Merida eOne-Sixty SL 6000 Light-E-Bike im TestMulti-Tool mit Premium-Anspruch

Das Merida eOne-Sixty SL will leichter Vollcarbon-Flitzer und praktischer Trail-Begleiter sein. Ob der Spagat gelingt?
Foto: Max Fuchs
Mit Marzocchi-Fahrwerk, jede Menge praktischer Features und attraktivem Preis-Leistungsverhältnis will Meridas Light-E-MTB mehr als nur ein gutes Trail-Bike sein. Wir haben das kletterstarke Carbon-Bike mit Bosch SX getestet.

​Die meisten Light E-MTBs zielen auf kompromisslosen Trail-Einsatz und glänzen nicht unbedingt mit hohem Alltagsnutzen. Anders das Merida. Unter dem Sattel und in der Hinterradachse transportiert das eOne-Sixty SL gleich zwei Tools. Vor dem Dämpfer kann ein Ersatzschlauch, am Hinterbau eine Verlängerung des ab Werk verbauten Schutzblechs montiert werden.

Als einziges Bike in unserem Light-Vergleichstest nimmt es eine extragroße Ein-Liter-Trinkflasche auf. Am Lenker informiert das kleine Bosch-Display über die wichtigsten Fahrdaten. Ein Flipchip ermöglicht den Wechsel auf ein kleines 27,5-Zoll-Hinterrad und ein Lenkanschlagsbegrenzer beugt Beschädigungen des Oberrohrs vor.

Der makellos verarbeitete Rahmen strotzt nur so vor Details! Besonders kleine und große Größen und eine lebenslange Garantie auf den Rahmen gibt’s noch on top. Wer sich jetzt verliebt hat: Statt in Rot verkauft Merida das SL 6000 in Deutschland nur mit sandfarbenem Lack.

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Merida eOne-Sixty SL 6000: Bosch SX // 400 Wh // 160/160 mm // 29 Zoll // 20,5 kg // 5999 Euro.Foto: Max FuchsMerida eOne-Sixty SL 6000: Bosch SX // 400 Wh // 160/160 mm // 29 Zoll // 20,5 kg // 5999 Euro.

​Merida eOne-Sixty SL 6000: Die Fakten

  • Motor: Bosch SX, 60 Nm max. Drehmoment
  • Akku: 400 Wh (fest verbaut)
  • Rahmenmaterial: Carbon
  • Federweg: 160/160
  • Laufradgröße: 29 Zoll
  • Rahmengrößen: XS, S, M, L, XL
  • Preis: 5999 Euro
  • Gewicht: 20,5 kg (Testbike in Größe L, EMTB-Messung)
  • Max. Systemgewicht: 140 kg
  • Garantie: lebenslang

​Bosch SX voll integriert

Im Merida steckt Boschs Light Motor SX, der gerade durch ein Firmware-Update auf 60 Nm in der Spitze aufgebohrt wurde. Merida kombiniert den SX mit dem üblichen 400er Akku, der fest verbaut im Rahmen steckt. Für mehr Reichweite kann man auf den Range-Extender Powermore mit 250 zusätzlichen Wattstunden zurückgreifen. Die wichtigsten Infos zeigt die Kombination aus Purion 400 Display und System Controller an.

Der Motor steckt sehr eingepackt unten im Tretlager. Auf langen Anstiegen wird der SX leider leicht heiß und drosselt dann die Leistung.Foto: Max FuchsDer Motor steckt sehr eingepackt unten im Tretlager. Auf langen Anstiegen wird der SX leider leicht heiß und drosselt dann die Leistung.Im Oberrohr steckt der System-Controller, zusätzlich gibt's ein Purion 400 Display. Der Umbau auf das neue Kiox 400 C wäre möglich.Foto: Max FuchsIm Oberrohr steckt der System-Controller, zusätzlich gibt's ein Purion 400 Display. Der Umbau auf das neue Kiox 400 C wäre möglich.

