Fail-Alarm oder Racer-Trick?Das BH Lynx SLS 9.0 Racefully im Dauertest

Max Fuchs

 · 23.07.2025

Was geht denn hier ab? Lukas (links) ist auch als Dauertest-Fahrer für BIKE unterwegs. Doch als Max beim Shooting zu posen anfängt, muss er plötzlich auch als Foto-Assistenz “einspringen“.
Foto: Lukas Königer
80 Millimeter Hub im Heck, 110 an der Front – mit diesem Ansatz brachte das BH Lynx SLS im BIKE-Test Vortrieb und Traktion perfekt in Einklang. Doch funktioniert das System auch auf Dauer und schlägt es sich im Vergleich zu den vergleichbaren Entwicklungsansätzen von Specialized und Trek? Ein erster Zwischenstand.

Das Lynx SLS soll den Komfort und die Traktion eines Fullys mit dem Vortrieb eines Hardtails verquicken. Um das zu erreichen, verfolgt BH denselben Ansatz, den wir bereits vom Trek Supercaliber und vom Specialized Epic Worldcup kennen: sehr wenig Federweg im Heck (80 Millimeter), kombiniert mit einer längeren Federgabel. Im Fall des BH ist das eine 34er Fox Factory mit 110 Millimeter Hub. Beim Supercaliber, das wir ebenfalls im Dauertest fuhren (BIKE 11/20), hat sich dieser Ansatz bestens bewährt. „Finde heraus, ob BHs ‚Al-dente-Race-Fully‘ genauso gut und lange funktioniert.“ – so lautete mein Arbeitsauftrag, als mir die Redaktion das Lynx SLS als Dauertest-Bike übergab.

BH Lynx SLS 9.0: der Faktencheck

KategorieDetails
BikeBH Lynx SLS 9.0
EinsatzbereichMarathon / Racefully
TestzeitraumSeit Januar 2025
Laufleistung1000 km / 17.974 Hm
Gewicht (komplett)11,21 kg
Rahmengewicht1693 g
RahmengrößeL
Laufradgröße29 Zoll
Federweg vorne / hinten110 mm / 80 mm
Preis (UVP)7400 Euro
Hat jemand von euch so ’nen Schlüssel? Mein Hinterbau wackelt wie ein Kuhschwanz – und ich krieg die Scheiße nicht festgezogen, ärgert sich Max darüber, dass man beim BH einen Stirnlochschlüssel braucht, um das Hauptlager des Hinterbaus nachzuziehen.

Der erste Eindruck

Nur 80 mm im Heck, aber 1000 km auf dem Tacho: Max prüft, wie viel Race ein Fully verträgt.Foto: Lukas KönigerNur 80 mm im Heck, aber 1000 km auf dem Tacho: Max prüft, wie viel Race ein Fully verträgt.

Vor dem BH durfte ich das Arc8 Evolve durch den Langzeittest schleusen. Mit 120 Millimetern Federweg an Heck und Front und einer extrem flachen Geometrie konnte ich damit bergab heizen wie mit einem Trailbike. Dementsprechend skeptisch war ich, ob ich mit dem kurzhubigen BH weiterhin auf meine Kosten kommen würde. Mittlerweile kann ich aber sagen: Der knappe Federweg ist nicht der limitierende Faktor – ganz im Gegenteil. Ich war überrascht, wie gut das Heck zur schluckfreudigen Gabel passt und mit welchem Feingefühl der Split-Pivot-Hinterbau über die Trails flubbert. Dafür hemmt mich allerdings die Geometrie: Der steile Lenkwinkel und der kurze Radstand vermitteln wenig Laufruhe, wenn es steil und schnell zur Sache geht.

Mängelliste und Tuning

Anstelle der serienmäßigen Carbon-Laufräder von DT Swiss fährt Max zu Testzwecken den aktuell leichtesten Serien-Laufradsatz im XC-Segment. Mit dem Specialized Roval Control Worldcup knackt das Lynx SLS locker die 11-Kilo-Marke.Foto: Max FehrAnstelle der serienmäßigen Carbon-Laufräder von DT Swiss fährt Max zu Testzwecken den aktuell leichtesten Serien-Laufradsatz im XC-Segment. Mit dem Specialized Roval Control Worldcup knackt das Lynx SLS locker die 11-Kilo-Marke.

Angesichts der schlanken Carbon-Silhouette und der Highend-Parts wiegt das BH in meinen Augen etwas zu viel – zumindest für ein Racefully. Nervig auf der Langstrecke: Die Montagepunkte für den zweiten Flaschenhalter liegen sehr weit oben am Sitzrohr. So passt leider nur eine kleine zweite Flasche ins Rahmendreieck. Nach den ersten Kilometern flogen zudem zwei Volumenspacer aus der Gabel. Warum? Die Front war mir zu progressiv. Auf langen Abfahrten litten darunter meine Schultern und Handflächen. Mit der größeren Luftkammer arbeitet die Gabel nun deutlich sensibler und passt besser zum komfortablen Heck – und ich nutze endlich den kompletten Federweg aus.

Kurz, knackig, konsequent: Max im Gelände-Modus – das Lynx zeigt, wo’s langgeht.Foto: Lukas KönigerKurz, knackig, konsequent: Max im Gelände-Modus – das Lynx zeigt, wo’s langgeht.

Nach etwa 500 Kilometern bemerkte ich unterwegs, dass sich das Hinterbau-Hauptlager gelöst hatte – eigentlich kein Problem. Leider braucht man zum Anziehen einen Stirnlochschlüssel, der in keinem Multitool zu finden ist.

Zwischenfazit: Schlank, schnell – mit kleinen Schwächen

Nach 1000 Kilometern zeigt sich das BH Lynx SLS als gelungener Sportler. Der Hinterbau arbeitet feinfühlig, die Kombination aus kurzem Federweg und sportlicher Sitzposition sorgt für messerscharfen Vortrieb. Die Geometrie verlangt bei Highspeed volle Aufmerksamkeit, und kleinere Details – wie die mäßige Servicefreundlichkeit oder die ungünstige Position des zweiten Flaschenhalters – nerven aber im Alltag. Trotzdem: Wer ein agiles Racefully mit Charakter sucht, bekommt hier viel Fahrspaß auf wenig Federweg.

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