Bike-Check teilt die Schweizerin, was ihr bei ihrem Rennrad besonders wichtig ist – mit klaren Prinzipien, individuellen Vorlieben und viel technischem Feingefühl.

​Nicole Koller gehört zur Weltspitze im Cross-Country, doch ihr Zugang zur Technik ist erstaunlich bodenständig. Kein elektronisches Fahrwerk, keine Tuning-Obsession, keine Gramm-Fuchserei. Stattdessen: Vertrauen, Konstanz und ein Bike, das Sicherheit vermittelt. In diesem Bike-Check zeigt die Schweizerin, wie sie ihr Ghost Lector FS für den Worldcup vorbereitet – und warum mentale Stärke oft technische Raffinessen übertrumpft.


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​Das Bike im Überblick: Ghost Lector FS Worldcup

KomponenteDetails
RahmenGhost Lector FS Worldcup (Größe S, Reach 458 mm)
Gewicht10,2 kg
Federweg120 mm (vorn), 110 mm (hinten)
GabelRockShox SID Ultimate
DämpferRockShox SIDLuxe Ultimate
LaufräderBike Ahead Biturbo RS, 29", Tubeless, mit Inserts
ReifenMaxxis Aspen 2,4" (v), Maxxis Aspen ST 2,4" (h)
Luftdruck1,1 bar vorne, 1,3 bar hinten
SattelLieblingsmodell – ohne Kompromisse
BesonderheitCarbonparts von Bike Ahead, keine elektronische Fahrwerkssteuerung

„Der Spagat“ – über die Anforderungen im XC-Weltcup

120 statt 110 mm: Weil ihr Sicherheit wichtiger ist als jedes Gramm, fährt Nicole die „große“ SID.Foto: Thomas Weschta120 statt 110 mm: Weil ihr Sicherheit wichtiger ist als jedes Gramm, fährt Nicole die „große“ SID.
Für den Cross-Country-Weltcup muss mein Bike ein wahres Multitalent sein: leicht und effizient genug, um mir bergauf und im Sprint Vorteile zu verschaffen – und gleichzeitig stabil und souverän, wenn es im Downhill zur Sache geht. Diese widersprüchlichen Anforderungen in einem einzigen Setup zu vereinen, ist eine echte Gratwanderung. Irgendwo muss man immer einen Kompromiss eingehen. Ich persönlich neige dazu, etwas Vortrieb zu opfern, wenn ich dadurch mehr Downhill-Performance und Fahrsicherheit gewinne. So habe ich mehr Vertrauen in mein Bike – und das wirkt rein mental oft Wunder.

Elektronik? Nein danke: „Selbst ist die Frau“

Elektronisch gesteuerte Fahrwerke sind derzeit das große Ding im XC-Zirkus. Es gibt kaum ein Worldcup-Bike, das nicht mit smarter Fahrwerkstechnik ausgestattet ist. Auch ich habe dem Rockshox Flight Attendant im letzten Jahr eine Chance gegeben – und mich 2025 bewusst dagegen entschieden. Warum? So ausgeklügelt das System auch ist: Es reagiert nur und denkt nicht voraus. Die Dämpfung öffnet sich erst, wenn der Schlag bereits da ist. Klar, das passiert im Millisekundenbereich, trotzdem spürt man auf ruppigen Passagen gelegentlich Schläge, die ein manuell gesteuertes Fahrwerk im offenen Modus geschluckt hätte. Für mein Fahrgefühl ist das ein Kompromiss, den ich nicht eingehen will. Deshalb bin ich in dieser Saison wieder auf ein klassisches zweistufiges Lockout umgestiegen.

Inserts statt Risiko: „Rettungsringe“

Carbon-Kunstwerk: Die Bike-Ahead-Laufräder sind ultraleicht, superstabil – und kosten mit 3599 Euro so viel wie ein Mittelklasse-Bike.Foto: Thomas WeschtaCarbon-Kunstwerk: Die Bike-Ahead-Laufräder sind ultraleicht, superstabil – und kosten mit 3599 Euro so viel wie ein Mittelklasse-Bike.

