Bulls Sonic EVO AM SL1 im TestWie gut ist das günstige Leichtgewicht nach dem Update?

Florentin Vesenbeckh

 · 28.02.2024

Bulls Sonic Evo AM SL1 // Shimano EP6 // 725 Wh // 160 mm // 29 Zoll // 23,1 kg // 5199 Euro
Foto: Max Fuchs
Großer Akku, leicht und bezahlbar - diese Kombi gilt bei E-MTBs als nahezu unvereinbar. Das Bulls Sonic EVO AM SL 1 liefert genau das. Mit Updates und mehr Federweg soll es 2024 sogar noch deutlich geländegängiger geworden sein. Kann das funktionieren? Wir haben die neueste Ausbaustufe des Carbon-E-Bikes getestet.

Bei E-Mountainbikes mit klassischem Power-Motor zeigte die Entwicklung lange nur in eine Richtung: Dicker Akku mit massig Reichweite - aber auch ein dazugehöriges Übergewicht! Das Sonic EVO AM SL von Bulls bot 2022 eine außergewöhnliche Ausnahme. Mit großem 725er-Akku und klassischen Shimano-Motor brachte das Bike schlanke 21,5 Kilo auf die Wage. Und das für gut 5000 Euro! Eigentlich waren solche Kombinationen der absoluten Highend-Liga vorbehalten. Das Bike drang damit direkt in die Herzen der EMTB Leser: Das Bulls Sonic EVO AM SL 1 belegte Platz 1 bei der Wahl zum E-Tourenbike des Jahres 2022! Doch einen Haken hatte das leichte Setup: Die Ausstattung war minimalistisch gewählt, die Reifen und das Fahrwerk beschränkten die Geländegängigkeit ein wenig. Ein Dämpfer auf ernsten Trails. Und genau das will Bulls mit der Neuauflage für 2024 anders machen.

Geblieben ist das edle und leichte Carbon-Chassis, in dessen Unterrohr die große, aber leichte Batterie eingelassen ist. Doch durch andere Federelemente wurde der Federweg von 140 auf 160 Millimeter aufgebohrt. Außerdem wurden die zahmen Nobby-Nic-Reifen gegen stark profilierte Magic Mary getauscht. Die Eckdaten zeigen damit weniger auf sanfte Tour, sondern fast schon auf Enduro! Wie sich das Bike im Gelände schlägt, haben wir ausführlich getestet.


Unter dem Motto “Readers Most wanted - die beliebtesten E-MTBs des Jahres” haben wir acht außergewöhnliche E-Mountainbikes zwischen 2999 und 10.999 Euro getestet. Und ja, richtig gezählt: Ein Kandidat fehlte beim Foto-Shooting am Gardasee.Foto: Max FuchsUnter dem Motto “Readers Most wanted - die beliebtesten E-MTBs des Jahres” haben wir acht außergewöhnliche E-Mountainbikes zwischen 2999 und 10.999 Euro getestet. Und ja, richtig gezählt: Ein Kandidat fehlte beim Foto-Shooting am Gardasee.

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Das Bulls Sonic EVO AM SL1 hat für 2024 ein umfangreiches Update bekommen: Mehr Federweg und robustere Reifen spendieren ein Plus an Fahrsicherheit. Geblieben ist die schlanke Silhouette und ein gutes Gewicht.Foto: Max FuchsDas Bulls Sonic EVO AM SL1 hat für 2024 ein umfangreiches Update bekommen: Mehr Federweg und robustere Reifen spendieren ein Plus an Fahrsicherheit. Geblieben ist die schlanke Silhouette und ein gutes Gewicht.

Mehr Federweg, dickere Gabel, dickere Reifen: Das Update soll dem Evo AM SL 1 mehr Fahrsicherheit und Reserven geben. Doch im gleichen Schritt bekommt das Bike mehr Pfunde auf die Rippen, logisch. Mit 23 Kilo bleibt es für ein Bike um 5000 Euro mit großer Batterie definitiv noch auf der leichten Seite. Gewichte über 25 Kilo sind in dieser Klasse die Regel. Doch von seinem Vorgänger aus dem Jahrgang 2022 ist es satte 1,5 Kilo entfernt. Klar, Pannenschutz und Nehmerqualitäten gibt es nicht zum Nulltarif.

