Die Geometrie des neuen Simplon Rapcon Pmax TQ ist super modern und abfahrtsorientiert, das Fahrwerk liefert satte 170/165 mm Federweg. Obendrauf kommt eine kompromisslose Enduro-Ausstattung. So will das Simplon E-Enduro mit dem TQ-Motor HPR 50 im harten Gelände punkten. Und es hat sogar das Zeug zu mehr: Denn unmotorisierte Enduros wiegen heute gerne um die 16 Kilo. Mit fetten Reifen werden lange Ausfahrten zäh. Wer nicht die Beine eines austrainierten Enduro-Racers hat, könnte gierig auf ein Light-E-MTB schielen.
Und genau auf diese Klientel passt das Simplon Rapcon Pmax TQ perfekt. Optisch ist es kaum von seinem unmotorisierten Bruder zu unterscheiden, die Geräuschkulisse ist ebenso unaufdringlich. Der TQ-Antrieb ist viel dezenter als ein klassischer E-Motor à la Bosch oder Shimano. Faul im Shuttle-Modus steilste Berge hochschieben lassen? Fehlanzeige. Doch dank seiner dezenten Art erlaubt er sowohl Ausfahrten mit Kollegen ohne Motor, als auch kurze Traillaps im Sprint-Modus, wie sie ohne Extra-Schub unmöglich wären. Ist diese Art E-Mountainbike der Killer für Enduros ohne Motor?
Der minimalistische Ansatz des Simplon Rapcon Pmax TQ zeigt sich auch in der Akku-Integration. Die Batterie mit 360 Wattstunden steckt fest verbaut im Unterrohr und kann zum Laden oder Wechseln unterwegs nicht entnommen werden. Der Grund: Simplon will Gewicht sparen. Mit knapp 20 Kilo ohne Pedale ist unser Testbike für ein Light-EMTB mit TQ-Antrieb und diesem Konzept allerdings nicht gerade rekordverdächtig. Das liegt allerdings nicht an der Bauweise, sondern primär an der sehr robusten Ausstattung. Dicke Federelemente mit 38er-Gabel, dicke Bremsscheiben und vor allem super robuste Schwalbe-Reifen mit Supergravity-Karkasse. Die drücken richtig auf die Waage. Ein Luxus, den sich sonst kaum ein Light-E-MTB leistet. Dass es auch deutlich leichter geht, beweist Simplon mit der gewichtsoptimierten AM-Variante des Rapcon TQ. Mit genau 18 Kilo war das Simplon Anfang des Jahres das leichteste Bike in unserem Vergleichstest hochwertiger Light-E-MTBs.
Der HPR 50 von TQ ist ein konsequenter Light-Motor. Seine klare Auslegung auf Minimalismus macht ihn zu einem kontroversen Produkt. Die einen werden ihn lieben, andere verteufeln! Was bedeutet das? Kein anderer E-MTB-Motor ist kompakter und lässt sich unauffälliger in ein Bike integrieren. Auch die Geräuschkulisse ist so leise, wie bei keinem anderen Antrieb - und das gilt bergauf wie bergab. Soweit die herausragenden positiven Eigenschaften. Auf der anderen Seite steht eine vergleichsweise mäßige Maximalleistung, Standfestigkeit und eingeschränkte Reichweite. Ein echter Minimalist eben. Simplon verbaut den 360er-Akku zudem fest im Unterrohr. Nach verpulverter Power eine zweite Batterie einpflanzen? Fehlanzeige. Für Extra-Laps bleibt dem Fahrer nur der optionale Range Extender mit 160 Wattstunden, der im Trinkflaschenformat aufs Unterrohr geklickt werden kann.
Die Geometrie des Simplon Rapcon E-Enduro liefert alles, was in Enduro-Kreisen als modern gilt: Flacher Lenkwinkel, sehr steiler Sitzwinkel und ein kurzes Sitzrohr. Letzteres bringt dem Käufer viel Freiheit bei der Wahl der Rahmengröße und der Länge der Teleskopstütze. Die Kettenstreben sind mittellang im Vergleich moderner Enduros, für ein E-MTB aber eher kurz. Der Reach von 464 mm in Größe L fällt gemäßigt aus.
