Florentin Vesenbeckh
· 18.09.2024
Specialized: 14.000 Euro, Focus: 10.999 Euro, Cube: 8999 Euro. Wir müssen zugeben, dass die Preisschilder an unseren Testbikes im Segment der Light-E ‐MTBs zuletzt meist in schwindelerregenden Höhen waberten. Klar: Gerade bei den leichten Flitzern kommt es auf jedes Gramm an – und ohne Edel-Ausstattung kein Topgewicht. Derart durchgestylt schwebten die Bikes auf dem Trail in neue Sphären. Leichtfüßig, spritzig, agil – der Traum eines jeden Bikers.
Doch was passiert mit dem Fahrverhalten, wenn die leichten, teuren Carbonparts schnöden Komponenten aus den unteren Regalreihen weichen und die Traumgewichte in die Höhe wachsen? Diese Frage konnten auch wir im Redaktionsteam lange kaum beantworten. Bis jetzt! Denn in diesem Vergleichstest haben wir den günstigeren Light-E ‐MTBs auf den Zahn gefühlt.
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Die Fakten zu den 7 Kandidaten gibt´s in der Bildergalerie im Überblick:
Ob 5600 bis 6600 Euro wirklich „günstig“ sind, sei mal dahingestellt. Aber in diesem Rahmen bewegen sich nun mal die meisten Einstiegsmodelle der Light-Kategorie. Viel Budget fließt aus Gewichtsgründen in Vollcarbonrahmen. In unserem Testfeld sind sechs der sieben Hauptrahmen und Hinterbauten aus Kohlefaser gefertigt. Nur die High-End-Marke Specialized stellt das Levo SL mit Alu-Chassis in die Shops. Erst so schafft es der Klassiker überhaupt in unser Preislimit von 6600 Euro. Marken wie Santa Cruz, Mondraker, Simplon und sogar Haibike und Stevens bieten ihre Light-E ‐MTBs erst für noch mehr Geld an.
Und wie viel „Light“ bleibt bei der Einstiegsklasse übrig? 19,8 Kilo haben unsere Kandidaten im Schnitt auf den Rippen. Cubes AMS One44 TM ist nochmal rund 1,5 Kilo leichter als der Schnitt, das ist eine Ansage! Auch die Laufräder des AMS One44 sind superleicht, trotz robuster Reifen. Das spürt man auf dem Trail. Bulls, Conway und Focus bleiben mit entnehmbaren Akkus konkurrenzfähig. Schön zu sehen: Keiner der Kandidaten leidet unter fiesem Übergewicht. Auch das Levo SL kann trotz Alu-Rahmen mithalten. In den schweren Laufrädern von Focus und Conway wartet Tuning-Potenzial fürs Gesamtgewicht und ein spritzigeres Handling.
Mit einem Durchschnittsgewicht von knapp 20 Kilo fehlt einiges zu den Fabelgewichten, mit denen die Hersteller die Werbetrommel rühren. Doch im Vergleich zu klassischen E ‐All-Mountains in derselben Preisklasse ist das noch immer richtig leicht. 24,3 Kilo wogen unsere Topseller unter 6000 Euro in unserem Test “8 All Mountain E-Bikes bis 6000 Euro”. Das sind 4,5 Kilo mehr. Pfunde, die man beim Handling der Bikes massiv spürt! Wir waren überrascht, wie intuitiv und leichtfüßig die leichteren Flitzer über dieselbe Teststrecke sausten, die wir zwei Monate zuvor mit den klassischen Power-E ‐MTBs gefahren sind.
Wow, diese Bikes machen richtig Spaß! Mit einem Durchschnittsgewicht von knapp 20 Kilo fahren sich die Light-E ‐MTBs aus dieser Testgruppe durch die Bank auf dem Trail viel spaßiger und handlicher als Bikes der Power-Klasse. Das hat mich positiv überrascht. Wer Light-Feeling will, muss keine fünfstellige Summe ausgeben! - Adrian Kaether, Testredakteur
Jedem einzelnen Light-Bike merkt man die fehlenden Pfunde ganz klar an. Agiler, spritziger, leichtfüßiger – das erhöht den Fahrspaß. Doch auch im Uphill ist der Unterschied massiv. Steile Schlüsselstellen benötigen viel mehr Einsatz und Präzision, wenn die Souveränität des Motors fehlt. Und auch die Akku-LEDs schwinden im Zeitraffer, wenn man es mit klassisch bestückten Power-Bikes vergleicht. Zwei Punkte, die man nicht wegdiskutieren kann. So bleibt die Frage nach Light oder Power eine klare Frage der Prioritäten und des Einsatzszenarios.