Die Fakten zum Bulls Sonic EVO AM SL1

  • Motor: Shimano EP6, 85 Nm max. Drehmoment
  • Akku: 725 Wh (entnehmbar)
  • Rahmenmaterial: Carbon
  • Federweg: 160 / 160 mm
  • Laufradgröße: 29 Zoll
  • Rahmengrößen: S, M, L, XL
  • Preis: 5199 Euro >> z.B. bei Radonline erhältlich
  • Gewicht: 23,1 kg (Testbike in Größe L, EMTB-Messung, ohne Pedale)
  • Zulässiges Gesamtgewicht: 130 kg (Herstellerangabe)
Leichtbau: Auch die Dämpferanlenkung des Rahmens ist aus Carbon. Das Chassis ist richtig wertig.Foto: Georg GrieshaberLeichtbau: Auch die Dämpferanlenkung des Rahmens ist aus Carbon. Das Chassis ist richtig wertig.

Der E-Bike-Antrieb

Das Bulls Sonic EVO AM SL 1, das wir Ende 2021 getestet haben, kam mit Shimanos EP8. Inzwischen haben die Japaner von Shimano ihren Motor umfangreich erneuert. Der EP801 ist kräftiger geworden, zudem hat er einen kleinen Bruder bekommen. Und genau dieser EP6 steckt in der Neuauflage des EVO AM SL 1. Dieser günstigere Motor ist optisch mit EP801 und EP8 identisch, hat aber kein Magnesiumgehäuse. Das macht ihn rund 300 Gramm schwerer als die 8er-Serie. Leider ist er auch in Sachen Leistung nicht mit dem EP801 auf Augenhöhe. 100 Watt soll der “kleine” Steps weniger liefern und damit eher auf dem Niveau des alten EP8 liegen. Das spürt man auch in der Praxis.

Der günstigere Shimano EP6 ist nicht nur rund 300 g schwerer, sondern auch spürbar schwächer als der neue EP801.
Foto: Georg Grieshaber

Ein Teil des Geheimnisses des geringen Gewichts des Bulls Sonic Evo AM SL ist die Batterie. 725 Wattstunden liefert der Akku, bei einem Gewicht von 3,55 Kilo. Das ist ein richtig starker Wert. Ein Bosch Powertube 750 wiegt zum Beispiel 4,3 Kilo! Der Akku wird nach seitlich/oben aus dem Unterrohr genommen. Dafür braucht man weder Schlüssel noch Werkzeug. Die Entnahme ist allerdings etwas hakelig. Zumindest, wenn sie so stramm eingestellt ist, dass der Akku nicht klappert. Während wir bei früheren Tests mit dieser Konstruktion ein sehr störendes Akku-Klappern bemängeln mussten, machte das aktuelle Bike hier keine nennenswerten Probleme.

Die Geometrie des Bulls Sonic EVO AM SL1

Trotz geändertem Federweg hat sich die Geometrie des Sonic Evo AM SL 1 kaum verändert. Heißt: Der Charakter bleibt eher tourenorientiert, ein echtes Enduro ist das Bike also trotz des 160er-Hubs nicht. Der Lenkwinkel fällt dafür zu steil, der Radstand zu kurz aus. So bleibt das Bike handlich und ausgewogen und macht auch bei gemäßigter Fahrweise eine gute Figur.

EMTB-Messwerte im Überblick (Rahmengröße L)

  • Sitzrohrlänge: 460 mm
  • Radstand: 1250 mm
  • Reach: 454 mm
  • Stack: 653 mm
  • Lenkwinkel: 65 Grad
  • Sitzwinkel: 76 Grad
  • Kettenstrebenlänge: 451 mm
Gabel mit dickeren Standrohren und 160 statt 140 Millimetern Federweg. Das Bulls Sonic Evo AM SL1 wurde für 2024 aufgebohrt.Foto: Georg GrieshaberGabel mit dickeren Standrohren und 160 statt 140 Millimetern Federweg. Das Bulls Sonic Evo AM SL1 wurde für 2024 aufgebohrt.

Die Ausstattung des Bulls All Mountain E-Bike

Vergleicht man das neue 2024er-Modell des Evo AM SL1 mit dem Bike von 2022, ist die Ausstattung bei identischem Preis etwas schwächer geworden. Nicht nur das Downsizing beim Motor, auch bei den Bremsen und der Schaltung greift Bulls etwas weiter unten ins Shimano-Regal. Das günstige Rockshox-Fahrwerk weicht Federelementen von SR Suntour. Die Gabel kommt mit ihren 36er-Standrohren robuster daher als die Rockshox 35, der Federweg wächst von 140 auf 160 Millimeter. Zusätzliche Gimmicks wie die magnetische Monkey-Link-Halterung für ein optionales Front licht (bereits am Haupt-Akku angeschlossen), der Fidlock-Flaschenhalter und die Smartphone-Befestigung von SP-Connect bieten Mehrwert im Alltag und auf Tour.