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Damit ich mir keinen Kopf um Platten machen muss, fahre ich vorne wie hinten Inserts in den Reifen – Mehrgewicht hin oder her. Ich gehöre sowieso zu den schwereren Athletinnen, da kommt es auf ein paar Gramm mehr oder weniger sowieso nicht an. Positiver Nebeneffekt: Ich kann mit meinem Luftdruck maximal tief gehen, ohne einen Defekt zu riskieren.

Schrauberei mit Vertrauen: „Macht der Uwe!“

Bei dem ganzen Tech-Talk muss ich ehrlich sagen: Ich bin kein Fan von endlosem Feintuning. Zu Saisonbeginn erarbeite ich mir ein stimmiges Grundsetup – und das bleibt von Rennen zu Rennen nahezu unverändert. Beim Fahrwerk nutze ich zum Beispiel immer den gleichen Luftdruck. Wenn überhaupt, passt mein Mechaniker mal den Rebound oder die Druckstufe leicht an – basierend auf meinem Feedback. Wobei: Oft weiß Uwe – so heißt mein Mechaniker – ohnehin besser als ich, was gut für mich ist. Zum Glück. Denn je weniger Gedanken ich mir um mein Bike machen muss, desto mehr mentale Kapazität bleibt mir fürs Rennen.

Vertrauen vor Watt: „Kapazitäten schaffen“

Auch meine Reifenwahl wird weniger von Wattzahlen als von mentalen Faktoren geprägt. Auf manchen Strecken wäre der zahnlose Aspen ST am Vorderrad rein rechnerisch sicher die konsequentere Option. Trotzdem greife ich immer wieder zum klassischen Aspen mit mehr Profil. Schon der Anblick des griffigeren Profils gibt mir mehr Selbstvertrauen. Und davon verspreche ich mir mehr Vorteile als von einem minimal schnelleren Reifen.

Meine 3 NO-GOs – von Nicole Koller

Low Pressure, High Performance: Mit 1,1 bar vorne und 1,3 bar hinten fährt Nicole am unteren Limit – dank Inserts ohne Plattensorgen.Foto: Thomas WeschtaLow Pressure, High Performance: Mit 1,1 bar vorne und 1,3 bar hinten fährt Nicole am unteren Limit – dank Inserts ohne Plattensorgen.

1. Zu hoher Reifendruck

Beim Reifendruck reize ich immer das obere Limit aus. Alles darunter ist ein No-Go für mich.

2. Falscher Sattel

Egal, welches Bike: Es muss immer mein Lieblingssattel sein. Sonst habe ich keine gute Zeit.

3. Schiefe Cockpit-Parts

Ungleichmäßig ausgerichtete Lenkerarmaturen – mich stört selbst die kleinste Dysbalance.

Nicole Koller – Die Fahrerin hinter dem Setup

Cape-Epic-Siegerin, Weltcup-Podiumsfahrerin, Ghost-Werksfahrerin – Nicole Koller gehört zur absoluten Weltklasse im Cross-Country-Zirkus.Foto: Thomas WeschtaCape-Epic-Siegerin, Weltcup-Podiumsfahrerin, Ghost-Werksfahrerin – Nicole Koller gehört zur absoluten Weltklasse im Cross-Country-Zirkus.
SteckbriefDaten
NameNicole Koller
Alter28 Jahre
Größe1,71 m
Gewicht62 kg
Größte ErfolgeSieg beim Cape Epic 2024, 2. und 3. Platz XCC-Weltcup 2025

Fazit: Kontrolle, Vertrauen, Konstanz

Nicole Koller vertraut im Rennen auf technische Funktionalität und mentale Klarheit. Ihr Bike ist nicht das Produkt endlosen Feintunings, sondern ein konsequent auf Vertrauen und Zuverlässigkeit aufgebautes Arbeitsgerät.

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