Der kleine Bosch hat eine besondere Charakteristik: Bei sehr hoher Trittfrequenz schiebt er stark an, bei langsamem Tritt ist er eher schwach auf der Brust. Dadurch sehr dynamisch. An langen, steilen Anstiegen geht ihm früh die Puste aus.
Der Bosch SX macht mit seiner spritzigen Power richtig Spaß. Doch die hohe Spitzenleistung liefert er nicht immer. Bei niedriger Trittfrequenz in schweren Anstiegen ist er nicht so kräftig. Und an langen Bergen drosselt er im Turbo-Betrieb früh den Schub. Das Versprechen „volle Power bei geringem Gewicht“ kann er nur bedingt halten. Dennoch verleiht ihm seine besondere Dynamik ein extrem gutes Fahrgefühl. - Florentin Vesenbeckh, Testleiter EMTB Magazin
Der Fazua Ride 60 ist von außen kaum als E ‐Motor erkennbar, das erlaubt schlanke Rahmen. So kompakt ist kein anderer Motor in diesem Testfeld. Das Drehmoment ist deutlich kräftiger als bei Bosch und Specialized. Effizient, standfest und leise! Dürfte aber spritziger beschleunigen und etwas besser “am Fuß kleben”.
Der Giant Syncdrive ist ein klassischer Power-Motor und etwas schwerer als die Light-Kollegen. Dafür liefert er volle 85 Newtonmeter und ist bergauf spürbar souveräner unterwegs als alle anderen im Test. Top Modulation! Klappert leider bergab.
Der Specialized-Antrieb ist der Minimalist in diesem Test. Er liefert nur mäßig Drehmoment und Spitzenleistung (vergleichbar mit TQ HPR 50), schiebt dafür recht natürlich an und klappert bergab nicht störend. Sehr leicht und effizient, aber bergauf nicht ganz leise.
Ein Light-E ‐Bike kauft man nicht, weil es eine super Reichweite hat. Denn mit den kleinen Akkus kommt man auch bei geringerer Motorleistung nicht so weit wie mit groß bestückten Power-E-MTBs. Dennoch – oder gerade deshalb – ist die Reichweite bei den Minimalisten ein wichtiges Kriterium. Denn mit der begrenzten Kapazität kann es schneller eng werden, als mit dicker Batterie. Als reichweitenstärkstes System zeigt sich erneut der Fazua Ride 60 im Focus, der richtig viel Schub aus seinem 430er-Akku herausholt. Bereits in früheren Reichweitentests konnte der Fazua Ride 60 voll überzeugen.
Eine Überraschung erlebten wir bei sommerlichen Temperaturen mit dem Bosch Performance Line SX. An allen vier Bikes reduzierte der Motor bereits nach rund 10 Minuten und 200 Höhenmetern im konstanten Turbo-Betrieb seine Leistung deutlich. Alle anderen Bikes im Test absolvierten die gut 400 Höhenmeter ohne Murren und ohne spürbare Leistungseinbußen. So waren die SX-Bikes im Schnitt nicht schneller unterwegs als das nominell viel schwächere Levo SL. Wer auf die enorme Spitzenleistung des SX schielt, muss diesen Fakt beachten. Für lange Anstiege mit dem SX empfehlen wir, frühzeitig einen etwas gedrosselten Modus zu wählen, dann bleibt noch voller Schub für kurze Steilstücke.
Das Specialized Levo SL knackt trotz Mini-Batterie (320 Wh) die 1000 Höhenmeter im Turbo-Modus. Dem Giant wird seine hohe Maximalleistung zum Verhängnis. Deutlich am schnellsten bezwingt er unseren Anstieg, entsprechend schnell ist auch der 400er-Akku leer gesaugt. Besonderheit: Bei geringer Akku-Kapazität springt der Syncdrive in einen Notlauf-Modus, in dem er nur noch minimal anschiebt. So erkurbelt der Fahrer noch mal satte 300 Höhenmeter.
Oft sind es Kleinigkeiten, die über Fahrspaß oder Frust mit dem neuen Bike entscheiden. Im Test sind uns viele Details aufgefallen. Positiv wie negativ. In der Bildergalerie hier gibt es die wichtigsten Tipps, worauf ihr beim Kauf achten solltet.
