Specialized Turbo Levo Expert im TestAltes Eisen oder Dauerbrenner?

Florentin Vesenbeckh

 · 15.09.2023

Specialized Turbo Levo Expert // 9600 Euro // 22,8 kg // 160/150 mm // 29/27,5 Zoll
Foto: Josh Welz
Das Specialized Turbo Levo gehört seit Jahren zu den beliebtesten E-Mountainbikes überhaupt. Die aktuelle Ausbaustufe hat allerdings schon zweieinhalb Jahre auf dem Buckel. Kann der Carbon-Allrounder mit Brose-Motor mit aktuellen Highend-Bikes mithalten? Wir haben das Turbo Levo Expert im direkten Vergleich mit der Konkurrenz getestet.

Enduro, All Mountain Bike oder Trailbike? Das Specialized Turbo Levo will alles können. Mit 160/150 Millimetern Federweg und Mullet-Bereifung landet es gewissermaßen zwischen den Welten. Hinzu kommt eine mehrfach anpassbare Geometrie, die das E-Bike auf verschiedene Vorlieben und Einsatzbereiche einstellbar macht. Soviel können wir schonmal verraten: Das Specialized Turbo Levo ist tatsächlich ein hervorragender Trail-Allrounder mit breitem Einsatzbereich. Die Stärken liegen dabei in der Abfahrt. Außerdem schafft es Specialized, ein potentes Bike mit großem 700er-Akku mit einem guten Gewicht zu realisieren. Mit 22,8 Kilo gehört es zu den leichtesten E-MTBs in unserem großen Vergleich.



Das Specialized Turbo Levo Expert wiegt 22,8 Kilo und kostet 9600 Euro.Foto: Josh WelzDas Specialized Turbo Levo Expert wiegt 22,8 Kilo und kostet 9600 Euro.

Die Fakten zum Specialized Turbo Levo Expert

  • Motor: Brose Drive SMag, 90 Nm max. Drehmoment
  • Akku: 700 Wh (entnehmbar)
  • Rahmenmaterial: Carbon
  • Federweg: 160 / 150 mm
  • Laufradgröße: MX, 29” vorne / 27,5” hinten
  • Rahmengrößen: S1, S2, S3, S4, S5, S6
  • Preis: 9600 Euro >> hier erhältlich
  • Gewicht: 22,78 kg (Testbike in Größe S4, EMTB-Messung)

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Specialized Turbo Levo Expert: Rahmen, Konstruktion und seine Besonderheiten

Der hochwertige Vollcarbonrahmen des Specialized Turbo Levo ist mit vielen Extras gespickt. Allen voran steht eine umfangreiche Geometrieanpassung. Die erfolgt sowohl über einen Flipchip an der Kettenstrebe, als auch über eine separate Lagerschale für den Steuersatz, über die der Lenkwinkel angepasst werden kann. Schon länger bekannt - aber noch immer ein echter Mehrwert ist das SWAT-Tool. Im Steuerrohr steckt ein kleines Mini-Werkzeug, das auf Tour und im Alltag immer griffbereit ist und so das Biker-Leben schlicht und einfach erleichtert.

SWAT: So tauft Specialized seine kleinen Gimmicks, die das Biker-Leben erleichtern sollen. Im Fall des Mini-Tools im Steuerrohr funktioniert das. Simpel aber effektiv!Foto: Josh WelzSWAT: So tauft Specialized seine kleinen Gimmicks, die das Biker-Leben erleichtern sollen. Im Fall des Mini-Tools im Steuerrohr funktioniert das. Simpel aber effektiv!

Der E-Bike-Antrieb des Specialized Turbo Levo

Traditionell steckt Specialized den Brose-Motor in das Turbo Levo. Den Berliner Antrieb garnieren die Amerikaner mit einer hauseigenen Software und ebenfalls selbst entwickeltem Bedienteil und Display. In Sachen Systemintegration gehört der Antrieb zu den fortschrittlichsten am Markt. Gerade das schlanke, gestochen scharfe Mastermind-Farbdisplay im Oberrohr sucht seinesgleichen. Auch bei der Integration des Akkus war Specialized Vorreiter. Denn Specialized waren die ersten, die die Batterie von unten im geschlossenen Unterrohr versenkten. Eine Konstruktion, die inzwischen viele E-Bike-Hersteller nutzen. So bleibt das System mit 700er-Akku recht leicht. Die Batterie ist schlank, fällt allerdings lang aus. In einen Rucksack passt sie kaum.

Der Akku wird nach unten aus dem geschlossenen Unterrohr gezogen.
Foto: Josh Welz

Die Geometrie des E-Bikes

Die Daten zum Turbo Levo sind nicht gerade das, was man von einem hochmodernen Enduro erwartet. Auf dem Papier wirkt das E-Bike nahezu zahm. Der Reach ist moderat und auch der Lenkwinkel ist mit 64 bis 64,5 Grad zwar flach, aber keinesfalls extrem. Hier können Piloten allerdings nachsteuern, denn dem Bike liegt eine separate Lagerschale für den Steuersatz bei. Damit kann der Lenkwinkel nochmal um + oder - 1 Grad angepasst werden. So lässt sich sowohl ein extrem flacher, als auch ein sehr moderater Lenkwinkel erreichen. Die ganz flache Variante macht Sinn, wenn das E-MTB als Enduro getrimmt auf extremen Highspeed-Passagen brillieren soll. Ganz steil empfehlen wir allen, die nur gemäßigtes Gelände anvisieren und ein möglichst agiles Handling suchen. Die neutrale Position gefällt uns für den Allround-Einsatz im Gelände richtig gut.

