Peter Nilges
· 22.08.2024
Wenn sich Specialized an eines seiner prestigeträchtigsten Modelle heranwagt, darf man Großes erwarten. Mit dem Stumpjumper läuten die Kalifornier die 15. Ausbaustufe ein und packen, getreu dem Motto „Innovate or die“, das ein oder andere technische Schmankerl ans Bike. Für 13.000 Euro schickt Specialized mit dem S-Works sein Flaggschiff in diesen Einzeltest. Alleine das Rahmenkit mit der einzigartigen, erhabenen Sprenkel-Lackierung schlägt mit 4500 Euro zu Buche. Doch es geht auch günstiger. Das Einstiegsmodell Comp ist mit 6500 Euro gelistet und schaltet mit der neuen Sram AXS Transmission S1000. Auch hier sorgt der Bremsanker Sram Maven wie beim S-Works für brachiale Verzögerung.
Da das neue Specialized Stumpjumper 15 eine Symbiose aus dem bisherigen Stumpi und dem langhubigeren Stumpjumper Evo ist, liegt die Werksangabe bei 150/145 Millimeter. Im Labor konnten wir auch hinten 150 Millimeter messen. Stahlfederfans kommen nach wie vor mit dem Pro Modell auf ihre Kosten. Hier setzt Specialized auf ein Öhlins-Fahrwerk mit Coil-Shock anstelle des Fox-Luftfahrwerks, wo wir bereits bei einem der Highlights des neuen SJ 15 wären.
Um die Vorteile von viel und wenig Federweg zu vereinen, haben die Specialized-Ingenieure im Schulterschluss mit Fox einen speziellen Luftdämpfer entwickelt. Der neue Genie-Dämpfer verfügt über ein sehr großes Luftvolumen, was für eine flache Federkennlinie und hohen Komfort sowie Schluckvermögen sorgen soll. Ab 70 Prozent des Federweges steht nur noch ein kleineres Luftvolumen zur Verfügung und erhöht so die Progression gegen Durchschläge.
Um das volle Potenzial des neuen Alleskönners auszuloten, machten wir uns die Streckenvielfalt im Bikepark Geißkopf und auf den heimischen Trails zunutze. Mit einem Reach von 469 Millimetern und dem kurzen 35er Stummelvorbau sowie der hohen Front sitzt man als 1,79-Meter-Fahrer sehr aufrecht. An steilen Rampen hätten wir uns für mehr Druck auf dem Vorderrad einen längeren Vorbau gewünscht. Schnelle Antritte und lange Anstiege meistert das nur 13 Kilo leichte Specialized Stumpjumper dennoch mühelos, auch wenn der Hinterbau im Wiegetritt im offenen Modus etwas mehr als noch beim extrem ruhigen Vorgänger pumpt. Sobald sich der Trail gen Tal neigt, zeigt sich das Stumpi von seiner spaßigen Seite und zaubert dem Fahrer ein breites Grinsen ins Gesicht.
Trotz des flachen Lenkwinkels fährt sich das Bike keineswegs träge oder sperrig, vermittelt dennoch ein hohes Maß an Sicherheit. Aufgrund der vielfältigen Verstelloptionen (exzentrische Lagerschalen, Flipchip im Horstlink, Mullet-Wippe) bleiben keine Fahrerwünsche offen. Uns taugte die lange Kettenstrebeneinstellung in Kombination mit dem langen Frontcenter mehr. Im rauen Geläuf vermittelt der Hinterbau mit dem neuen Genie-Dämpfer viel Federweg und ein ausgezeichnetes Schluckvermögen. Durch die im Vergleich zur Gabel flachere Kennlinie federt das Heck im mittleren Federwegsbereich allerdings stärker ein, was zu einer leichten Dysbalance führt. Mit mehr Druckstufe kann man zwar gegensteuern, verliert dafür aber Sensibilität.
Selbst in seiner 15. Ausbaustufe lässt das Specialized Stumpjumper nichts anbrennen und legt die Alleskönner-Latte richtig hoch, auch wenn der neue Genie-Dämpfer kein Game-Changer-Potenzial besitzt.