Spritzig, spaßig, ausgewogen: Das Canyon Neuron:On Fly CF8 ist ein gelungener Trail-Flitzer zum richtig fairen Preis. Mit anderer Gabel und Reifen wäre im Gelände noch mehr drin! - Josh Welz, Chefredakteur EMTB Magazin
Selten waren wir uns nach einem großen Vergleichstest so einig: Das Cube AMS Hybrid One44 TM* liefert alles in allem die beste Performance! Daran hat auch die Ausstattung ihren Anteil. Während andere E-Bikes durch schwache Bremsen, Reifen oder Federelemente Potenzial verschenken, ruft das Cube ab Werk seine volle Leistung auf dem Trail ab. - Josh Welz, Chefredakteur
Dieser Test macht klar: Light-E ‐MTBs können mit Fahrspaß und top Handling überzeugen und sich dabei klar von der Power-Klasse absetzen. Und das auch in unteren Preisklassen, wo die meisten Kandidaten mit rund 20 Kilo echte Traumgewichte verfehlen. Die Charaktere der Testbikes sind sehr unterschiedlich: Von abfahrtsstarken Mini-Enduros wie dem Specialized oder Focus über spritzige Trail-Flitzer wie Cube oder Canyon bis zum gemäßigten Allround-Tourer von Bulls. Trotzdem kann sich ein Bike in Summe ganz klar absetzen: Testsieg für das Cube AMS One44 TM! - Florentin Vesenbeckh, Testleiter EMTB Magazin
Lieferprobleme, Preisklassen, Testabsagen: Nicht jedes spannende Bike hat es in unseren Vergleich geschafft. Ein Überblick über weitere Kandidaten der Light-Kategorie gibt´s hier.
Der TQ HPR 50 ist der kleinste, leiseste und leichteste E ‐MTB-Motor und damit prädestiniert für alle, die ein möglichst unauffälliges E-MTB suchen. Leider hat es kein Bike mit dem Flüsterantrieb in unseren Test geschafft – was auch am gehobenen Preisniveau des Bayern-Motors liegt. Viele Modelle starten erst in höheren Preisklassen. Für Fans von plakativer E ‐Bike-Power und Uphill-Flow ist der dezente TQ zu schwach. Dafür perfekt für Minimalisten.
Das Orbea Rise ist eines der beliebtesten Light-E ‐MTBs überhaupt und wurde gerade ganz neu aufgelegt. Entsprechend wichtig war uns die Teilnahme in diesem Feld. Leider wollte sich Orbea dem direkten Vergleich mit der Konkurrenz in dieser Preisklasse explizit nicht stellen. Die Spanier erteilten unserer Anfrage und diversen Nachfragen eine klare Absage. Über die Gründe können wir nur spekulieren. Mit dem schwereren Alu-Rahmen und schwereren Motor wäre das Rise H in dieser Preisklasse vermutlich das schwerste Bike im Test - auch mit dem kleineren Akku.
Das Santa Cruz Heckler SL (>> hier erhältlich) ist aus unserer Sicht definitiv einer der besten Trail-Allrounder mit dem gelungenen Fazua-Antrieb. Mit 160/150 mm Federweg und starkem Fahrwerk geht es glatt als Mini-Enduro durch, macht aber auch im gemäßigten Gelände eine gute Figur. Leider zu teuer für unseren Vergleich.
Das Trek Fuel EXe war das erste E-Bike mit TQs HPR 50. Leise, leicht, dezent und unauffällig erarbeitete es sich einen Platz in den Herzen der Fans minimalistischer Light-E-Bikes. Mit Alu-Rahmen gibt’s das Bike schon recht günstig, doch für unseren Test war leider kein passendes Setup verfügbar.
Der Integrationskünstler mit verstecktem Dämpfer sieht seinem unmotorisierten Bruder Genius zum Verwechseln ähnlich. Möglich macht das der Mini-Motor von TQ. Das Einstiegsmodell 920 hätte mit 6599 Euro ( >> hier erhältlich) genau in unseren Vergleich gepasst – war zum Zeitpunkt des Tests aber leider noch nicht lieferbar.
Das Kürzel ED steht beim E-Maverick für Enduro. Davon sollte man sich nicht abschrecken lassen, denn das ED 9.4.3 ist ein prima Allrounder für Trails und Touren und spielt in derselben Klasse wie ein Levo SL oder Jam² SL. Leider liegt auch dieses TQ-Bike deutlich über unserem Preislimit.
Das Lyke CF vereint geringes Gewicht mit einem entnehmbaren Akku – das bieten nicht allzu viele Fazua-Bikes. Mit 29er-Laufrädern und 140 Millimetern Hub spielt es klar in der spritzigen Trail-Liga und nicht im Enduro-Segment. Das Handling ist klasse, doch das Einstiegsmodell nicht günstig. Das Haibike Lyke CF ist z. B. bei Fahrrad XXL erhältlich.