High oder low? Der Flipchip in der Kettenstrebe verändert Tretlagerhöhe, Strebenlänge und die Winkel des Bikes.Foto: Josh WelzHigh oder low? Der Flipchip in der Kettenstrebe verändert Tretlagerhöhe, Strebenlänge und die Winkel des Bikes.

Ebenfalls anpassbar sind die Kettenstreben. Mit 442 oder 448 Millimetern landen sie im E-Bike-Vergleich eher auf der kurzen Seite. Der Spieltrieb steigt in der kurzen Variante, das macht das Bike aber etwas schwerer zu kontrollieren - insbesondere in steilen Uphills.

EMTB-Messwerte im Überblick (Rahmengröße S4)

  • Sitzrohrlänge: 418 mm
  • Radstand: 1260 - 1268 mm
  • Reach: 465 mm
  • Stack: 645 mm
  • Lenkwinkel: 64 - 64,5 Grad
  • Sitzwinkel: 75,8 - 76,3 Grad
  • Kettenstrebenlänge: 442 - 448 mm

Die Ausstattung des Specialized Turbo Levo Expert

Überraschend: In der hochpreisigen Kategorie unseres Vergleichstests der Highend-Bikes bis 10.000 Euro kann das Vollcarbon-Bike von Specialized mit der besten Ausstattung und insbesondere dem hochwertigsten Fahrwerk fürs Geld punkten. Das ist nicht gerade die Stärke, für die Specialized bekannt ist. Am Turbo Levo Expert ist die Ausstattung nicht nur wertig, sondern auch sehr sinnvoll gewählt. Insbesondere das hochwertige Fox Fahrwerk (Performance Elite) ist ein sinnvoller Invest. Die Laufräder sind leicht, die Bremsen bissig und die Reifen griffig - so kann man direkt ins Trail-Vergnügen starten.

Die dicke Fox 38 Performance Elite Federgabel stellt die Zeichen auf Abfahrt.
Foto: Josh Welz

Praxistest: So fährt sich das Specialized Turbo Levo Expert

Auf Tour

Draufsetzen und wohlfühlen - das trifft auf das Specialized Turbo Levo zu, wie auf die meisten Bikes von Specialized. Die Sitzposition ist ausgewogen, die Kontaktpunkte angenehm und das Cockpit gefällig. Im gemütlichen Tourenbetrieb oder auf der Anfahrt zum Trail fällt ein Faktor besonders positiv auf: Die Geräuschkulisse. Denn bei geringer Unterstützung ist der Brose-Motor deutlich leiser als ein Bosch- oder Shimano-Antrieb. Erst bei voller Power wird auch der Brose lauter. Die Reichweite mit dem 700er-Akku ist sehr gut, kommt allerdings nicht ganz an die der Bosch-Bikes mit 750er-Powertube heran.

Bergauf

In technischen und steilen Anstiegen hinterlässt das Specialized E-Bike ein zweischneidiges Bild. Im Uphill will das Turbo Levo aktiv dirigiert werden. An richtig steilen Stufen machen es die meisten anderen E-MTBs ihrem Piloten leichter, die Spur zu halten. Und das gilt selbst in der langen, kletterstärkeren Kettenstrebeneinstellung. Ein Selbstläufer, auf dem man gemütlich sitzen bleibt und einfach Steilstücke hinauftreckert, ist das Levo nicht. Positiv sticht hingegen die starke Traktion am Hinterrad und der drehmomentstarke Motor auf. Der stoische Schub des Drive SMag hievt das Bike noch über manche Wurzelstufe, wenn der Fahrer es schon fast nicht mehr für möglich gehalten hätte.

Das starke Fahrwerk mit der Fox 38 mit Grip2-Dämpfung verleiht dem Bike massig Schluckvermögen auf harten Abfahrten.Foto: Josh WelzDas starke Fahrwerk mit der Fox 38 mit Grip2-Dämpfung verleiht dem Bike massig Schluckvermögen auf harten Abfahrten.

Bergab

Schon in der neutralen Geometrieeinstellung entpuppt sich der Specialized-Flitzer als Mini-Enduro. Mit flachem Lenkwinkel, hochwertigen Federelementen samt dicker Fox 38, schluckfreudigem Hinterbau und robuster Ausstattung hängt das Levo auf ruppigen Abfahrten alle Konkurrenten in unserem Vergleichstest ab. Nur das Heckler von Santa Cruz und das Cube One55 bleiben dem Amerikaner auf den Fersen. Das Schöne am Turbo Levo: Trotz seiner massiven Nehmerqualitäten ist das E-Bike kein träges Schlachtschiff. Es lässt sich verhältnismäßig leichtfüßig über Trails wedeln und bleibt dank sehr leichter Laufräder spritzig und agil. Weiteres Plus: Dank klapperfreiem Motor gehört es in der Abfahrt zu den leisesten E-MTBs im Vergleich. In Summe ist das Bike einer unserer absoluten Favoriten, wenn es um die Abfahrtseigenschaften geht. Allerdings entfaltet das Specialized seine Stärken eher bei versierten Piloten mit aktiver Fahrweise.


