Merida eOne-Sixty SL 8000 im TestIst dieses leichte E-Bike der ideale Trail-Kumpel?

Florentin Vesenbeckh

 · 25.04.2025

Das Merida eOne-Sixty SL ist nicht nur das erste Light-E-MTB der Marke, sondern auch das erste E-Bike mit Bosch-Motor von Merida.
Foto: Max Fuchs
Auf Du und Du mit dem Gelände, ob Flowtrail oder Downhill-Piste: Das neue Merida eOne-Sixty SL 8000 will mit robustem Setting und breitem Einsatzbereich punkten. Ob das Konzept des ersten Light-E-MTBs der Marke aufgeht?

E-Mountainbikes von Merida kommen mit Shimano-Motor. Das war viele Jahre gesetzt. Ende 2024 brachten die Magstadter Entwickler einen neuen Motorenlieferanten und damit Farbe ins Spiel: Mit dem eOne-Sixty SL rollte das erste Merida mit Bosch-Motor vom Band. Zeitgleich stand mit dem dicken Super-Enduro eOne-Eighty ein E-Bike mit Bosch CX an der Startlinie. Also ein neuer Motorenlieferant.

An anderer Stelle soll das eOne-Sixty SL jedoch genau dort anknüpfen, wo die E-MTBs von Merida seit jeher ihre Stärken haben. Denn das eOne-Sixty stellt traditionell Abfahrtsspaß und ein gutes Handling an erste Stelle. Entsprechend verwundert es etwas, dass der taiwanesische Hersteller erst jetzt auf den Light-Trend aufspringt, wo diese Tugenden besonders punkten können.

Das Merida eOne-Sixty SL ist nicht nur das erste Light-E-MTB der Marke, sondern auch das erste E-Bike mit Bosch-Motor von Merida.Foto: Max FuchsDas Merida eOne-Sixty SL ist nicht nur das erste Light-E-MTB der Marke, sondern auch das erste E-Bike mit Bosch-Motor von Merida.

Die Fakten zum Merida eOne-Sixty SL 8000

  • Motor: Bosch Performance SX, 55 Nm max. Drehmoment
  • Akku: 400 Wh (fest verbaut)
  • Rahmenmaterial: Carbon
  • Federweg: 160 / 160 mm
  • Laufradgröße: 29 Zoll (Option auf kleines Hinterrad)
  • Rahmengrößen: S, M, L, XL
  • Preis: 8499 Euro
  • Gewicht: 20,19 kg (Testbike in Größe L, EMTB-Messung)
  • Max. Systemgewicht: 140 kg
  • Garantie: lebenslang

Im Video: BIKE checkt das eOne-Sixty SL 8000

Der E-Antrieb: Spritzige SX-Power

Der Performance SX von Bosch ist für Light-Verhältnisse sehr leistungsstark. Seine volle Power setzt er aber nur bei sehr hohen Trittfrequenzen frei. Der Antrieb ist besonders dynamisch, denn der Motor reagiert extrem sensibel und spritzig auf den Tretimpuls des Fahrers.

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Der SX-Motor bringt für Light-Verhältnisse eine hohe Spitzenleistung. Bei hoher Trittfrequenz zieht er stark an. Das macht sein Fahrverhalten angenehm dynamisch und sehr spritzig. Top Modulation.Foto: Max FuchsDer SX-Motor bringt für Light-Verhältnisse eine hohe Spitzenleistung. Bei hoher Trittfrequenz zieht er stark an. Das macht sein Fahrverhalten angenehm dynamisch und sehr spritzig. Top Modulation.

Das Aggregat wird vom kompakten Compact Tube-Akku mit 400 Wattstunden angetrieben. Der ist fest im Unterrohr verbaut und kann weder zum Laden noch Wechseln auf Tour herausgenommen werden. Wie bei den meisten Light-Bikes bleibt für mehr Flexibilität nur der Griff zum Range Extender. Bei Bosch gibt’s 250 Wattstunden extra, als kompaktes Paket für die Flaschenhalteraufnahme.

Die Klappe der Ladebuchse liegt flach an. So ist sie aus dem Weg, wenn der Range Extender angeschlossen ist.Foto: Max FuchsDie Klappe der Ladebuchse liegt flach an. So ist sie aus dem Weg, wenn der Range Extender angeschlossen ist.Das neue Bosch-Display Purion 400 sitzt gut geschützt hinter dem Lenker und bietet viel Information bei unaufdringlicher Optik. Als Gehirn des Antriebs fungiert der Systemcontroller im Oberrohr.Foto: Max FuchsDas neue Bosch-Display Purion 400 sitzt gut geschützt hinter dem Lenker und bietet viel Information bei unaufdringlicher Optik. Als Gehirn des Antriebs fungiert der Systemcontroller im Oberrohr.Bedient wird das System über die kabellose Mini-Remote am Lenker.Foto: Max FuchsBedient wird das System über die kabellose Mini-Remote am Lenker.

