Gerade erst wurde das Pivot Switchblade für 2024 neu vorgestellt, schon können wir sagen, wo die Stärken und Schwächen des Edel-Fullys mit 160 Millimetern Federweg an der Front und 142 Millimetern am Heck liegen. Ein Neuheiten-Feuerwerk fackeln die Amis fürs neue Modelljahr nicht ab. Stattdessen folgen sie dem Pfad der sanften Optimierung, bescheren dem Switchblade eine leicht überarbeitete Kinematik und kleine Änderungen bei der Geometrie. Bereits dem Vorgänger bescheinigten wir einen Sahne-Hinterbau und hohen Fahrspaß. Kann das neue Pivot Switchblade in der Pro X0 AXS Ausführung da noch einen draufsetzen?
Auf den ersten Blick ist das 2024er Pivot Switchblade ein alter Bekannter. Dank SAG-Indikator am Dämpfer ist das passende Setup schnell gefunden. Einmal aufgesattelt sitzt es sich auf Anhieb sehr ausgewogen auf dem Switchblade. Zwar geizt das Bike nicht mit Länge, durch die hohe Front zeigt sich die Sitzposition aber weder zu sportlich, noch zu komfortabel. Der Hinterbau ist von der lebhaften Sorte und pumpt beim Pedalieren eifrig mit. Auch das Umlegen des Plattformhebels vermag die Bewegungen im aufrecht stehenden Dämpfer nicht voll zu unterbinden.
Getreu aktueller Trends hat Pivot den Sitzwinkel etwas steiler gezeichnet. Mit 75,5 Grad liegt er aber noch immer im gemäßigten Bereich. Gerade auf dem hart umkämpften Markt der high-end All Mountain Bikes lesen sich die Geometrietabellen so mancher Mitbewerber deutlich progressiver. Im Vergleich dazu, sitzt der Pilot auf dem Pivot weit hinten. Zusammen mit dem hohen Cockpit, den kurzen Kettenstreben und dem leichten Wegsacken des Hinterbaus, macht das an steilen Rampen aus dem Switchblade leider keinen Musterschüler.
Anders als zum Beispiel Merida oder Ghost kombiniert Pivot kurze Sitzrohre und einen langen Reach eben nicht mit einem außerordentlich steilen Sitzwinkel um 78 oder gar 79 Grad. Bei der Größenwahl ist auch deshalb Fingerspitzengefühl gefragt. Während das 430 Millimeter kurze Sitzrohr mit dem 477 Millimeter langen Reach und den 200 Millimetern Verstellbereich der Variostütze klassischen L-Fahrern gut passt, könnten die verlängerten Reach-Werte auch größere Fahrer ansprechen. Diese treten bei einem großen Sattelauszug aber noch weiter von hinten. Mit 14,5 Kilo fällt das Gewicht des Switchblade im Abgleich mit Bikes der gleichen Federwegsklasse erfrischend niedrig aus - und das trotz solidem Exo+-Pannenschutz vorne und hinten.
Ähnlich dem Dave-Weagle-Hinterbau am Ibis HD6 hat spielt das sensible Heck des Pivot Switchblade vor allem bergab seine Trümpfe aus. Auf abwechslungsreichen Trails ist das fluffige Fahrwerk eine absolute Bank, filtert auch kleine Unebenheiten sensibel aus dem Untergrund heraus und reagiert schnell auf große Stöße. Gleichzeitig besitzt das aktive Fahrwerk beim Spiel mit dem Trail einen angenehmen Gegenhalt. Der 142-Millimeter-Hinterbau funktioniert derart gut, dass er auch mit der deutlich längeren Gabel problemlos mithalten kann - Qualität statt Quantität! Ohne Dysbalancen unterstützt das Fahrwerk den Biker in jeder Downhill-Situation optimal.
Auch in Sachen Integration des Fahrers ins Bike hat Pivot den Nagel auf den Kopf getroffen. Der Pilot steht herrlich zentral im Bike, was zusammen mit dem kompakten Heck und der niedrigen Überstandshöhe ein gefälliges Handling begünstigt. Intuitiv lässt sich das Switchblade auf die kurzen Kettenstreben ziehen und auch auf der Jumpline fühlt sich das Bike wohl. Geschmeidig geht das Pivot durch enge Kehren.
Etwas nervöser wird es dann bei grobem Gehacke mit viel Speed und schnellen Steilabfahrten. Im Vergleich mit anderen All Mountain Bikes steht der Lenkwinkel auch in der flachen Flip-Chip-Einstellung und trotz langer Gabel mit 65,5 Grad eher steil. Zwar kann das gute Fahrwerk in solchen Grenzsituationen Unsicherheiten kaschieren, insgesamt wirkt die Geo dann aber etwas “oldschool”.
Auch bergab lässt sich nicht leugnen: Die Front des Pivot Switchblade baut hoch! Mit 644 Millimetern ist der Stack-Wert von der großen Sorte. Dazu lässt Pivot nicht nur viele Spacer auf dem Gabelschaft, sondern verbaut auch einen Vorbau mit Rise. Racern und sportlichen Abfahrern, die gerne viel Druck auf die Front bringen, ist das zu viel des Guten. Überschlagsgefühle bleiben dafür auch bei hochprozentigem Gefälle aus. Zudem brauchen Fahrer mit verspieltem Fahrstil nur kurz am Cockpit ziehen, um das Bike aufs Hinterrad zu bewegen.
Die Ausstattung des Pivot Switchblade Pro X0 AXS fällt durchgängig hochwertig-funktional aus, verstrahlt- gemessen am stolzen Preis - aber nicht ganz so viel Glanz, wie erhofft. Noch etwas kritischer ausgedrückt: Dieselbe Ausstattung bieten andere Hersteller bereits an gut 3000 Euro günstigeren Carbon-Fullys. Nervig: Die Fox Transfer Factory Vario-Stütze entwickelte früh im Test deutliches Spiel in allen Richtungen und machte sich durch lautstarkes Klappern am ansonsten schön leisen Bike bemerkbar.
Mit einem erstklassigen Fahrwerk der obersten Güte und einem unkomplizierten Handling weiß das Pivot Switchblade in vielen Situationen zu gefallen. Die Ausnahme bildet das Erklimmen steiler Rampen. Dann erscheint der Hinterbau zu unruhig und der Sitzwinkel immer noch zu konservativ. Insgesamt liegen die Stärken des Pivots weniger auf ausschweifender Tour und mehr in verspielten Fahrmanövern bergab. Im Vergleich zur starken All Mountain-Konkurrenz ist der Fahrspaß top, der Preis leider flop.