Eine Besonderheit bei Meridas Konstruktion: Der Motor wird wie bei Canyons Neuron:Onfly durch ein vollständig umschließendes Cover optisch komplett in den Rahmen integriert. Der Bosch SX Motor kann Wärme so schlechter nach außen ableiten und überhitzt so bei langen Anstiegen im Vollgas noch etwas schneller, als ohnehin schon. Kein Problem im Touren-Modus, in langen steilen Alpen-Anstiegen im Turbo-Modus spürt man es aber.

Der Marocchi-Dämpfer kommt mit Ausgleichsbehälter und einstellbarer, wenn auch nicht gerasterter Druckstufe. Alles andere als üblich in dieser Preisklasse.Foto: Max FuchsDer Marocchi-Dämpfer kommt mit Ausgleichsbehälter und einstellbarer, wenn auch nicht gerasterter Druckstufe. Alles andere als üblich in dieser Preisklasse.

Die Ausstattung des Merida eOne-Sixty SL 6000

Pünktlich für unseren Test hat Merida den Preis angepasst. Eigentlich kostete das SL 6000 400 Euro mehr. Die Ausstattung ist trotzdem gleich geblieben: Hochwertiger Vollcarbon-Rahmen, durchgängig funktionale Deore-Parts und ein besonders griffiger Vorderreifen funktionieren auf dem Trail top. Das Marzocchi-Fahrwerk bietet eine gelungene Alternative zu den Platzhirschen Fox und Rockshox. Gerade die Gabel ist sehr sensibel im Ansprechverhalten, der Dämpfer bietet einen Ausgleichsbehälter und eine einstellbare Druckstufe. In dieser Preisklasse keineswegs selbstverständlich.

  • Gabel / Dämpfer: Marzocchi Bomber Z1 / Bomber Air
  • Schaltung: Shimano Deore (12-fach)
  • Bremsen: Shimano Deore Vierkolben 220 / 200 mm
  • Laufräder: Merida Expert TR II
  • Reifen: Maxxis Assegai MaxxGrip / DHR II Exo+, 29 x 2,50 / 2,40
  • Besonderheiten: Tool an Sattel und Achse, Flip-Chip für 27,5 Zoll Hinterrad, XS-Größe
Durch einen Flipchip in der Sitzstrebe ist das Merida auch mit einem kleinen Hinterrad kompatibel. Ab Werk kommt das Bike aber immer in 29 Zoll.Foto: Max FuchsDurch einen Flipchip in der Sitzstrebe ist das Merida auch mit einem kleinen Hinterrad kompatibel. Ab Werk kommt das Bike aber immer in 29 Zoll.

Die Geometrie: Darfs kurz oder lang sein?

Von klassischen Geometrien à la S bis XL hat sich Merida schon seit längerem verabschiedet. Stattdessen soll man sich das Bike nach der passenden Länge aussuchen. Durch besonders kurze Sitzrohre und lange Tele-Stützen gibt’s hier viel Flexibilität für persönliche Vorlieben. Die Kettenstreben bleiben über alle Rahmengrößen gleich, die Front fällt eher tief aus. Beim Topmodell montiert Merida deswegen einen Lenker mit viel Rise. Der hätte unserem Testbike auch nicht geschadet.

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Praxistest: So fährt sich das Merida

Noch eine Spezialität versteckt sich im Merida-Chassis: Anstelle eines zusätzlichen Gelenks arbeitet das Fahrwerk über flexendes Carbon am Hinterbau. Auf dem Trail funktioniert der sogenannte „Flex-Pivot“ anständig, wurde von unseren Testern jedoch nicht als ausgewiesen komfortabel wahrgenommen. Zwar bieten die langen, schluckfreudigen Federelemente hohe Reserven. Der Hinterbau lässt im Vergleich zu den Testkonkurrenten Mondraker Sly und Propain Sresh SL aber das letzte Quäntchen Sensibilität vermissen.

Statt Horst-Link setzt der Viergelenker im Merida auf flexende Sitzstreben.Foto: Max FuchsStatt Horst-Link setzt der Viergelenker im Merida auf flexende Sitzstreben.

