Laurin Lehner
· 29.08.2025
Das Minimal-Assist-Bike Levo SL matched mit Bikerinnen und Bikern, die das Handling eines Bio-Bikes lieben und gerne selber treten, nur eben mit etwas Unterstützung. Wer gerne im Boost-Modus den Berg hochfliegt, um möglichst schnell zum Trail-Einstieg zu gelangen, ist mit einem Full-Assist-Bike besser beraten, z. B. dem Power-Pendant Specialized Levo. Auch Fans von technischen Uphills, die gerne im Trial-Stil verblockte und steile Trails hochfährt, kommt mit dem Minimal-Assist-Bike mit kurzen Kettenstreben schneller ans Limit. Zudem fiel mir auf, dass gemeinsame Touren mit Bike-Kumpel mit Full-Assist-Bike wenig “viben”. Heißt: Hier tritt man hinterher, will man seinen Akku nicht in “no-time” leerfahren.
Im Levo SL steckt der hauseigene SL 1.2 Antrieb (Test). Der festverbaute 320 Wattstunden Akku hat eine solide Reichweite, jedoch nur, wenn man sparsam fährt. Bergtouren mit 1200 bis 1300 Höhenmeter sind da definitiv drin. Wer die Motor-Unterstützung über 60-70 Prozent hochschraubt, fährt den Akku jedoch im Nu leer. Optional bietet Specialized einen Range-Extander mit 160 Wattstunden an. Leider teuer: 460 Euro.
Alu gegen Carbon, günstiger gegen teurer. Ich bin beide Modelle gefahren. Erst das 9600 Euro teure Expert Modell mit Carbon-Rahmen, Fox Performance Fahrwerk und Elektro-Antrieb Sram GX Eagle Transmission. Nach über 2000 Kilometer bin ich auf die günstigere Comp-Variante mit Alu-Rahmen umgestiegen - für 6600 Euro (>> z. B. hier erhältlich). Für dieses Modell darf man ganze 3000 Euro (!) weniger hinlegen.
Dafür gibt's ein günstiges Fahrwerk, schlechtere Bremsen und etwas mehr Gewicht auf der Waage. 1,8 Kilogramm um genau zu sein. Das mag sich nicht nach viel anhören, aber gerade bei den Minimal-Assist-Bikes spielt das Gewicht eine entscheidende Rolle. Ein paar Gramm mehr, und schwups ist das Bio-Bike-Feeling futsch. Spürt man den Unterschied? Ja, zum Beispiel bei Bunnyhops. Da muss man mehr pushen und mehr reißen.
Das Alu Levo schafft es dennoch, das Bio-Bike-Feeling aufrechtzuerhalten. Die Geo bleibt schließlich die gleiche, und die ist so verspielt, wie es sich jeder Freerider wünscht. Ansonsten verzichtet das Alu-Modell auf die elektrische Schaltung, was mir entgegenkommt. Ein Akku weniger, um den ich mich kümmern muss. Das günstige NX-Schaltwerk musste ich allerdings mehrmals neu einstellen. Die Fox 36 Performance Federgabel musste dem günstigeren Rhythm-Modell weichen, mit 150 statt 160 Millimeter.
Kurzum: 3000 Euro sind jede Menge Holz. Das leichtere Expert-Modell ist das bessere Bike, doch müsste ich mir eins der Bikes kaufen, würde ich zum günstigen Alu-Modell greifen und die 3000 Euro Ersparnis anders investieren. Zum Beispiel in bessere Bremsen und viele Bike-Trips.
In dem aktuell verfügbaren Modell Turbo Levo SL 2 Comp Alloy für 6600 Euro sind deutlich bessere Komponenten verbaut. Z.B. die potente Sram Maven.
Der Specialized SL 1.1 ist ein Klassiker unter den Light-Motoren. Mit der Vorstellung des Specialized Levo SL Anfang 2020 wurden Light-E-MTBs salonfähig. Nun steht im Levo SL der Specialized SL 1.2 E-Bike-Motor am Start. Ihn gibt es ausschließlich in Kombination mit einem fest verbauten 320-Wh-Akku. Die Batterie kann zum Laden oder Wechseln auf Tour nicht herausgenommen werden. Für mich persönlich kein echter Nachteil. Um die Reichweite zu erhöhen, steht ein Range-Extender im Trinkflaschenformat zur Verfügung, also optional gegen Aufpreis. Die 160 Extra-Wattstunden wiegen gut ein Kilo und passen problemlos auch in kleinere Rucksäcke.
Die Größe S4 passte mir mit einer Körpergröße von 1,78 Meter sehr gut (Reach: 459 mm) Super, die kurzen 433 Millimeter Kettenstreben und der Mullet-Aufbau. Manuals waren noch nie so leicht. Der gemäßigte Lenkwinkel lässt eine direkte Fahrweise zu und verpasst dem Rad die nötige quirlige Handhabung. Später wechselte ich auf Full-29. Braucht man´s? Ich finde nicht.