Grenzgänger: Enduro oder All Mountain?

Weniger eindeutig als die Antriebskategorie “Light” fällt das Chassis des eOne-Sixty SL aus: 160 Millimeter Federweg an Front und Heck, 29er-Laufräder und eine lange wie flache Geometrie zielen in die Enduro-Ecke. Bei der Ausstattung wird die Abfahrtskarte aber nicht in allen Registern konsequent gezogen: 36er-Gabeln, Verzicht auf die ganz dicken Dämpfer à la Rockshox Vivid und Fox X2, sowie Reifen mit der nur mäßig robusten Karkasse Exo+.

Vorteil: So bleibt das eOne-Sixty SL etwas leichter als die meisten Vollgas-Enduros mit Light-Antrieb (Hier geht´s zum Test-Duell der heißen Light-Enduros Trek Slash+ und YT Decoy SN!). Unser Testbike, das zweitteuerste Modell eOne-Sixty SL 8000, bringt 20,2 Kilo auf die Wage. Von den Rekordgewichten manch leichter Trail-E-Bikes ist es damit deutlich entfernt.

Die Heckfederung setzt auf flexende Streben und kommt ohne Gelenk im Hinterbau aus.Foto: Max FuchsDie Heckfederung setzt auf flexende Streben und kommt ohne Gelenk im Hinterbau aus.

Schuld am eher hohen Gewicht ist neben der voll trail-tauglichen Ausstattung auch der Rahmen, der nicht ultimativ auf Leichtbau getrimmt wurde. 2,9 Kilo geben die Entwickler an. Das ist deutlich mehr als bei mancher Konkurrenz, wie etwa einem Orbea Rise M, einem Canyon Spectral:Onfly oder einem Cube AMS Hybrid One44.

Und das, obwohl Merida als einzige dieser Marken auf ein gewichtsoptimiertes Federungsdesign mit flexenden Sitzstreben setzt. Auf ein zusätzliches Gelenk zwischen Sitz- und Kettenstreben wird also verzichtet. Dafür steht das Chassis mit einer Freigabe für die ASTM-Kategorie 4 bei 140 Kilo maximalem Systemgewicht sehr gut im Saft. Das schafft Vertrauen und macht den Weg auch für schwerere Piloten frei.

Die Züge laufen sauber integriert durch den Steuersatz. Ein Traum für Style-Aficionados - weniger genüsslich bei Service-Arbeiten.Foto: Max FuchsDie Züge laufen sauber integriert durch den Steuersatz. Ein Traum für Style-Aficionados - weniger genüsslich bei Service-Arbeiten.

Die Geometrie

Das Chassis des neuen eOne-Sixty SL ist durchaus aggressiv gezeichnet. Langer Reach, flacher Lenkwinkel und moderat lange Kettenstreben ergeben einen üppigen Radstand. Das begünstigt die Laufruhe und lässt das Bike sicher und zielstrebig über den Trail gleiten. Durch den steilen Sitzwinkel fällt die Sitzposition eher kompakt aus. Die Klettereigenschaften begeistern. Auffällig ist der niedrige Stack, der die Lenkzentrale tief positioniert.

BIKE-Messwerte im Überblick (Rahmengröße L)

  • Sitzrohrlänge: 442 mm
  • Radstand: 1285 mm
  • Reach: 482 mm
  • Stack: 631 mm
  • Lenkwinkel: 63,7 Grad
  • Sitzwinkel: 77,3 Grad
  • Kettenstrebenlänge: 449 mm
Wer diesen Flipchip umbaut, kann das Bike auch mit 27,5er-Hinterrad fahren, ohne die Geometrie zu beeinflussen.Foto: Max FuchsWer diesen Flipchip umbaut, kann das Bike auch mit 27,5er-Hinterrad fahren, ohne die Geometrie zu beeinflussen.Trotz Spacern unter dem Vorbau bleibt die Front tief. Ein Riser-Lenker kann Abhilfe schaffen.Foto: Max FuchsTrotz Spacern unter dem Vorbau bleibt die Front tief. Ein Riser-Lenker kann Abhilfe schaffen.

