Santa Cruz Heckler SL C GX AXS im TestLeichtes Trail-E-Bike mit Fazua Ride 60

Florentin Vesenbeckh

 · 16.12.2023

Santa Cruz Heckler SL C GX AXS // 160/150 mm // 29/27,5 Zoll // 19,3 kg // 9799 Euro
Foto: Max Fuchs
Mit dem Heckler SL springt Santa Cruz erstaunlich spät auf den Zug der Light-E-MTBs auf. Jetzt steht ein echter Trail-Könner mit Fazua Ride 60 in den Startlöchern. Hat sich das Warten auf dieses E-Bike gelohnt? Unser Test klärt auf.

Kaum eine Marke legt so öffentlichkeitswirksam den Fokus auf die Trail-Eigenschaften ihrer Bikes wie Santa Cruz. Da verwundert es fast, dass die Kalifornier verhältnismäßig mit einem Light-E-MTB in den Markt einsteigen. Die Wahl des Fazua-Motors überrascht hingegen weniger. Schließlich ist die PON-Gruppe, zu der Santa Cruz gehört, auch mit Porsche, der Mutter von Fazua, verbandelt (Die Hintergründe zum Firmengeflecht lest ihr hier). Ebenso logisch ist die Ausrichtung des Heckler SL. Mit 160/150 mm Federweg und Mullet-Laufrädern soll es auf Abfahrten jeglicher Art begeistern. Genauso wie sein “dicker” Bruder, das Heckler mit Shimano-Motor (zum Test des Santa Cruz Heckler), spielt auch das SL an der Grenze zwischen Trail-Bike und Enduro.

Mit 19,3 Kilo bei fest verbautem Akku und Vollcarbonrahmen löst der Check an der Waage keine Begeisterung aus. Dafür hat das Heckler SL die Heck­federung mit beliebter VPP-Kinematik implementiert. Die Ingenieure konnten beim SL die Drehpunkte dank kompaktem Motor noch tiefer platzieren, als beim Heckler mit Shimano-Antrieb. Damit liegt die Kinematik noch näher am Ideal der unmotorisierten Bikes der Kalifornier. Top: Das Heckler SL ist in fünf Größen von S bis XXL erhältlich, und die Freigabe bis 156 kg System­gewicht ist ebenfalls stattlich.

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Das Santa Cruz Heckler SL gleicht optisch den unmotorisierten Mountainbikes von Santa Cruz.Foto: Max FuchsDas Santa Cruz Heckler SL gleicht optisch den unmotorisierten Mountainbikes von Santa Cruz.

Die Fakten zum Santa Cruz Heckler SL C GX AXS

  • Motor: Fazua Ride 60, 60 Nm max. Drehmoment
  • Akku: Fazua, 430 Wh (nicht entnehmbar)
  • Rahmenmaterial: Carbon
  • Federweg: 160 / 150 mm
  • Laufradgröße: 29 / 27,5 Zoll
  • Rahmengrößen: S, M, L, XL, XXL
  • Preis: 9799 Euro
  • Gewicht: 19,3 kg (EMTB-Messung, Testbike in Größe L, ohne Pedale)
  • Zulässiges Gesamtgewicht: 156 kg (Herstellerangabe)
  • Reichhöhe¹: 1298 (+14)hm / 12,1 km/h
Das C im Produkt­namen steht für die günstigere Carbon-Bauweise des Rahmens. Rahmengewicht in Größe L: 3380 Gramm. Das CC-Chassis der Top-Modelle soll 180 Gramm leichter sein. Gewichtsrekorde holen beide Varianten mit der aufwendigen Kinematik nicht. Dafür bekommt man lebenslange Garantie.Foto: Georg GrieshaberDas C im Produkt­namen steht für die günstigere Carbon-Bauweise des Rahmens. Rahmengewicht in Größe L: 3380 Gramm. Das CC-Chassis der Top-Modelle soll 180 Gramm leichter sein. Gewichtsrekorde holen beide Varianten mit der aufwendigen Kinematik nicht. Dafür bekommt man lebenslange Garantie.

Der E-Bike-Antrieb im Heckler SL

Der Ride 60 von Fazua (hier geht´s zum ausführlichen Test des Ride 60 von Fazua) ist für Light-Verhältnisse kräftig, bleibt aber leicht, kompakt und leise. Damit spannt er gekonnt die Brücke von den Minimalisten, wie dem TQ HPR 50, zu den klassischen Power-Motoren der Bosch-CX-Liga. Wer ein leichtes und schlankes E-MTB sucht, aber trotzdem noch eine Portion Power haben möchte, der ist beim Ride 60 an der richtigen Adresse. Insbesondere mit der kurzfristigen Boost-Funktion (450 Watt Spitzenleistung), setzt er sich ganz deutlich von den minimalistischeren Light-Motoren ab. Angenehm ist, dass die Geräuschkulisse dennoch angenehm dezent bleibt.

