Merida Big.Nine 10KDie Neuauflage von Meridas Cross-Country-Legende im Test

Peter Nilges

 · 20.11.2023

Merida Big.Nine 10K - das neue, schnelle Racehardtail.
Foto: Max Fuchs
Ganze sieben Jahre hat sich Merida Zeit gelassen, um dem Cross-Country-Flagschiff neues Leben einzuhauchen. Was kann die Neuauflage?

Es gibt kaum eine Marke, die sich so augenblicklich ins Gedächtnis ruft wie Merida, wenn man an sportliche Racehardtails denkt. Über 16 Jahre hinweg hat das Multivan Merida Biking Team um José Antonio Hermida, Gunn-Rita Dahle-Flesja und Ralph Näf zahlreiche Rennerfolge eingefahren. Ende 2016 kam dann der Rückzug aus dem Cross Country Worldcup und gleichzeitig wurde die letzte Ausbaustufe des überaus erfolgreichen Hardtails Big.Nine vorgestellt. Damals ein Racebike mit klassischer Geometrie und gewichtsoptimiertem Carbonrahmen mit lediglich 878 Gramm. Im Top-Trimm ermöglichte das Bike aus dem Modelljahr 2017 ein Gesamtgewicht von nur 8,55 Kilogramm.

7 Jahre Entwicklungszeit für die Neuauflage

Für die Neuauflage des Racehardtails hat sich Merida ordentlich Zeit gelassen und nun auf die Herausforderungen moderner Cross-Country-Stecken reagiert. Beim neuen Big.Nine lag der Fokus klar auf einem Update der Geometrie. Merida folgt dem allgemeinen Trend und spendiert seiner neuen Race-Feile mehr Länge, einen flacheren Lenkwinkel und steileren Sitzwinkel. Mit zwei Grad weniger landet ersterer bei 68 Grad und zweiterer bei zwei Grad steileren 75 Grad. Im Vergleich zur aktuellen Konkurrenz liegt das Big.Nine damit in der goldenen Mitte, ohne Extreme auszuloten. Optisch auffallend ist das stark abfallende Oberrohr, das direkt in die Sitzstreben mündet. Hinter dem Design steckt das sogenannte Agilometer Größenkonzept, das auf verhältnismäßig kurzen Sitzrohren basiert. So kann der Fahrer den passenden Rahmen anhand der Rahmenlänge wählen, mit einer größeren Flexibilität was die Sitzhöhe angeht.

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Üppige Ausstattung

An dem von uns getesteten Topmodell Big.Nine 10K für 9499 Euro verzichtet Merida zugunsten des Gewichts auf eine Teleskopstütze. Bei der übrigen Ausstattung zieht der Hersteller jedoch alle Register. Von der Sram-XX-SL-AXS-Transmission-Schaltung mit integriertem Wattmesser bis hin zu den Reynolds-Carbon-Laufrädern mit feingerastertem Industry-Nine-Freilauf ist alles an Bord, was den Vortrieb maximal unterstützt. Auch an eine am Vorbau integrierte GPS-Halterung wurde gedacht. Um das Big.Nine trotz des kurzen Sitzrohrs langstreckentauglich zu machen, verfügt es über zwei Flaschenhalteraufnahmen auf dem Unterrohr.

Das Minitool steckt griffbereit unterm Sattel. Eine Hülle hält den gröbsten Dreck draußen. Das Tool bringt nur 80 Gramm auf die Waage.Foto: Max FuchsDas Minitool steckt griffbereit unterm Sattel. Eine Hülle hält den gröbsten Dreck draußen. Das Tool bringt nur 80 Gramm auf die Waage.

Breite Reifen für besseren Grip

Dennoch bleibt die Waage erst bei eher durchschnittlichen 9,5 Kilo ohne Pedale stehen. Auch wenn der Rahmen mit 1053 Gramm nicht ganz an den Vorgänger anknüpfen kann, liegt das Mehrgewicht vor allem in der Wahl der Reifen begründet. Merida opfert das Gewicht zugunsten von Komfort und Grip und spendiert dem Big.Nine 2,4er Maxxis Recon Race, die mit angenehm niedrigem Luftdruck gefahren werden können. Ein echter Gewinn, da der Sitzkomfort des Rahmens mit nur 5,7 Millimeter Flex eher gering ausfällt. Ein negativer Aspekt, der sich aus dem steiler werdenden Sitzwinkel begründen lässt. Im Antritt kommen die Laufräder dafür etwas schlechter in Schwung, was die Spritzigkeit minimal beschneidet. Wenn der Trail rauer wird, möchte man auf die breiten Reifen jedoch zu keiner Zeit verzichten. Ein echter Mehrwert in Sachen Kontrolle.