Viel Hub = viel Spaß! Diese These habe ich lange Zeit unterschrieben. Bis ich gemerkt habe, dass auf 90 Prozent der Strecken, die ich fahre, kleinhubige Bikes viel mehr Spaß machen. Auch bei den Minimal-Assist-Bikes scheint mir das Konzept schlüssig. Das spart nicht nur Gewicht, sondern – viel wichtiger – es sorgt für ein direktes Fahrgefühl. Feedback vom Untergrund, statt mit Luftkissenboot-Feeling über Wurzeln zu fegen.
Mit weniger Hub lässt sich das Bike außerdem leichter pushen, drücken und ziehen. Kurzum: Pilot statt Autopilot. Auf manchen Trails hat man allerdings das Nachsehen. Diese Erfahrung musste ich auf dem Barbarasteig in Seefeld (Tirol) machen. Während die Kollegen mit ihren 180-Millimeter-Boliden über die Wurzel-La-Ola flubberten, verlor mein Levo SL die Traktion, hüpfte, bockte und stolperte. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich (mehr Passagier als Pilot) festzuhalten und das Bike immer wieder auf die gewählte Linie 333zu zwingen.
Die Moral der Geschichte? Einen Tod muss man eben sterben: Spieltrieb oder Laufruhe. Kurzum: Auf den seltenen Rumpelstrecken wie z. B. auf dem Barbarasteig habe ich gerne das Nachsehen, solange ich auf den meisten Strecken das spritzige Fahrgefühl genieße, statt im Federweg zu versinken.
Nach über 2000 Kilometer hält sich die Krankenakte des Levo SL Expert in Grenzen.
Das ging in den ersten 5199 Kilometern beim Levo SL Comp kaputt:
This is Mountainbiking! Das Fahrgefühl ist so nah am Biobike wie bei nahezu keinem anderen Minimal-Assist-Bike. Je leichter das Modell, umso mehr. Die verspielte Geo mit den kurzen Kettenstreben ist für mich Benchmark. Die Ausstattung der günstigen Comp-Variante ist mäßig bis unterdurchschnittlich. Doch das aktuell verfügbare Modell ist besser ausgestattet, u. a. mit den potenten Sram Maven Bremsen etc. Die Reichweite für Bergtouren ist mit dem 320-Wattstunden-Akku nur passabel, wenn man den Motor mit wenig Unterstützung benutzt (bis circa 50-60 %). Ich fuhr das Levo SL als Mullet und mit All-29-Laufräder und sehe bei durchschnittlich langen Beinen keinen Mehrwert in einem großen 29-Zoll-Laufrad.
Mit dem Alu-Modell spart man 3000 Euro. Dafür fährt man circa 1,8 Kilo Mehrgewicht durch die Gegend und muss mit einfacheren Komponenten klarkommen: Mit der günstige Rhythm-Gabel von Fox etwa, zudem macht sich besonders das Mehrgewicht bemerkbar. Gerade in dieser Bike-Kategorie ist das entscheidend. 20,2 Kilo gehen aber noch klar. Bei Bunnyhops braucht man im direkten Vergleich etwas mehr Zug. Fazit: Ich würde mir die 3000 Euro sparen und anders investieren.
... wenn du mit wenig Unterstützung zurechtkommst. Der kleine, fest verbaute Akku sorgt für das agile Handling, schränkt aber bei der Reichweite ein – vor allem, wenn man gerne mit viel Unterstützung fährt. Lange Bergtouren sind machbar, aber nur im Eco-Modus. Ein Range-Extender (160 Wh) kann helfen die Reichweite zu erhöhen (460 Euro / 1 Kilo).
Weil die Geometrie gemäßigt ist und damit ideal für Trail-Fahrten, steuert sich das Levo SL schön direkt durchs Gelände und kann sehr einfach aktiv gefahren werden. Die superkurzen Kettenstreben befeuern den Spieltrieb.
Beides ist möglich – aber für mich ist die Sache klar: Mullet! Ich habe den direkten Vergleich gemacht und sehe keinen Vorteil beim großen Hinterrad. Wer durchschnittliche Körperproportionen hat, wird mit der Mullet-Variante glücklicher – garantiert!
Achtung, wenn deine Kumpels Power-E-Bikes fahren: Gemeinsame Touren sind schwierig. Selbst wenn der Power-Bike-Fahrer im Eco-Modus unterwegs ist, hinkst du mit dem Minimal-Assist-Bike oft hinterher. Oder du schaltest so viel Unterstützung zu, dass der Saft schnell alle ist.
Mit 160/150 mm Federweg ist das Levo SL ein klassisches All Mountain mit breitem Einsatzbereich. Super: Es bietet viel Gegendruck auf zahmen bis leicht technischen Trails und hat ordentlich Vortrieb. Aber: Im groben Enduro-Gelände wird’s zäh. Dort springt und bockt das leichte Levo SL Comp. Wer also regelmäßig in Finale, Reschen & Co. fährt, ist mit hubstärkeren Bikes besser beraten.
... E-All-Mountain-Fans, die ein verspieltes, agiles Bike suchen, das sich leicht aufs Hinterrad ziehen lässt. Für Biker, denen etwas Unterstützung am Berg reicht und die selbst noch treten wollen. Nichts für dich, wenn du Boost liebst, auf Reichweite, Laufruhe und technische Uphills stehst – oder in erster Linie auf Enduro-Tracks ballern willst.