Von unten sind die Kühlrippen des Ride 60 sichtbar – in der Seitenansicht ist der kleine Fazua-Motor kaum als solcher erkennbar.Foto: Georg GrieshaberVon unten sind die Kühlrippen des Ride 60 sichtbar – in der Seitenansicht ist der kleine Fazua-Motor kaum als solcher erkennbar.

Passend dazu ist auch der Akku mit 430 Wattstunden im Vergleich zu anderen Light-Systemen überdurchschnittlich groß. Auch das bringt dem Heckler SL eine Prise Power-E-Bike. Zudem geht der Fazua-Motor nach unseren Tests sehr effizient mit der Energie um. Das ist allerdings auch nötig, denn Santa Cruz hat die Batterie fest im Unterrohr verbaut. Einen Zweit-Akku als Reichweiten-Boost oder das Laden außerhalb des Bikes gibt es also nicht. Leider gibt es noch immer keinen Range-Extender für den Fazua Ride 60. Dass ein solcher in Arbeit ist, gilt zwar als offenes Geheimnis. Doch es gibt keinerlei Anzeichen, wann der Ottobrunner Motorenherstellers den Zusatz-Akku endlich in die Läden bringt.

Die Fazua Ring Control, mit der die Unterstützungsstufen geschaltet werden, ist wenig wertig. Ein Schwachpunkt des Ride-60-Antriebs. Top: Durch langen Druck nach oben wird ein kurzzeitiger Boost mit 450 Watt Motorschub aktiviert. Im normalen Fahrbetrieb liegen maximal 350 Watt an.
Foto: Georg Grieshaber

Größter Kritikpunkt am Fazua-System sind die Bedienelemente. Die Ring Control am Lenker funktioniert zwar ordentlich, ist in ihrer Bedienung aber nicht sehr definiert. Außerdem wirkt der wackelige Kunststoffhebel wenig wertig. Der LED Hub ist schlank ins Oberrohr eingelassen, gibt über farbige LEDs aber nur ein Minimalmaß an Informationen preis. Hier bieten andere Hersteller mehr Informationen und auch eine hochwertigere Anmutung. Das gibt Abzüge in der B-Note.

Santa Cruz Heckler SL: die Geometrie

Auffällig ist der sehr flache Lenkwinkel, der auch einem ausgewachsenen Enduro gut zu Gesicht stehen würde. Der Radstand ist für die Light-Kategorie recht lang. Die Kettenstreben sind im E-Bike-Vergleich kurz, aber auch hier setzen andere Light-E-MTBs, allen voran das Levo SL von Specialized, auf noch kürzere Maße. Das Tretlager fällt tief aus. Über den Flipchip an der Dämpferaufnahme kann die Geometrie angepasst werden. Stellt man auf die Position “High”, werden Lenk- und Sitzwinkel 0,3 Grad steiler, die Kinematik linearer. Top: Das Heckler SL gibt es in fünf Größen von S bis XXL. Mit einem Reach von 525 mm in der größten Größe sollten auch richtig großgewachsene Fahrer ein passendes Chassis finden.

EMTB-Messwerte im Überblick (Rahmengröße L, Flipchip “Low”)

  • Sitzrohrlänge: 427 mm
  • Radstand: 1265 mm
  • Reach: 471 mm
  • Stack: 641 mm
  • Lenkwinkel: 63,6 Grad
  • Sitzwinkel: 76 Grad
  • Kettenstrebenlänge: 441 mm
Der Flipchip bietet zwei Positionen für die Dämpferanlenkung: Neben der Geometrie verändert sich insbesondere die Fahrwerkscharakteristik. In der "Low"-Position wird die Heckfederung spürbar progressiver.Foto: Georg GrieshaberDer Flipchip bietet zwei Positionen für die Dämpferanlenkung: Neben der Geometrie verändert sich insbesondere die Fahrwerkscharakteristik. In der "Low"-Position wird die Heckfederung spürbar progressiver.

Die Ausstattung des Santa Cruz Heckler SL C GX AXS

  • Gabel / Dämpfer: Rockshox Pike Select+ / Superdeluxe Select+
  • Schaltung: Sram GX Eagle Transmission, 12fach
  • Bremsen: Sram Code Bronze, 200/200 mm
  • Laufräder: Reserve Aluminium 30 SL
  • Reifen: Maxxis DHF Exo MaxxGrip, 29 x 2,5" / Minion DHR II Exo+, 27,5 x 2,4"
  • Besonderheiten: Lebenslange Garantie auf Rahmen und Laufräder; Teleskopstütze mit 180 mm Hub
Srams GX Eagle Transmission funktioniert kabellos über Funk. Die Schaltvorgänge unter Last sind besonders geschmeidig.
Foto: Georg Grieshaber

Praxistest: So fährt sich das Santa Cruz Heckler SL C GX AXS

Die moderne Sitzposition platziert den Fahrer sehr zentral im Bike. Das gefällt und fühlt sich fast wie bei einem modernen Enduro an. Die Heckfederung schlürft dazu auffällig gierig selbst kleinste Unebenheiten auf und bleibt auch beim Treten voll aktiv. Um die Traktion muss man sich damit im Uphill keine Sorgen machen. Hinzu kommt eine starke Kontrolle über das Bike und der kräftige Fazua-Schub. Kurzum: Für ein Light-Bike klettert das Heckler SL exzellent. Um ein steigendes Vorderrad braucht man sich, trotz recht kurzem Hinterbau, kaum zu sorgen. Kleines Manko für technische Anstiege: Das tiefe Tretlager provoziert recht schnell Kurbelaufsetzer.

