Der britische Science-Fiction-Schriftsteller und Physiker Arthur C. Clarke sagte einst: „Jede hinreichend fortschrittliche Form der Technologie, ist von Magie nicht zu unterscheiden.“ Mit diesen verheißungsvollen Worten setzt Specialized die neueste Ausbaustufe seines Verkaufsschlagers Levo gekonnt in Szene. Um der Ankündigung Nachdruck zu verleihen, ließ das Schweizer Entwicklungs-Team kein Stein auf dem anderen und konstruierte das Power-All-Mountain von Grund auf neu. Bis auf den Federweg von 160/150 Millimetern hat sich fast alles geändert. Rahmen, Geometrie, Motor, Akku, Fahrwerk und selbst die Software wurden neu gedacht und von der eigenen Entwicklungsabteilung konsequent umgesetzt.
Specialized setzt beim neuen Levo ab sofort, je nach Modell, zwei unterschiedliche Motoren ein. Im Topmodell S-Works für stolze 14500 Euro (>> z.B. hier erhältlich) kommt der S-Works-Motor zum Einsatz, der nach eigenen Angaben mit 111 Nm Drehmoment und 720 Watt eine beachtliche Leistung liefert. Das sind 27 Prozent mehr Bumms als beim Vorgänger. In den Carbon-Modellen darunter (Comp, Expert und Pro), die bei 7999 Euro beginnen, sorgt der rund zehn Prozent schwächere Specialized 3.1 Motor immer noch für ausreichenden Vortrieb.
Um das leistungsstarke Aggregat mit genügend Reichweite zu versorgen, steht ein eigener 840 Wh Akku zur Verfügung. Optional ist auch ein kleiner 600 Wh Akku erhältlich. Dieser ist im Handumdrehen seitlich entnehmbar und legt auch die Storage-Tasche frei, die sich per Magnet gesichert im Steuerohrbereich befindet. So ausstaffiert, bringt das Levo S-Works stattliche 23,8 Kilo ohne Pedale auf die Waage. Specialized-Reifen mit stabiler Gravity-Karkasse und solide Sram Maven-Bremsen mit 220/200er Scheiben sowie eine Fox 38 Gabel machen dafür keine Kompromisse was die Stabilität und Haltbarkeit angeht. Zudem kommt auch in der vierten Generation, die Anpassung an den Fahrer nicht zu kurz. Lenkwinkel, Tretlagerhöhe und Kettenstrebenlänge lassen sich per Flipchip feintunen. Um das potente Fahrwerk zu komplettieren, setzt Specialized analog zum Stumpjumper oder Levo SL auf einen Dämpfer mit Genie-Technologie. Die vergrößerte Luftkammer sorgt für mehr Komfort im mittleren Federwegsbereich, ohne Abstriche bei der Endprogression eingehen zu müssen und lässt sich vielfach mit Volume-Spacern anpassen.
Seit DJI die Bühne der Power-MTBs betreten hat, ist das Wettrüsten im vollen Gange. Hohes Drehmoment und viel Leistung sind nach bester Quartett-Mentalität gefragter denn je. Mit einem Drehmoment von satten 104 Newtonmeter legt der neue Specialized S-Works-Motor kraftvoll vor und bestätigt den gefühlten Schub aus der Praxis. Auch bei der Leistung kann der neue Motor mit gemessenen 670 Watt einen hohen Wert liefern, der Bosch CX5 und Shimano EP801 in den Schatten stellt. Lediglich der DJI-Avinox zieht noch brachialer an der Kette, sowohl in der Spitzenleistung als auch bei einem gemäßigten Fahrerinput von 110 Watt.
Ab einer Trittfrequenz von 70 Umdrehungen pro Minute steht die volle Leistung zur Verfügung und ist bis zu einer Frequenz von gut 140 abrufbar, was für den Praxiseinsatz vollkommen ausreicht.
Doch pure Power alleine ist nicht alles. Dank der eigenen Software und präziser Drehmomentsensoren liefert der Motor eine fein dosierbare Unterstützung. Uns konnte vor allem der Automatik-Modus überzeugen, bei dem sich der Fahrerinput analog zur Motorpower per App einstellen lässt. Somit entfällt das häufige manuelle Wechseln der Unterstützungsstufen und das Bike hängt harmonisch am Fuß und fadet angenehm aus. Doch Specialized hatte bei der Entwicklung auch die Reduzierung der Motorengeräusche und die Effizienz im Blick. Um ersteres zu erreichen, verzichtet der neue Motor komplett auf Plastikteile und einen Riemen zur Kraftübertragung. Zudem wurde das Innenleben des Motors für eine perfekte Ausrichtung komplett auf einer Seite aufgehangen und das Motorritzel mit einer extrem harten Beschichtung versehen. Das Balinit-Coating sorgt selbst unter Hitze und hoher Last für weniger Reibung und reduziert so Geräusche, während das neue 50 Volt System die Effizienz steigert.
Die Leistungsdaten des neuen Specialized-Motors können sich absolut sehen lassen und werden lediglich vom DJI übertrumpft. Mit 3,18 Kilo für den Motor und 4383 Gramm für den 840 Wh Akku wirft die Specialized-Kombo jedoch viel in die Waagschale und muss in diesem Punkt die Konkurrenz ziehen lassen.
