Jan Timmermann
· 19.03.2024
Huch, kein Dämpfer? Doch, doch: Das Berria Mako versteckt sein Federbein tief im Rahmen unter einer Abdeckung. Laut Konkurrent Scott wird das Integrations-Patent ihrer optisch auffällig ähnlichen Bikes nicht verletzt. Dass sich am Berria Fully die spanischen Designer voll ausgetobt haben, wird jedenfalls auf den ersten Blick klar: Asymmetrische Carbon-Felgen, die voluminöse Cockpit-Einheit und die integrierte Sattelklemme sorgen für eine eigenständige Optik. Auch die Carbon-Sattelstütze ist eine Eigenentwicklung und soll mit ihrer Flex-Konstruktion den Fahrer mit hohem Sitzkomfor verwöhnen. Im Test konnten wir diesen Vorteil an einem vollgefederten Bike leider nicht ausmachen.
Auch andere Details erscheinen der Design-Prämisse untergeordnet worden zu sein. Ohne externen SAG-Indikator muss zum Setup-Check die Dämpferabdeckung mit drei schwer zugänglichen Schrauben gelöst werden. Im Bauch des Mako ist die Zugstufeneinstellung mit den Fingern kaum zu erreichen. Leider lässt ist die Verarbeitung rund um die Öffnung nicht ganz sauber und eine der zu langen Verschlussschrauben stößt an der oberen Dämpferaufnahme an. Die Schraube der unteren Aufnahme wiederum ist nur durch den Ausbau der Kurbel zu erreichen.
In Spanien steht man offenbar auf besonders sportliche Bikes und eigensinnige Design-Ansätze. Berria brachte vergangenes Jahr das Softtail-Konzepz zurück, und lässt auch beim Race-Fully kein sportliches Detail aus. Die extrem niedrige Cockpithöhe des Berria Mako bringt in Sitzposition jedenfalls viel Druck aufs Vorderrad. Eine steigende Front in Steilanstiegen? Fehlanzeige trotz kurzer Kettenstreben! Die Vittoria-Reifen liefern viel Traktion und unterstützen das Klettergeschick des Berria. Wer ein Problem mit starken Sattelüberhöhungen hat, wird mit dem Bike nur schwer warm werden. Tief geduckt zieht das Mako in der Ebene äußerst zügig voran. Aussparungen am Lenker legen das Einnehmen einer Aero-Position nahe. So verfliegen die Kilometer auf dem leicht rollenden Bike in Windeseile.
Mit 68 Grad steht der reale Sitzwinkel des Berria Mako LTD.3 eher flach und die Tretposition ist am Berg weniger effizient Zudem fällt das Oberrohr mit 612 Millimetern in Größe M lang aus. Durch diese Kombination mussten wir den Sattel weit nach vorne rücken, wodurch sich das Druckgefühl auf der Steuerzentrale zusätzlich erhöhte. Im Sitzen kann der Fahrwerks-Remote dank überzeugender Antriebsneutralität unberührt bleiben. Im Wiegetritt ist die zuschaltbare Plattform aufgrund des leicht wippenden Hinterbaus aber willkommen.
Nach heutigen Standards steht der Lenkwinkel des Mako recht steil. Das beschert dem Bike ein sehr direktes Handling. Im Flachen und bei leichtem Gefälle macht das definitiv Laune. Sobald es stärker bergab geht, fordern die fixe, kaum versenkbare Stütze und die tiefe Front aber ihren Tribut. In Steilabfahrten und bei fahrtechnischen Herausforderungen ist das Berria definitiv nichts für XC-Anfänger. Der Pilot hängt weit vorne und sollte genau wissen, was er tut, denn der Grenzbereich wird früh erreicht.
Das Fahrwerk verrichtet auf dem Trail unauffällig seine Arbeit. Auf grobe Kanten reagiert der Hinterbau allerdings etwas zu langsam. Durch die frontlastige Fahrposition kommt wenig Last aufs Heck und der unsichtbare Dämpfer erwacht erst wirklich zum Leben, wenn mehr Reserven gefragt sind. So entschärft das Fahrwerk zwar Wurzel-Landungen und kaschiert den ein oder anderen Fahrfehler, liegt aber trotz Federwegs-Plus weniger satt als andere moderne Race-Fullys.
Apropos: Im Olympia-Jahr 2024 präsentieren viele Hersteller neue, aufregende Cross-Country-Bikes. Darunter zum Beispiel das Specialized S-Works Epic 2024 mit dem elektronischen Flight-Attendant-Fahrwerk oder das Liv Pique Advanced 29, dem wohl heißesten Rennpferd für Mountainbikerinnen. Im Vergleich zur extrem starken und progressiven Konkurrenz nimmt das Berria Mako eher eine konservative Rolle ein. Das Gewicht des spanischen Carbon-Rahmens ist leider nicht konkurrenzfähig:
Spannend ist die Option aus Spanien allemal. Ich bin mir sicher, dass das Berria Mako LTD.3 seine Liebhaber finden wird. Die Rahmendetails sind nicht ganz auf der Höhe mit der etablierten Konkurrenz, aber die Fahreigenschaften machen auf eher flachen Kursen definitiv Spaß. Bergab gibt es deutlich stärkere Racebikes. - Jan Timmermann, BIKE-Testredakteur
Das ungewöhnliche Berria Mako glänzt mit klassischen Racebike-Tugenden. Zum Kilometerfressen ist der Spanier super geeignet. In der Abfahrt vermitteln die extrem sportliche Position und das etwas leblose Fahrwerk weniger Sicherheit. Detailschwächen trüben den Gesamteindruck des Designerstücks.
Pro
Contra