Adrian Kaether
· 17.07.2025
YT gilt eigentlich als erfolgreichstes Startup der deutschen Mountainbike-Geschichte. Nach einem legendären Testsieg des ersten Dirtjumpers “Dirt Love” in der FREERIDE legte das junge Unternehmen eine steile Karriere hin. Mehr zu den Hintergründen zeigte BIKE in der Reportage über YT Gründer Markus Flossmann. Jetzt der Tiefschlag: Am 16. Juli 2025 leitete YT ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung ein.
Trotz einer starken globalen Nachfrage und einer treuen Kundschaft sah sich YT in den vergangenen Monaten mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert, so Hersteller. Der anhaltende Preisdruck in der Fahrradbranche, Probleme mit Zulieferern sowie Unsicherheiten im US-Markt im Zusammenhang mit Zollregelungen haben das Unternehmen stark beeinträchtigt. Da innerhalb der bestehenden Struktur keine weiteren finanziellen Mittel zur Verfügung standen, wurde eine Neuausrichtung unumgänglich. Aber hört selbst. Hier nimmt YT Gründer und CEO Markus Flossmann Stellung:
YT Industries betont, dass der Geschäftsbetrieb während des Sanierungsverfahrens wie gewohnt weiterlaufen werde. Das Unternehmen bleibe voll handlungsfähig. Auch der Kundenservice sowie die Garantieabwicklung sollen unverändert bestehen bleiben. Für die kommenden Monate kündigt YT Industries sogar spannende Produktneuheiten an. Der Kundenservice stehe weiterhin per E-Mail zur Verfügung, um Fragen zu beantworten und Unterstützung zu leisten.
Schon jetzt häufen sich in Foren die Fragen, wie es für Kunden von YT weitergeht. Zuletzt machte YT mit zahlreichen attraktiven Angeboten. Viele der in diesem Zuge verkauften Räder sind noch nicht bei den Kunden angekommen. Neben dem offiziellen Statement von CEO Markus Flossmann versucht YT Kunden auch mit einer direkten Ansprache zu beruhigen. Dort heißt es:
Wenn deine Bestellung vor dem 14.07.25 per Banküberweisung bezahlt wurde, fällt sie leider unter die Aufsicht des Insolvenzverwalters. In diesem Fall arbeiten wir derzeit eng mit dem Insolvenzverwalter zusammen, um zu klären, wie mit diesen Bestellungen weiter verfahren werden kann. (...) Wir setzen alles daran, eine Lösung für dich zu finden. (...)
Wir bleiben dran und halten euch bei weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden.
Markus Flossmann, Gründer und CEO von YT Industries, äußert sich zu der Situation: "Das ist kein einfacher Schritt für YT – aber eine notwendige Maßnahme, um die Zukunft der Marke gezielt zu gestalten." Flossmann zeigt sich trotz der Herausforderungen optimistisch und berichtet von bereits laufenden Gesprächen mit potenziellen neuen Partnern. Flossmann sei zuversichtlich, dass das Unternehmen bald wieder auf Kurs sein werde. Diese Aussage unterstreicht den Willen des Managements, die aktuelle Situation als Chance für eine Neuausrichtung zu nutzen und gestärkt aus der Krise hervorzugehen.
In seinem Video-Statement blickt Flossmann auf die fast 17-jährige Geschichte des Unternehmens zurück. Begonnen habe alles mit dem "Dirt Love", YTs erstem Bike. Das Ziel: hochwertige Mountainbikes zu fairen Preisen, die es jungen Menschen und Bikern mit begrenztem Budget ermöglichten, echte Performance zu erleben. Seitdem habe das Unternehmen seine Produktpalette stetig erweitert. YT hat den Sport unterstützt, und Fahrer wie Aaron Gwin, Vali Höll, Andreu Lacondeguy und Cam Zink haben Weltmeistertitel, World-Cup-Siege und Rampage-Siege nach Hause gebracht.
YT Industries habe sich zu einer globalen Marke entwickelt und generiert mittlerweile fast die Hälfte seines Umsatzes in Nordamerika. Kein leichter Weg, so Flossmann. Der Aufbau des Unternehmens von Grund auf ohne externes Kapital sei eine Herausforderung gewesen. In den ersten zehn Jahren sei YT chronisch unterfinanziert gewesen, habe es aber dennoch immer wieder geschafft, erfolgreich zu sein. Vor fünf Jahren habe sich Flossmann aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen, einen professionellen CEO eingestellt, und kurz darauf sei ein großer Private-Equity-Investor an Bord gekommen.
Die Covid-19-Pandemie habe sich zunächst wie ein Segen für die Fahrradindustrie angefühlt, sei in Wirklichkeit aber der perfekte Sturm gewesen. Lieferketten seien zusammengebrochen, Preise in die Höhe geschossen, Lieferzeiten explodiert. Fahrräder trafen teils mit einem Jahr Verspätung ein, Lager seien übergelaufen. Das Resultat sei ein brutaler Rabattkrieg gewesen. Während Kunden von Schnäppchen profitiert hätten, seien kleine Marken wie YT an ihre Grenzen gedrängt worden. Vor einem Jahr sei Flossmann als CEO zurückgekehrt und habe eine schwierige Situation vorgefunden. Das Team habe alle Lagerbestände abgebaut, unnötige Kosten gestrichen, Prozesse optimiert und die Marke wieder auf Kurs gebracht.
Trotz der Bemühungen hätten neue Herausforderungen das Unternehmen getroffen. Ein wichtiger Zulieferer habe YT mit Qualitätsproblemen und Lieferverzögerungen im Stich gelassen, sagt Flossmann. Gleichzeitig kämpfte der US-Markt mit extremer Instabilität, wobei alles von Naturkatastrophen bis hin zur chaotischen Zollpolitik die Verbrauchernachfrage stark beeinträchtigt habe. YT habe weiter gekämpft und immer wieder investiert, um vergangene Verluste auszugleichen und durchzuhalten. Obwohl man für die Unterstützung der Finanzpartner dankbar sei, habe unter den aktuellen Voraussetzungen keine zusätzliche Finanzierung gesichert werden können.