Jan Timmermann
· 15.07.2024
Schnelle Optik, schneller Name: Das Mondraker F-Podium ist ganz klar ein heißer Kandidat für Startblock Nummer eins. Bisher hatten wir noch keine Gelegenheit, die neuste Rennmaschine aus dem Hause Mondraker zu testen, doch das sollte sich beim Mehrtages-Marathon Alpentour Trophy in Schladming endlich ändern. So realistisch, wie es nur geht, haben wir das F-Podium im Marathon-Einsatz auf seine Stärken und Schwächen getestet. Antreten musste es dabei gegen die Konkurrenz von Cervélo ZFS-5 und Storck Adrenalin. Ein knallharter Marathon-Shootout!
Das Mondraker F-Podium zieht mit einem Carbonrahmen und 110 Millimetern Federweg im Heck in den Kampf. 120 Millimeter holt eine Fox 34 SC Factory Gabel an der Front heraus. Mondraker ist bekannt für progressiv-lange Geometrien und das F-Podium macht da keine Ausnahme. Wie wird sich die spanische Rakete schlagen, wenn es an den Hängen rund um Schladming zur Sache geht?
Das vielversprechende Mondraker F-Podium RR trägt mit 7999 Euro das größte Preisschild im Test. Passend dazu gewährt Mondraker eine lebenslange Garantie auf den gut geschützten Rahmen. Bei Laufrädern, Kurbeln und Lenker spart zudem edler Kohlenstoff einige Gramm ein. Dass sich das F-Podium die Gewichtswertung mit dem deutlich kleineren Storck teilen muss, liegt an den schieren Dimensionen unseres XL-Testbikes. Eine mechanische Schaltung ist in diesem Preissegment fast schon exotisch, funktioniert aber nach wie vor knackig-gut. So gar nicht ins Bild mag allerdings der klobige Hebel für die Vario-Stütze passen. Aufgrund seines langen Hebelweges lässt er sich unmöglich ergonomisch platzieren. Abgesehen davon verstrahlt das Bike mit dem dünn-breiten Oberrohr bereits im Stand viele Racing-Vibes. Ein gutes Omen.
Diese beiden Marathon-Fullys haben wir auch auf ihre Race-Tauglichkeit hin getestet:
Dass ich das Mondraker F-Podium für die Etappe mit den meisten Highspeed-Abfahrten wähle, ist purer Zufall. Auf den Skihängen macht es mir die brachiale Laufruhe der spanischen Rakete leicht, viele Plätze gut zu machen. Je schneller, desto besser. Für Marathon-Abfahrten sind der 66,5 Grad flache Lenkwinkel und der 500 Millimeter lange Reach eine Gewinner-Kombi. Tief und weit über das Bike gespannt, kann bei Geradeausfahrt die Bremse immer offen bleiben. Unsicherheiten bergab? Fehlanzeige, auch wenn der Körper bereits müde ist.
Dank 435 Millimeter kurzen Heck lässt sich das F-Podium auch noch gut in die Kurve schmeißen und über Hindernisse lupfen. Breite, gut gedämpfte Reifen und ein trotz zehn Millimeter Hub-Unterschied harmonisches Fahrwerk unterstützen den Hochgeschwindigkeits-Flug gen Tal. Der Hinterbau schafft einen guten Spagat zwischen Sensibilität, Feedback und Reserven. Unaufgeregt und leise schieße ich an einem Konkurrenten nach dem anderen vorbei. Chapeau!
Die Praxis verifiziert, was die Geometrietabelle suggeriert. Durch das lang-flache Cockpit und den ausladenden Hauptrahmen werde ich auf dem Mondraker in die mit Abstand sportlichste Sitzposition gezogen. Allein durch die aggressive Fahrhaltung besitzt das Bike den Vorwärtsdrang eines Kampfjets. In der Ebene wie am Berg animiert das zusammen mit dem progressiven Sitzwinkel zu Druck auf den Pedalen. Im engen Anstieg zur zur Reiteralm muss ich ganz schön ausholen, um den Jet um die Kehren zu treten. Schnell in den Wiegetritt wechseln. Per Daumendruck lassen sich Gabel und Dämpfer gleichzeitig sperren - super! Auf den vielen groben Schotter-Anstiegen der dritten Etappe liefert die Mittelposition Effizienz und Komfort gleichzeitig. Das Mondraker besitzt das am besten ausgewogene Race-Fahrwerk des Tests.
Vier Stunden auf einer vollgefederten Streckbank haben natürlich auch ihre Schattenseiten. Als mir die ersten Stiche in den Rücken fahren, fühle ich mich an eine weitere Marathon-Erfahrung erinnert. Damals fiel ich auf der Ziellinie mit einem Hexenschuss vom Bike und meine Partnerin musste mir die Schuhe ausziehen. Keine Frage: Das Mondraker ist eine rassige Rennmaschine, verlangt auf der Langdistanz aber seinen Tribut. Auch, wenn das Bike im Marathon wenig Grenzen setzt, muss der Fahrer erst einmal mithalten können.
Mit guten Klettereigenschaften und einer brachialen Downhill-Laufruhe wird das Mondraker F-Podium seinem Namen gerecht. Ein starkes Racebike für ambitionierte Temporitte. Wer die Länge und die sportliche Sitzposition des F-Podiums für sich nutzen kann, ist im Marathon kaum noch aufzuhalten. Zu extrem für die gemütliche Feierabendrunde, super für den Renn-Einsatz. Marathon-Testsieg fürs Mondraker F-Podium RR!