EinzeltestHighend All Mountain Bike Vitus Escarpe 290 CRX

Max Fuchs

 · 23.09.2023

Testredakteur Stefan Frey auf dem Vitus Escarpe.
Foto: Max Fuchs
Vitus ist bekannt für funktionale Bikes zum fairen Preis. Klingt verlockend! Wir haben getestet, ob das dem Versender aus UK auch mit seinem Highend-All-Mountain-Bike Vitus Escarpe 290 gelingt.

“Hoffentlich fährt es auch so gut, wie es aussieht”, denke ich mir, als das Vitus Escarpe zu uns in den Testkeller rollt. In himmelblauen Buchstaben prangt der Vitus-Schriftzug fett auf dem strahlend weißen Unterrohr. Für alle, denen der Hersteller noch nicht bekannt ist: Bei Vitus handelt es sich um eine Versender-Marke aus dem Vereinigten Königreich (VK). Das Markenzeichen: Bezahlbare Bikes, die auch ohne ausgefallene Technologien funktionieren. In Deutschland ist Vitus noch recht unbekannt und nur beim Onliner Fahrrad.de erhältlich. Doch das könnte sich bald ändern.

Denn was das Ausstattungspaket des 5199 Euro teuren Top-Modells Escarpe 290 CRX angeht, bleiben kaum Wünsche offen. Die Gold schimmernde Kashima-Beschichtung an der Gabel und dem Dämpfer deutet auf Fox' höchste Factory-Güteklasse hin. Das schicke Chassis mit Vier-Gelenk-Kinematik besteht von vorne bis hinten aus Carbon und die Schaltvorgänge übernimmt die frisch vorgestellte GX Eagle Transmission von Sram. Einzig die pummeligen Nukeproof-Horizon-V2-Laufräder sind eher zweckmäßig als spektakulär. Wer auf die Gourmet-Häppchen der Komponenten-Hersteller verzichten kann, bekommt das Escarpe mit demselben Carbon-Rahmen aber auch schon für 3599 Euro. Das Modell mit Alu-Hinterbau wird bereits für 2799 Euro versendet.

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Aber zurück zu unserem Testbike. Mit 150 Millimetern Federweg an Heck und Front gepaart mit 29-Zoll-Laufrädern gibt sich das Escarpe klar als All-Mountain-Bike zu erkennen. Trotz exquisiter Ausstattung schlägt sich das Escarpe an der Waage leider nur mäßig. Ein Großteil des Übergewichts fällt dabei auf die 5728 Gramm schweren Laufräder zurück. Das macht sich auch in der Praxis bemerkbar. Denn die rotierende Masse des Vitus möchte mit viel Hingabe in Schwung gehalten werden. Zudem wippt der Hinterbau auch im Wiegetritt spürbar. So erklettert das Bike lange Anstiege am liebsten gemütlich. Hat man sich damit abgefunden, können sich die Kletterfähigkeiten des Bikes aber durchaus sehen lassen. Die Kombination aus langem Reach und moderatem Sitzwinkel platziert den Fahrer sportiv gestreckt über dem Rahmendreieck. Dank der 437 Millimeter langen Kettenstreben bleibt das Vorderrad auch in steilen Rampen zuverlässig am Boden.

Die Dominion-Bremsanlage von Hayes begeisterte alle unsere Test mit hervorragender Bremskraft.Foto: Max FuchsDie Dominion-Bremsanlage von Hayes begeisterte alle unsere Test mit hervorragender Bremskraft.

Die eher durchschnittliche Fahrleistung bergauf steht im deutlichen Kontrast zu dem, was das Vitus Escarpe 290 bergab leistet. Denn im Downhill nutzt der bullige Kandidat sein Übergewicht, um Fahrsicherheit zu gewährleisten. Selbst in verblockten Passagen bleibt das Bike souverän und springt dank seines Gewichts weniger schnell als leichtere Bikes. Aber auch die moderne Geometrie mit langem Reach, flachem Lenkwinkel und langen Kettenstreben gibt eine klare Richtung vor: Vollgas gen Tal. Durch die hohe Front entsteht zudem das Gefühl, als würde man tief im Bike stehen. Das ermöglicht auch in steilen Abfahrten ein souveränes Handling.

Im Grenzbereich erwies sich jedoch der Hinterbau mit Fox-Float-Dämpfer als limitierender Faktor. Extrem schnelle und harte Schlagabfolgen bringen das Heck mangels Dämpfungskontrolle schnell aus der Ruhe. Der Fox-Float-X-Dämpfer hätte mit mehrfach einstellbarer Zug- und Druckstufendämpfung das volle Potential der Geometrie besser ausschöpfen können.

Aufgrund der langen Geometrie und des hohen Gewichts leidet die Spritzigkeit des MTBs etwas. Das bedeutet: Auf verwinkelten Trails oder beim Tricksen erfordert das Escarpe zusätzlichen Körpereinsatz.

Viel Lob erntete dagegen die Bremsanlage von Hayes. Die Bremskraft kann im Vergleich zu anderen Herstellern fast schon überwältigend wirken und benötigt eine gewisse Eingewöhnungszeit. Auch die griffige Maxxis-Reifen-Kombination fällt positiv auf und rüstet das Bike mit ordentlichem Grip und ausreichendem Pannenschutz auch für alpines Gelände - so wie es sich für ein All-Mountain-Bike eben gehört.

An den zwei Montagepunkten unter dem Oberrohr lässt Zubehör oder ein zweiter Flaschenhalter fixieren.Foto: Max FuchsAn den zwei Montagepunkten unter dem Oberrohr lässt Zubehör oder ein zweiter Flaschenhalter fixieren.

Als ich das Vitus Escarpe 290 nach der Testphase zurück in den Keller schiebe, bin ich mir sicher: Die Fahreigenschaften haben mich tatsächlich überzeugt. Allerdings leiden die Allround-Qualitäten des Allmountains zu sehr unter dem hohen Gewicht, um meine Begeisterung für den durchgestylten Rahmen zu toppen.

Fazit von BIKE-Testredakteur Stefan Frey

Das Ausstattungspaket und der schicke Carbonrahmen alleine sind schon Grund genug sich das Vitus Escarpe genauer anzuschauen – ganz besonders bei dem attraktiven Kurs. Umso besser, dass das All-Mountain-Bike dazu noch mit guten Fahreigenschaften punkten kann. Leider wird das hohe Gewicht und der etwas unterdimensionierte Dämpfer dem Einsatzbereich nicht ganz gerecht.
BIKE Testredakteur Stefan FreyFoto: Max FuchsBIKE Testredakteur Stefan Frey

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