Bergauf begeistert der traktionsstarke Hinterbau des Santa Cruz Heckler SL.Foto: Max FuchsBergauf begeistert der traktionsstarke Hinterbau des Santa Cruz Heckler SL.

Doch eigentlich geht es diesem Bike um die andere Richtung; den Trailspaß im Downhill. Hier setzt sich der Wohlfühlcharakter fort. Dank tiefem Tretlager steht man entspannt hinter der hohen Front. Der schluckfreudige, satte Hinterbau glättet kleine Unebenheiten und große Schläge souverän und bietet obendrein viel Gegenhalt und Popp. Insbesondere in der flachen und progressiven Flip-Chip-Einstellung hat die Heckfederung eine starke Endprogression. So bleiben stets Reserven für verpatzte Landungen oder herbe Einschläge. Der griffige Vorderreifen und die guten Bremsen geben zusätzlich Sicherheit. Wirft der Trail das Heckler SL von links nach rechts, gefällt die ausgewogene Position, und das geringe Gewicht macht auch klar, dass es hier um ein Light-E-MTB geht.

Das Handling des Heckler SL ist ausgewogen.Foto: Max FuchsDas Handling des Heckler SL ist ausgewogen.

Ganz so leichtfüßig und wendig wie das Specialized Levo SL fährt sich das fahrstarke Heckler SL mit seiner längeren und flacheren Geometrie aber nicht. Anpassungspotenzial bietet hier der Flipchip an der Dämpferaufnahme. Auch wenn sich die Geometrie in der “High”-Position nur minimal um 0,3 Grad ändert, fühlt sich das Heckler in dieser Position etwas mehr nach Trailbike an, während es in der “Low”-Einstellung glatt als Enduro durchgehen könnte. Neben dem extrem flachen Lenkwinkel liegt das auch an der Kinematik, die an Progression zulegt und dadurch noch satter abgestimmt werden kann.

EMTB-Bewertung des Santa Cruz Heckler SL C GX AXS

Stärken

  • Herausragende Hinterbaufederung
  • Fahrstark bergauf und bergab
  • Hohe Gewichtsfreigabe
  • Viele Größen
  • Im Light-Vergleich viel Power und Reichweite

Schwächen

  • Kein Wechsel-Akku
  • Nicht ultimativ leicht
  • Kabelklappern auf dem Trail
Für Light-Verhältnisse ist der Fazua-Antrieb sehr kräftig und ausdauernd, das macht das Heckler SL vielseitig und kletterstark. Noch mehr Punkte sammelt es allerdings in den Abfahrtsdisziplinen. Ausgewogen!Foto: EMTB MagazinFür Light-Verhältnisse ist der Fazua-Antrieb sehr kräftig und ausdauernd, das macht das Heckler SL vielseitig und kletterstark. Noch mehr Punkte sammelt es allerdings in den Abfahrtsdisziplinen. Ausgewogen!

Das EMTB Fazit

Das Heckler SL ist extrem abfahrtsstark und schafft dabei einen tollen Spagat aus Wendigkeit und Laufruhe. Von einem Gewichtsrekord ist das Bike weit entfernt, dafür verbindet es Light-Feeling gekonnt mit E-Bike-Punch. Absolut gelungenes Light-E-MTB für Freunde von Trails und anspruchsvollen Abfahrtsmetern! - Florentin Vesenbeckh, stellv. Chefredakteur EMTB Magazin
Florentin Vesenbeckh ist stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Ressorts “Test und Technik” beim EMTB Magazin. In dieser Funktion fährt und testet er jährlich rund 75 verschiedene E-Mountainbikes und fühlt den neuesten Innovationen auf den Zahn.Foto: Max FuchsFlorentin Vesenbeckh ist stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Ressorts “Test und Technik” beim EMTB Magazin. In dieser Funktion fährt und testet er jährlich rund 75 verschiedene E-Mountainbikes und fühlt den neuesten Innovationen auf den Zahn.

¹ Die Reichhöhe wurde bei standardisierten Messfahrten an einem Asphaltanstieg mit 12,2 Prozent Steigung ermittelt. Höchste Unterstützungsstufe, 150 Watt Tretleistung des Fahrers, Fahrergewicht inkl. Ausrüstung 89 kg. In Klammern die Höhenmeter im deutlich gedrosselten Notlauf-Modus. Die Durchschnittsgeschwindigkeit bezieht sich auf die Fahrt bei voller Unterstützung.

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