Adrian Kaether
· 29.04.2024
Das Render vom Bonner Versender Radon ist schon lange ein heißer Tipp, wenn es um E-Mountainbikes der Preis-Leistungs-Liga geht. Und dabei gab es das All Mountain Bike lange nur mit Carbonrahmen! 2023 schob Radon dann das Alumodell hinterher und hat jetzt auch noch dauerhaft den Preis reduziert. Von ursprünglich 3999 auf nur noch 3199 Euro. Das Render kostet damit weniger als die meisten Bikes unseres letzten großen Hardtail- Vergleichstests!
Dabei ist die Technik im Bike alles andere als günstig. Speziell das Motorsystem von Bosch mit Performance Line CX, Kiox-Display und dickem 750er-Akku ist richtig wertig und liefert massig Reichweite. Das gab’s in dieser Preisklasse noch nie. Die restliche Ausstattung muss entsprechend etwas sparsamer ausfallen, ist zum Großteil aber sinnvoll gewählt. Die Magura MT5 mit großen Scheiben und ergonomischen Hebeln liefert Bremspower auf hohem Niveau, die Maxxis-Reifenkombi sorgt für Grip in allen Lebenslagen.
Wenig glanzvoll, aber grundsätzlich funktional ist die SX-Eagle Zwölffachschaltung von Sram. Der kurzen Telestütze, dem hohen Gewicht und insbesondere der einfachen Stahlfedergabel merkt man den Preisdruck an. Trotzdem: Mit der deutlich besten Reichweite und dem wertigsten wie kräftigsten Motor in unserem Test von E-Mountainbikes unter 4000 Euro ein starkes Paket.
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Hier investiert Radon den größten Batzen: Boschs Performance CX bietet viel Leistung und eine erstklassige Modulation. Mit 750er-Akku wird die Reichweite des Bosch-Systems nur noch von wenigen Bikes mit 900 Wattstunden in den Schatten gestellt. Gute 1900 Höhenmeter erklettert das Radon so in unserem standardisierten Reichweitentest.
Neben der App-kompatiblen LED-Remote spendiert der Versender dem Bike auch noch das Kiox-300-Farbdisplay. Das zeigt umfangreiche Fahrdaten von U-Stufe und Tacho-Funktionen bis hin zur Eigenleistung und Trittfrequenz des Fahrers an und verfügt sogar über eine grundlegende Navigationsfunktion. In dieser Preisklasse eine absolute Seltenheit.
Der große Akku wird bei Radon klassisch nach vorne aus dem Unterrohr geklappt und ist per Schlüssel vor Diebstahl gesichert. Der Gummi-Strap, der das Akkucover hält wirkt etwas windig, machte uns in vier Jahren Tests mit dem Radon Render aber noch nie Probleme. Der Ladeport über dem Motor und die der Bremsscheibenmagnet im Heck sind klassische Lösungen, die wir schon von vielen anderen E-Mountainbikes kennen.
2020 wurde das Radon Render erstmals vorgestellt. Bei der Geometrie merkt man dem Radon das Alter der Konstruktion am deutlichsten an. Der Sitzwinkel ist für moderne Verhältnisse zu flach, die Front eher tief. Dadurch sitzt man sehr sportlich gestreckt auf dem Render. Durch die 160er-Gabel ergibt sich ein flacher Lenkwinkel, der in Kombination mit langen Kettenstreben für einen langen Radstand sorgt. Das bringt Laufruhe bergab, geht aber zulasten eines verspielten Handlings.
Mit der tiefen Front und dem flachen Sitzwinkel sitzt man gestreckt auf dem Radon. Das ist oldschool und gefällt im Testteam keinem richtig gut. Brems-, Tele- und Schalthebel lassen sich kaum so sortieren, dass alles in guter Reichweite liegt, das gibt Abzüge in der B-Note. Der kräftige Bosch-Motor sammelt hingegen Sympathie und sticht die Konkurrenz aus. In Kombination mit den langen Kettenstreben gibt das dem Radon Souveränität auf steilen Uphills. Die etwas hecklastige Sitzposition und eine abkippende Lenkung verschlechtern allerdings die Kontrolle, wenn es um Kehren und enge Ecken geht.
Bergab wirkt das lange und schwere Bike sperrig und lässt sich kaum aufs Hinterrad ziehen oder verspielt fahren. Punkte gibt’s für die Reifen und Bremsen. Unser Hauptkritikpunkt: Die Stahlfedergabel 35 Silver von Rockshox. Sie lässt sich nur durch neue Federn auf verschiedene Fahrergewichte anpassen. Die meisten Kunden dürfte das überfordern. Die Forke spricht zwar sensibel an, rauscht aber schnell durch den Hub. Eine definierte Dämpfung fehlt. Durch viel Federbewegung bringt das schon bei moderatem Tempo Unruhe in die Fahrt. Auch die kurze Telestütze dämpft das Sicherheitsgefühl. Die kräftigen Bremsen legt man deshalb beim Radon lieber etwas früher an. Schade: Bergab klapperte das Render deutlich.
Ein E-MTB Fully unter 4000 Euro war lange undenkbar. Und dann auch noch mit Smart-System und 750er-Akku! Radon legt hier mächtig vor. Im Gelände kein Highlight, die Kritik an der Geometrie und schwachen Gabel relativiert sich aber mit Blick aufs Preisschild. - Adrian Kaether, EMTB-Redakteur