Der Radstand ist in Summe lang, aber nicht extrem. Übrigens: Das Chassis des Rapcon hat auch einen Flipchip integriert, mit dem die Geometrie angepasst werden kann. Sinn dieser Verstellung ist der Umbau auf ein kleines 27,5er-Hinterrad und nicht eine Verstellung der Geometrie. So kann das Bike also auch im Mullet-Setup gefahren werden. Unser Testbike rollt auf 29er-Reifen und in der dafür vorgesehenen tiefen/flachen Flipchip-Position. So haben wir das Bike auch auf unseren hauseigenen Geometrieprüfständen vermessen.
Wie bei Simplon üblich, kann auch die Ausstattung des Rapcon PMax TQ im Online-Konfigurator der Vorarlberger auf die persönlichen Vorlieben angepasst werden. In unserem Test landete eine Variante mit Rockshox-Fahrwerk aus der Reihe Select+ und kompromissloser, sehr robuster Ausstattung.
10.007 Euro werden für dieses Paket fällig, nach oben ist da in der Simplon-Auswahl noch ordentlich Luft. In die Vollen geht Simplon bei den Reifen. Vorne wie hinten sind Schwalbes Magic Mary mit der pannensicheren, aber auch schweren Supergravity-Karkasse verbaut. Das gibt´s serienmäßig nur sehr selten an E-MTBs. Gewichtstechnisch ist mit dünneren Reifen noch deutlich mehr rauszuholen, doch für den Einsatz in extremem Gelände sind die dicken Schlappen ideal. Übrigens: Auf Wunsch gibt´s das E-Bike im Online-Konfigurator auch mit kleinem Hinterrad, also im Mullet-Setup.
Steigt man auf das Simplon Rapcon, machen sich hochmoderne Enduro-Gefühle breit. Die Sitzposition ist durch den sehr steilen Sitzwinkel super kompakt – nichts für lange Touren im Flachland, denn hier lastet viel Druck auf den Händen. Ideal ist diese Position allerdings in steilen Uphills. Die fallen mit dem zahmen TQ-Motor für E-Bike-Verhältnisse eher gemütlich aus, doch der Extra-Schub und die hervorragende Traktion erlauben fitten Bikern auch richtig anspruchsvolle Anstiege. Die Geometrie ist wie gemacht dafür, denn die Kontrolle über das Bike ist exzellent.
Jetzt aber zur Paradedisziplin des Simplon Rapcon PMax TQ: anspruchsvolle Abfahrten. Die Geometrie mit extrem niedrigem Schwerpunkt (Das EMTB-Labor spuckt hier einen Rekordwert aus!) gibt richtig viel Sicherheit und Laufruhe. Die Position auf dem Bike ist allerdings eher kompakt, im Zweifel würden wir lieber zur größeren Größe greifen. Das Fahrwerk arbeitet sehr schluckfreudig und ebnet auch derbe Stein- und Wurzelpassagen plüschig ein. Allerdings wurden wir von dem ein oder anderen Durchschlag überrascht und hätten uns in schnellen Passagen mehr Gegenhalt vom Hinterbau gewünscht.
Selbst mit strafferem Setup um 25 Prozent SAG bleibt das Heck auf der soften Seite. Positiv macht sich das in einem enorm schluckfreudigen Fahrgefühl bemerkbar. Derbe Steinfelder überschwebt man wie auf einem fliegenden Teppich. Gerade auf langen, anspruchsvollen Enduroabfahrten, die nicht mit Highspeed absolviert werden, funktioniert das hervorragend und spart eine Menge Körner. Das Handling des Bikes ist sehr präzise und erinnert deutlich mehr an unmotorisierte Enduros, als an klassische E-MTBs. Damit trifft das Rapcon PMax TQ die perfekte Balance aus Sicherheit und Abfahrtsspaß! Denn es ebnet dicke Hindernisse nicht stoisch ein, sondern lädt den Fahrer auch zu Spielereien mit dem Gelände ein und lässt sich dabei recht leicht aufs Hinterrad oder in die Luft bewegen. Ebenfalls stark: Selbst im wilden Rumpelgelände ist das Bike nahezu lautlos.
Wer ein rassiges Enduro mit flüsterleisem und eher zahmem Motor-Schub sucht, ist beim Rapcon PMax TQ goldrichtig. Starke Geometrie, schluckfreudiges Fahrwerk und massive Ausstattung. Aber Achtung: kein Wechsel-Akku! Dafür fällt das Bike nicht gerade leicht aus - hat aber auch nur richtig robuste Parts an Bord. Ready to rumble! – Florentin Vesenbeckh, Testleiter EMTB Magazin