Gleichzeitig liefert er nicht ganz den definierten Support eines Canyon Spectral:On fly oder Propain Sresh SL. Die Laufruhe in der Abfahrt sticht da schon mehr heraus. Der Fahrer wird ausgewogen Integriert, die Geo schafft viel Sicherheit und das Bike lässt sich bei jedem Tempo unkompliziert steuern. Robust und griffig liegen die Maxxis-Reifen auf der Piste. Mit ihren großen Scheiben verzögern auch die günstigen Shimano-Bremsen ordentlich. Das bekannte Getriebeklappern des Bosch-Antriebs geht aber schon in der Garage an die Nerven. Bei spritzigen Manövern und in steilem Gelände hemmen das flache Cockpit und das hohe Laufradgewicht. Schnelle und direkte Linien mit hohem Tempo sind eher die Stärke des Merida, als verspieltes Trail-Gewusel.

Auf Tour ist das Merida ein zuverlässiger und unkomplizierter Partner.Foto: Max FuchsAuf Tour ist das Merida ein zuverlässiger und unkomplizierter Partner.Tief über den Lenker gebeugt und mit Schwung gefahren ist das Merida in seinem Element. Spielen mag es weniger.Foto: Max FuchsTief über den Lenker gebeugt und mit Schwung gefahren ist das Merida in seinem Element. Spielen mag es weniger.

Handling auf Autopilot?

Vor allem bei hohen Kadenzen treibt der Bosch das Merida vehement gen Gipfel. Dazu passt die frontlastige Sitzposition. Das kurze Steuerrohr schiebt das Fahrergewicht zusätzlich Richtung Steuerzentrale. Das Vorderrad bleibt beim Klettern stets am Boden, wodurch sich das Bike mühelos unter Kontrolle halten lässt. Selbst in steilen Schlüsselpassagen muss sich der Pilot des eOne-Sixty SL nicht verbiegen. Motor und Geometrie nehmen ihm im Uphill viel Arbeit ab. Bei geringen Trittfrequenzen wünschten wir uns mehr Leistung vom SX-Motor, ein Firmware Update auf 60 Nm hat aber gerade Besserung versprochen. Im Standardtrimm muss man jedenfalls die Trittfrequenz immer bewusst hoch halten. In technischen Sektionen ist das nicht immer praktikabel.

Im Uphill kommt mit moderner Geometrie und spritzigem Bosch-Motor viel Freude auf.Foto: Max FuchsIm Uphill kommt mit moderner Geometrie und spritzigem Bosch-Motor viel Freude auf.

BIKE-Bewertung des Merida eOne-Sixty SL 6000

Stärken

  • Detailfülle und lebenslange Garantie
  • Uphill-Handling mit starkem Motor
  • mehr Fahrsicherheit ...

Schwächen

  • ... als Fahrspaß
  • Tiefe Front
  • Motorklappern
Durch den extrem steilen Sitzwinkel sitzt man kompakt, der 400er Akku liefert eine Light-übliche Reichhöhe. Die integrierte Zugführung schlägt sich in der Servicefreundlichkeit nieder.Foto: BIKE TestabteilungDurch den extrem steilen Sitzwinkel sitzt man kompakt, der 400er Akku liefert eine Light-übliche Reichhöhe. Die integrierte Zugführung schlägt sich in der Servicefreundlichkeit nieder.Das Merida eOne-Sixty SL 6000 hat klare Stärken im Uphill, spielen mag es dafür weniger.Foto: BIKE TestabteilungDas Merida eOne-Sixty SL 6000 hat klare Stärken im Uphill, spielen mag es dafür weniger.

BIKE-Fazit

Merida schnürt ein stimmiges, vielseitiges Light-Paket inklusive praktischer Details. Bergauf fährt das sportiv abgestimmte Bike mit dem kraftvollen Motor an die Spitze. Auf dem Trail können Hinterbau und Spielfreude nicht restlos überzeugen. Vom Charakter her mehr Racer mit Touren-Kompetenz als leichtfüßiger Trail-Akrobat. Wer mag, kann dem Spieltrieb mit kleinem Hinterrad und höherer Front etwas nachhelfen. - Adrian Kaether, Redakteur Test & Technik
Adrian Kaether ist Redakteur für Test & Technik bei BIKE.Foto: Georg GrieshaberAdrian Kaether ist Redakteur für Test & Technik bei BIKE.

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