Manchmal prägt einen das erste Erlebnis mit einem neuen Bike. So war es beim Stereo Hybrid 140. Testszenario: Finale Ligure Ende 2021, mitten im Winter. Oben knirschten unsere Reifen noch durch den Schnee, unten ließ Nässe die Felspassagen zur Schlitterpartie werden. Selbst für Enduros fiese Bedingungen. Das damals neue Stereo Hybrid 140 meisterte sie trotzdem überraschend souverän. Noch zuletzt sicherte sich das Bike im Vergleichstest E-All Mountains bis 6000 Euro den Testsieg.
Das brandneue Stereo Hybrid One44 tritt als Nachfolger des beliebten Allrounders also in große Fußstapfen. Doch die Waldershofer wollen den Topseller in fast allen Belangen noch besser gemacht haben. Die offensichtlichste Neuerung ist die Position des Dämpfers. Statt senkrecht vor dem Sitzrohr zu stehen, liegt er nun waagerecht unter dem Oberrohr. Laut Cube hat sich an der komfortablen Kinematik aber nichts geändert.
Fahrdynamisch und in Sachen Geräuschkulisse dürfte der neue Motor die größere Rolle spielen. Im Bike steckt schon der frische Bosch CX 2025 samt 800er-Akku. Auch mit der großen Batterie wiegt unser Testbike 700 Gramm weniger als der ähnlich ausgestattete Vorgänger mit 750er-Akku. Alternativ kann auch der neue 600er (900 Gramm leichter) verbaut werden. Der Akku wird bei Bedarf klassisch nach vorne aus dem Unterrohr geklappt und ist per Schlüssel gesichert. Hier wagt Cube keine Experimente. Schön zu sehen: Das One44 ist auch für den Enduro-Einsatz und 150 Kilo Systemgewicht freigegeben. Eine praktische Schnittstelle für einen Frontscheinwerfer erhöht den Nutzwert im Alltag.
Bei der Geometrie übernimmt Cube nach eigener Aussage weitestgehend die Werte des Vorgängers. Der Sitzwinkel ist aber ein Grad steiler, der Lenkwinkel ein Grad flacher geworden. Noch mal 0,6 Grad flacher für noch mehr Laufruhe wird’s mit der drehbaren Lagerschale im Steuersatz. Die Kettenstreben bleiben mit 450 Millimeter in Größe S und 457 Millimeter in den Größen M bis XL recht lang. Größte Änderungen am neuen Chassis: Das Sitzrohr fällt jetzt kürzer aus, um Platz für längere Teleskopstützen zu schaffen.
Der Einstiegspreis für das neue Cube Stereo Hybrid One44 liegt bei 4499 Euro für die Variante „Race“. Mit SLX, TM, Action Team und SLT folgen vier weitere Modelle. Das Topmodell soll 8499 Euro kosten und 23 Kilo wiegen. Unser Testbike One44 TM ist mit 5999 Euro etwas teurer als der direkte Vorgänger, kommt dafür aber auch mit elektronischer GX Transmission Schaltung statt der mechanischen GX Variante. Praktisch: Der Strom für die Schaltung kommt aus dem Hauptakku, so muss keine separate Batterie geladen werden. Federelemente aus Fox-Performance-Baureihe, Newmen-Laufräder und Purion 400 Display sind obere Mittelklasse, die MT7 Bremsen von Magura waren an unserem Testbike absolut top!
Schon im Stand hat man das Gefühl, mit Cubes neuem Allrounder viel Rad vor sich zu haben. Der Rahmen wirkt lang, das Unterrohr massig, aber die Sitzposition gefällt. Allerdings: Ganz so tourenorientiert wie der Vorgänger Stereo Hybrid 140 ist das neue One44 nicht mehr. Man sitzt jetzt leicht sportlich angehaucht und etwas nach vorne orientiert, der niedrigere Stack bringt den Lenker ein wenig tiefer. Das dürfte allen gefallen, die das Bike nicht in erster Linie auf Strecke im Flachen bewegen.
Der neue Bosch-Motor drückt dem Cube bergauf seinen Stempel auf. Für einen Power-Motor der 85-Newtonmeter-Klasse säuselt er angenehm leise vor sich hin und zeigt sich sehr direkt und immer top kontrollierbar. Selbst in anspruchsvollsten Uphill-Passagen macht das Cube so eine gute Figur. Lange Kettenstreben, der steilere Sitzwinkel und der niedrigere Stack halten die Front selbst in Extremsituationen souverän am Boden. Auch das Fahrwerk macht bei unserem Testbike One44 TM noch einen besseren Job als beim Vorgänger. Es sackt in Steilstücken bergauf weniger ein und verbessert so Handling und Kontrolle, ohne dass an anderer Stelle Traktion fehlt. In Summe ist das eine wirklich gelungene Performance.
Bergab ergibt sich ein ähnliches Bild. War hier der Vorgänger schon souverän, setzt Cube in allen Belangen noch einen drauf und verleiht dem neuen Bike zudem eine etwas sportlichere Note. Durch den verlängerten Radstand und den flacheren Lenkwinkel kommt schon mit der steileren Steuersatz-Einstellung jede Menge Laufruhe auf. Das Fahrwerk des neuen Bikes erlebten wir als sehr definiert und poppig. So fällt es leicht, sich mal an einer Wurzel in die Luft zu drücken oder durch gezieltes Pushen über Wellen Schwung zu generieren. Ebenfalls gelungen: Werden die Strecken schnell und anspruchsvoll, bleiben die Federelemente des neuen One44 souverän und geben den Hub nicht zu leicht frei. Der Vorgänger rauschte deutlich schneller durch den Hub und kam dadurch bei hohem Tempo früher ans Limit. Die Ausstattung unseres Testbikes ist stimmig gewählt. Das Fox-Performance-Fahrwerk mit 36er-Gabel und Float‑X-Dämpfer kann ebenso überzeugen wie Maguras MT7-Bremse. Der stabile Schwalbe-Supergravity-Hinterreifen passt zum hohen Bergab-Potenzial des Bikes.
Die Kehrseite von so viel Fahrsicherheit: Wenn die Trails flacher und die Kurven enger werden, sammelt das neue Cube keine Bestmarken. Der Vorgänger mit etwas kompakterem Radstand wirkte hier trotz des grenzwertig plüschigen Fahrwerks agiler. Lob gibt’s dagegen für die Soundkulisse. Selbst in hartem Geläuf bergab bleibt das Cube Stereo Hybrid One44 bemerkenswert leise und animiert mit der etwas tieferen Front und dem längeren Radstand zu viel Tempo. Kein Enduro natürlich, doch der auf dem Papier moderate Federweg wird im Gelände erst bei richtig hohem Tempo und harten Einschlägen überhaupt spürbar.
Mit dem Stereo Hybrid One44 wird Cubes Allrounder vom komfortablen Tourer zum ernsthaften Sportgerät. Gewicht, Klettereigenschaften, Fahrwerk, Downhill, Reichweite: Fast überall übertrumpft das Neue den ohnehin schon guten Vorgänger. Dazu ist das One44 bergauf und bergab für ein Powerbike richtig leise. Die Nachteile bei der Wendigkeit bleiben überschaubar. Kurz: Rundum gelungen und dazu noch bezahlbar. Kauftipp! - Adrian Kaether, Redakteur Test & Technik