Im Gelände setzt sich das neue Levo kraftvoll aber leise in Szene. Das sonore, tiefe Brummen ist nur schwach präsent, aber bereits im Eco-Modus vorhanden. Selbst im Turbo-Modus zählt das neue Aggregat zu den leiseren Vertretern, die teils hell und metallisch klingen.
Bereits bei einer niedrigen Trittfrequenz unterstützt der Motor extrem stark und liefert Drehmoment ohne Ende. Anfahrprobleme oder ein Verhungern an steilen Schlüsselstellen kennt der S-Works Motor nicht. Tretfaule unterstützt das Levo mit brachialer Power im Turbomodus. Selbst bei einem Fahrerinput von nur 110 Watt stehen üppige 653 Watt zur Verfügung. Auch bei steigender Frequenz zieht der Motor schön oben raus und generiert viel Speed.
Auffällig: Selbst bei der mittleren Einstellung des Nachlaufs schiebt der Motor konstant lange nach und ermöglicht ein spielerisches Bewältigen von Schlüsselstellen. Stufen und Wurzelfelder bergauf verlieren so ihren Schrecken. Gerade die Kombination aus dem traktionsstarken Heck und dem kraftvollen aber dosierbaren Motor punktet bei Anhängern von technischen Uphills.
Mit der Firmenphilosophie „Innovate or die“ muss sich auch das neue Flagschiff im Specialized-Portfolio messen lassen. Die nunmehr vierte Generation des Levo nimmt diese Herausforderung nicht nur willig an, sondern klotzt gleich mit Superlativen. Das gilt insbesondere für das 14500 Euro Topmodell im S-Works Trimm, das alles, was gut und teuer ist, in einem exklusiven Gesamtpaket vereint. Um den Innovationsgrad bei gleichzeitiger Benutzerfreundlichkeit hoch zu halten, betreibt Specialized einen beispiellosen Aufwand. So stammt nicht nur der neu designte Rahmen samt Fox-Genie-Dämpfer, sondern auch die komplette Motoreinheit inklusive der Software aus der eigenen Entwicklungsabteilung. Das Resultat ist eine engverzahnte Systemintegration mit durchdachten Details, die es auf diesem Level kein zweites Mal in der Branche gibt.
Doch nicht nur bei den großen Baugruppen, auch im Kleinen gibt es wirkungsvolle Updates. So wurde der Sitzwinkel im Vergleich zum Vorgänger deutlich steiler, bei einem nahezu unveränderten Reach. Mit mehr Last auf der Front klettert das neue Levo dadurch souveräner, obwohl die Sitzposition in Kombination mit dem 40er Vorbau recht kurz ausfällt. Ein üppiger Lenker-Rise und Stack-Wert bringen die Front hoch und sorgen für eine aufrechte Position, die auch in Downhills Selbstvertrauen generiert. Dank des niedrigen Tretlagers steht man tief im Bike, was sich positiv aufs Handling auswirkt und viel Kurvenspeed zulässt. Um auf nahezu jeden Fahrerwunsch eingehen zu können, bietet auch das Levo 4 gleich drei Verstelloptionen. Damit kann die Tretlagerhöhe um sechs Millimeter, der Lenkwinkel um +/- 1 Grad und die Kettenstrebenlänge um neun Millimeter verändert werden. Lediglich das 27,5er Hinterrad ist bei der neuesten Variante gesetzt. Selbst mit langen Kettenstreben und tiefem Tretlager (Geodaten) geht das Levo ordentlich aufs Hinterrad und willig ums Eck.
Beim Fahrwerk setzt Specialized wie auch beim Levo SL auf einen Fox Genie Float X Dämpfer. Während uns die kleine Float-Variante im Stumpjumper nur mäßig begeisterte, zeigte sich der Genie-Dämpfer mit Ausgleichsbehälter von seiner besten Seite. Durchweg alle Tester lobten Sensibilität und extrem hohe Traktion. Damit klettert das Levo SL ausgezeichnet, bis das Vorderrad in extrem steilen Passagen steigt. Auch bergab arbeitet das Fahrwerk sehr harmonisch und bietet ein ordentliches Schluckvermögen. Dabei gibt der Hinterbau, der relativ viel Luft benötigt (245 PSI bei 85 kg) bereitwillig seinen Federweg frei, bietet dennoch überzeugenden Popp für eine aktive Fahrweise. Bergauf schiebt der Specialized-Motor leise und kraftvoll an. Selbst bei niedriger Trittfrequenz steht ein hohes Drehmoment zur Verfügung. Die Dosierung ist mustergültig.
Die neueste Ausbaustufe des Specialized Levo soll das Maß der Dinge sein und hebt die Messlatte im Fullpower-Segment auf ein neues Niveau. Das Zusammenspiel aus Rahmen, Motor, Dämpfer und vieler Anbauteile aus dem eigenen Haus ist beeindruckend. Motorpower, Fahrwerk, Handling und Detaillösungen überzeugen auf ganzer Linie. Hoher Preis und das solide Gewicht dagegen weniger.