Das EMTB Fazit

Das Specialized Turbo Levo gehört noch lange nicht zum alten Eisen. Im Gegenteil: Im Reigen der aktuellen Highend-E-Mountainbikes fährt es ganz vorne mit. Wer ein sportliches E-Bike für anspruchsvolle Abfahrten und spaßige Trail-Ritte sucht, ist mit dem Turbo Levo bestens beraten. Die Ausstattung fällt im Marktvergleich gut und vor allem sehr sinnvoll aus. Bergauf gibt es unkompliziertere E-Bikes. Angenehm leise, bergauf wie bergab.
EMTB-Testchef Florentin VesenbeckhFoto: Max FuchsEMTB-Testchef Florentin Vesenbeckh

Pro

  • Trail-Könner: Spaßig und fahrsicher zugleich
  • Leicht
  • Bergauf wie bergab recht leise
  • Variable Geometrie mit verschiedenen Einstellmöglichkeiten
  • Stimmige Ausstattuung

Contra

  • In schwierigen Uphills forderndes Handling
  • Brose-Motor gilt als anfällig

Technische Daten und Noten Specialized Turbo Levo Expert

Herstellerangaben

  • Preis: 9600 Euro >> hier erhältlich
  • Größen (Sitzrohr) / Rahmenmaterial: S1, S2, S3, S4 (getestete Größe 42 cm), S5, S6 / Carbon

Messwerte²

  • Gewicht²: 22,78 kg
  • Reichhöhe¹: 1792 (+43) hm
  • Durchschnittsgeschwindigkeit: 14,1 km/h
  • Federweg vorne / hinten: 160 / 150 mm
  • Schwerpunkthöhe: 522 mm
  • Lenkerbreite: 800 mm
  • Kurbellänge / Q-Faktor: 160 mm / 188 mm
  • Bodenfreiheit⁴: 482 mm

Ausstattung

  • Motor: Specialized 2.2 (Brose S Mag)
  • Max. Drehmoment³: 90 Nm
  • Akku³ / -Gewicht²/ Preis Ersatz-Akku: Specialized M3-700 / 3943 g / 1399 Euro
  • Schaltung: Sram GX Eagle AXS
  • Übersetzung (v. / h.): 34; 10–52
  • Display: Specialized Master Mind TCU
  • Zul. Gesamtgewicht³: 147,8 kg (125 kg Zuladung)
  • Gabel / Dämpfer: Fox Float Perf. Elite E-MTB / Fox Float X2 Perf. Elite
  • Teleskopstütze: OneUp Dropper Post, 180 mm
  • Bremse / Disc Ø (vorne / hinten): Sram Code RS / 220 mm / 200 mm
  • Laufräder: Roval Traverse Disc
  • Reifen: Specialized Butcher GridTrail T9, 29 x 2,6; Eliminator GridTrail T7, 27,5 x 2,6

EMTB-Testurteil⁵: 8,7 Punkte - sehr gut

Specialized Turbo Levo Expert - GeometriedatenFoto: EMTB-TestabteilungSpecialized Turbo Levo Expert - GeometriedatenSpecialized Turbo Levo Expert - CharakteristikFoto: EMTB-TestabteilungSpecialized Turbo Levo Expert - CharakteristikSpecialized Turbo Levo Expert - TestdiagrammFoto: EMTB-TestabteilungSpecialized Turbo Levo Expert - Testdiagramm

¹Die Reichhöhe wurde bei standardisierten Messfahrten an einem Asphaltanstieg mit 12,2 Prozent Steigung ermittelt. Höchste Unterstützungsstufe, 150 Watt Tretleistung des Fahrers, Fahrergewicht inkl. Ausrüstung 89 kg. In Klammern die Höhenmeter im deutlich gedrosselten Notlauf-Modus. Die Durchschnittsgeschwindigkeit bezieht sich auf die Fahrt bei voller Unterstützung.

²Ermittelt auf den Prüfständen im EMTB-Testlabor, Gewicht ohne Pedale. Akku-Gewicht ggf. inkl. verschraubtem Cover.

³Herstellerangabe

⁴Stufentest, gemessen mit 36 Zentimeter erhöhtem Hinterrad

⁵Das EMTB-Urteil gibt den subjektiven Eindruck der Tester und die Ergebnisse der Reichhöhenmessung und der Labortests wieder. Das EMTB-Urteil ist preisunabhängig. EMTB-Urteile: super (ab 9,0), sehr gut (ab 8,0), gut (ab 7,0), befriedigend (ab 6,0), mit Schwächen (ab 5,0), darunter ungenügend.

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