Die Ausstattung des Merida eOne-Sixty SL 8000

Das Merida eOne-Sixty SL 8000 geht für 8499 Euro über die Ladentheke, ist damit aber noch nicht das Topmodell der Reihe. Entsprechend bleibt bei der Ausstattung Luft nach oben. Carbon-Parts sucht man vergeblich, ebenso ein Fahrwerk der höchsten Güte.

Doch die Rockshox Lyrik Select+ hat schon die Top-Dämpfungstechnologie der Ultimate-Reihe an Bord. Auch die Sram GX Transmission und die 1700er-Laufräder von DT Swiss halten funktional mit ihren High-End-Varianten mit. Srams günstige BD8-Bremsen können im Highend-Kontext hingegen nicht begeistern.

Unter dem Sattel steckt ein Mini-Tool mit dem nötigsten Werkzeug. Leider ist die Handhabung hakelig, auch durch den positionsbedingten Dreckbeschuss.Foto: Max FuchsUnter dem Sattel steckt ein Mini-Tool mit dem nötigsten Werkzeug. Leider ist die Handhabung hakelig, auch durch den positionsbedingten Dreckbeschuss.Die Rockshox Lyrik Select+ hat bereits die Dämpfungstechnologie der Topgabel aus der Ultimate-Baureihe intus.Foto: Max FuchsDie Rockshox Lyrik Select+ hat bereits die Dämpfungstechnologie der Topgabel aus der Ultimate-Baureihe intus.
  • Gabel / Dämpfer: Rockshox Lyrik Select+ / Superdeluxe Select+
  • Schaltung: Sram GX Eagle Transmission
  • Bremsen: Sram DB8
  • Laufräder: DT Swiss HX 1700
  • Reifen: Maxxis Assegai Maxxgrip / DHR II Exo+, 29 x 2,4“
  • Sattelstütze / Hub: Merida Comp TR II / 200 mm
  • Besonderheiten: Mini-Tool am Sattel, Tube-Mount, 27,5er-Hinterrad möglich
Die Sram GX Transmission Funkschaltung ist per Kabel mit dem E-Bike-Akku verbunden. So muss kein zusätzlicher Akku geladen werden.Foto: Max FuchsDie Sram GX Transmission Funkschaltung ist per Kabel mit dem E-Bike-Akku verbunden. So muss kein zusätzlicher Akku geladen werden.Die DB8 von Sram verzögert ordentlich. Spätestens Haptik und Anmutung der günstigen Bremse passen aber nicht zu einem Bike der 8000-Euro-Klasse.Foto: Max FuchsDie DB8 von Sram verzögert ordentlich. Spätestens Haptik und Anmutung der günstigen Bremse passen aber nicht zu einem Bike der 8000-Euro-Klasse.Die Stütze mit 200 mm Hub sorgt für massig Bewegungsfreiheit und ist im L-Rahmen komplett versenkbar. Das ist top!Foto: Max FuchsDie Stütze mit 200 mm Hub sorgt für massig Bewegungsfreiheit und ist im L-Rahmen komplett versenkbar. Das ist top!

Bei der Konkurrenz gibt’s für 8500 Euro teils deutlich mehr Glanz und Bling-Bling-Faktor. Merida spielt hier in einer Liga mit Highend-Marken wie Specialized, Trek oder Santa Cruz. Aber welche Parameter prägen das Bike im Praxiseinsatz?

Praxistest: So fährt sich das Merida eOne-Sixty SL 8000

Die progressive Geometrie fällt sofort auf, wenn man auf dem eOne-Sixty SL Platz nimmt. Der steile Sitzwinkel positioniert den Fahrer weit vorne. Trotz des langen Reachs ist die Sitzposition kompakt. Durch die tiefe Front kommt zusätzlich Druck aufs Vorderrad. Das macht sich in steilen Anstiegen bezahlt. Hier klebt das Vorderrad nahezu am Boden, und das Bike folgt Lenkbewegungen sehr präzise. Die langen Kettenstreben verstärken diesen Effekt noch. Für ein Bike der Light-Kategorie klettert das Merida erstklassig.



Im Uphill ist das eOne-Sixty SL richtig stark.Foto: Max FuchsIm Uphill ist das eOne-Sixty SL richtig stark.

Dabei hilft auch der spritzig starke Schub des Bosch SX. Solange man im Anstieg die Trittfrequenz hochhalten kann, geht’s locker Meter um Meter nach oben. Uphill-Flow? Check! Im Segment der Light-Bikes wird man kaum einen stärkeren Kletterer finden, als das eOne-Sixty SL. Auf längeren Flachpassagen zeigt die extreme Sitzposition allerdings ihre Kehrseite. Dann lastet recht viel Druck auf den Handgelenken, was nicht gerade den Komfort fördert.