Die breiten 2,4er Maxxis-Reifen füllen die Rockshox SID gut aus. Beim Hinterbau ist mehr Reifenfreiheit für Schlammorgien vorhanden.Foto: Max FuchsDie breiten 2,4er Maxxis-Reifen füllen die Rockshox SID gut aus. Beim Hinterbau ist mehr Reifenfreiheit für Schlammorgien vorhanden.

Sportlich und agil in den Kurven

Dank des gewachsenen Reach und der deutlichen Sattelüberhöhung fällt die Sitzposition angenehm sportlich aus und sorgt auch an steilen Rampen für Druck auf dem Vorderrad. In verwinktelten Passagen besitzt das Big.Nine dennoch eine hohe Agilität und zirkelt wendig um Kurven. Von einer abkippenden Lenkung oder gar trägem Fahrverhalten ist das Merida weit entfernt und erinnert damit an klassische Racebike-Tugenden. Das Handling gefällt auch Dank des gelungenen Cockpits mit dem 760er Lenker und dem 70er Vorbau.

Etwas Schade ist die geringe Modellvielfalt des Big.Nine. In Deutschland gibt es nur noch eine weitere Variante des Carbon-Modells mit günstigerem Carbon-Layup und Shimano-XT-Ausstattung für 2999 Euro. Dazwischen tut sich eine gewaltige Lücke auf, was die Auswahl erheblich einschränkt.

Fazit zum Merida Big.Nine 10K von Peter Nilges, BIKE-Testleiter:

Die Neuauflage des Merida Big.Nine bricht zwar keine Gewichtsrekorde, besitzt Dank der breiten Reifen und der ausgewogenen Geometrie aber ein hohes Maß an Fahrqualität und damit einen breiteren Einsatzbereich. Details wie das integrierte Minitool und der GPS-Halter steigern den Alltagsnutzen.
Peter Nilges, BIKE-TestleiterFoto: Georg GrieshaberPeter Nilges, BIKE-Testleiter

Technische Daten und Noten zum Merida Big.Nine 10K

Herstellerangaben

  • Preis: 9499 Euro
  • Erhältlich im Fachhandel
  • Rahmenmaterial: Carbon
  • Rahmengröße: S / M / L / XL  (getestet in Größe L, 44 cm)

Messwerte

  • Gewicht ohne Pedale: 9,47 kg
  • Rahmengewicht: 1053  g
  • Gewicht Laufräder: 4040  g
  • Beschleunigung Laufräder: 3283  kg x cm²
  • Lenkerbreite: 760  mm
  • Sitzkomfort: 5,7  mm
  • Rahmensteifigkeit (absolut): 47  N/mm

Ausstattung

  • Laufräder: Reynolds 309/289 XC
  • Reifen: Maxxis Recon Race; Exo Protection TR 29 x 2,40
  • Gabel: Rockshox SID SL Ultimate Remote
  • Federweg: 98 mm
  • Bremsen: Sram Level ULT / 180/160 mm
  • Schaltung: Sram XX SL Quarq Transm.1x12
  • Übersetzung/Bandbreite: 34; 10-52 / 520 %
  • Sattelstütze / Ø: FSA SL UD Carbon / 30,9 mm

Bewertung

  • Fahrverhalten bergauf: 31,5 von 35 Punkten
  • Federung vorne: 15 von 15 Punkten
  • Rollwiderstand: 11,25 von 15 Punkten
  • Flaschenhalter: 9 von 10 Punkten
  • Trägheit Laufräder: 9 von 15 Punkten
  • Flaschenhalter: 9 von 10Punkten
  • Sitzkomfort: 5 von 10 Punkten
  • Fahrverhalten bergab: 27 von 30 Punkten
  • Federung vorne: 18 von 20 Punkten
  • Versenkbarkeit Sattel: 7 von 10 Punkten
  • Bremsen: 6,5 von 10 Punkten
  • Reifen-Grip: 12,75 von 15 Punkten
  • Fahrstabilität: 5 von 10 Punkten

GESAMT BERGAUF: 100,8 von 125 Punkten

GESAMT BERGAB: 76,25 von 95 Punkten

  • Sonstiges: 23,75 von 30 Punkten

BIKE-Testurteil *: sehr gut - 200,8 von 250 Punkten

Merida Big.Nine 10KFoto: BIKE-TestabteilungMerida Big.Nine 10KMerida Big.Nine 10K - GeometriedatenFoto: BIKE-TestabteilungMerida Big.Nine 10K - GeometriedatenMerida Big.Nine 10K - CharakteristikFoto: BIKE-TestabteilungMerida Big.Nine 10K - Charakteristik

¹Preis ggf. zzgl. Kosten für Verpackung, Versand und Abstimmung.

²Das BIKE-Urteil gibt die Labormesswerte und den subjektiven Eindruck der Testfahrer wieder. Das BIKE-Urteil ist preisunabhängig. BIKE-Urteile: super (250–205 P.), sehr gut (204,75–170 P.), gut (169,75–140 P.), befriedigend (139,75–100 P.), mit Schwächen, ungenügend.

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