Das eOne-Sixty SL im Downhill

Auch bergab drückt die lange Geometrie dem Bike ihren Stempel auf. Langer Radstand, flacher Lenkwinkel: So fühlt sich das Merida bei hohen Geschwindigkeiten wohl. Durch das ebenfalls recht lange Heck ist das Handling betont ausgewogen und gutmütig. Auch ohne allzu aktive Fahrweise bekommt das Vorderrad, unterstützt durch die tiefe Lenkzentrale, ordentlich Druck. Wird es steil und ruppig, könnte eine höhere Front noch mehr Sicherheit vermitteln. Denn selbst mit allen Spacern unter dem Vorbau sitzt der Lenker eher niedrig. Mehr Rise kann hier Abhilfe schaffen.

Anspruchsvolle Abfahrten nimmt das Merida eOne-Sixty SL recht gelassen. Doch im steilen Gelände könnte eine höhere Front mehr Sicherheit verleihen.Foto: Max FuchsAnspruchsvolle Abfahrten nimmt das Merida eOne-Sixty SL recht gelassen. Doch im steilen Gelände könnte eine höhere Front mehr Sicherheit verleihen.Das superweiche Maxxgrip-Gummi am Vorderreifen von Maxxis gibt in schwierigen Abfahrten viel Sicherheit.Foto: Max FuchsDas superweiche Maxxgrip-Gummi am Vorderreifen von Maxxis gibt in schwierigen Abfahrten viel Sicherheit.

Sonst fühlt sich das Bike im abwechslungsreichen Trail-Gelände wohler als auf richtig fiesen Enduro- und Downhill-Tracks. Das Fahrwerk kann mit angenehmem Gegenhalt und ordentlicher Traktion auf dem Trail punkten. Wenn die Schläge größer werden, kann es aber nicht mit der Schluckfreude ausgewachsener Enduros mithalten.

Ausgewachsene Light-Enduros, wie die beiden Duellanten von Trek und YT (hier im Test!) vermitteln zum Beispiel deutlich mehr Enduro-Feeling. Dafür bleibt das Merida etwas direkter im Handling und bietet mehr Feedback auf flowigen Trails. Wer nicht vornehmlich auf wirklich steilen und ruppigen Tracks unterwegs ist, profitiert von dem lebhafteren Handling.

Geht man sparsam mit dem Akku um, oder montiert den optionalen Range-Extender, ist das gutmütige eOne-Sixty SL perfekt für Abenteuer im alpinen Gelände geeignet.Foto: Max FuchsGeht man sparsam mit dem Akku um, oder montiert den optionalen Range-Extender, ist das gutmütige eOne-Sixty SL perfekt für Abenteuer im alpinen Gelände geeignet.

Ist das Merida eOne-Sixty SL also Enduro oder All Mountain? Für unseren Geschmack trifft das Light-Bike genau die Mitte. Gemacht für Trails, die gerne auch mal anspruchsvoller ausfallen dürfen. Angenehm: Das Bike bleibt bergauf und bergab auffällig leise, das Klappern des SX-Motors fällt dezent aus.

BIKE-Bewertung des Merida eOne-Sixty SL 8000

Stärken

  • ausgewogenes Handling
  • hohe Fahrsicherheit
  • stark im Uphill
  • breiter Einsatzbereich
  • stimmige Detaillösungen und gute Verarbeitung

Schwächen

  • Akku fest verbaut
  • mäßige Ausstattung
  • kein Rekordgewicht
Die Stärken und Schwächen des Merida eOne-Sixty SL im Überblick.Foto: BIKE MagazinDie Stärken und Schwächen des Merida eOne-Sixty SL im Überblick.

Das BIKE Fazit zum Merida eOne-Sixty SL 8000

Das Merida eOne-Sixty SL ist ein ausgewogenes und stimmiges Light-E-Bike, das sich keine echten Schwächen leistet. Es trifft die goldene Mitte zwischen Enduro und All Mountain und eignet sich für viele Fahrertypen. Gewicht und Ausstattung sind, gemessen am Preis, wenig glanzvoll. Das hindert das Bike nicht daran, auf dem Trail massig Fahrspaß auszugießen. Top sind Verarbeitung und einige individuelle Detaillösungen. - Florentin Vesenbeckh, stv. Chefredakteur BIKE
Florentin Vesenbeckh ist stv. Chefredakteur beim BIKE MagazinFoto: Max FuchsFlorentin Vesenbeckh ist stv. Chefredakteur beim BIKE Magazin

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