  • Gabel / Dämpfer: SR Suntour 36 Zeron / Edge Plus
  • Schaltung: Shimano Deore, 12fach, 10 - 51 Zähne
  • Bremsen: Shimano MT 420, 203 / 203 mm
  • Laufräder: Shimano-Naben, Rodi Tryp 30 Felgen
  • Reifen: Schwalbe Magic Mary Performance, 29 x 2,4 Zoll
  • Besonderheiten: Monkey-Link-Halterung für Frontlicht, Fidlock Trinkflaschenhalter
Unter dem Lenker platziert Bulls eine magnetische Monkey-Link-Halterung, die vom Haupt-Akku mit Strom versorgt wird. Hier können verschiedene Frontleuchten (nicht im Lieferumfang) angeklipst werden.
Foto: Georg Grieshaber

Praxistest: So fährt sich das Bulls Sonic EVO AM SL1

Aufsitzen und wohlfühlen - das trifft auf das Bulls Sonic Evo AM SL 1 noch immer zu! Der Verzicht auf Extremwerte bei der Geometrie macht die Sitzposition und auch das Fahrverhalten ausgewogen und neutral. Die Lenkung kippt nicht ab, der Fahrer ist zentral zwischen den Achsen positioniert. Die Körperhaltung ist dabei leicht gestreckt und sportlich angehaucht.

Im Uphill setzt sich der unkomplizierte Charakter fort, erst in sehr schwierigen Sektionen setzt der etwas schwächere Motor der Steigfähigkeit Grenzen. Das Bike muss erst an steilen Rampen aktiv gefahren werden und folgt Lenkbewegungen sehr direkt. Die Hinterbaufederung vermittelt viel Komfort und Traktion. Auf nassen Steinen und Wurzeln kann die günstige Variante von Schwalbes Magic Mary Reifen aber nicht genügend Grip aufbauen. Auf losen Böden fällt das hingegen weniger ins Gewicht, denn hier kann das kernige Profil gut greifen.

Da geht ein Licht auf! Nicht nur mit der optionalen Frontleuchte behält man im Sattel des Bulls Sonic Evo AM SL 1 auch in schwierigen Uphills den Durchblick.Foto: Max FuchsDa geht ein Licht auf! Nicht nur mit der optionalen Frontleuchte behält man im Sattel des Bulls Sonic Evo AM SL 1 auch in schwierigen Uphills den Durchblick.

Auch in der Abfahrt braucht es keine lange Eingewöhnungszeit. Das Handling des Bulls ist intuitiv und ausgewogen, ein gelungener Kompromiss aus Laufruhe und Agilität. Hinter dem Lenker des Sonic Evo AM SL 1 braucht man sich weder vor verwinkelten Pfaden, noch ruppigen Passagen fürchten. Letztere stellen allerdings das Fahrwerk auf die Probe. Bei gemäßigter Geschwindigkeit rollt das Bike souverän über Hindernisse. Bei schneller Fahrt können die Federelemente von SR Suntour nicht mehr richtig mithalten, und den vollen Hub konnten wir selbst bei softem Set-up kaum ausnutzen. Dadurch wirkt das Fahrwerk auf ruppigen Strecken recht harsch. Das haben wir an E-MTBs in diesem Preisbereich schon deutlich besser erlebt. Enduro-Feeling kommt so nicht auf, trotz 160 Millimeter Federweg. Im Vergleich zum zahmeren Vorgänger ist das neue Bulls trotzdem ein deutliches Update an Fahrsicherheit, fährt sich aber nicht mehr ganz so leichtfüßig und spritzig.

Das Handling auf dem Trail ist ausgewogen. Ein Enduro ist das Sonic aber trotz 160 mm Federweg nicht.Foto: Max FuchsDas Handling auf dem Trail ist ausgewogen. Ein Enduro ist das Sonic aber trotz 160 mm Federweg nicht.

Kritik gibt es noch für die mäßig kräftigen Bremsen, die aus dem günstigen Segment von Shimano stammen. Auch die Ergonomie der langen Bremshebel kann nicht voll überzeugen. Tuning-Potenzial bieten außerdem die Reifen. Denn Bulls hat die günstige Performance-Variante der Magic Mary spezifiziert. Auf nassen Steinen und Wurzeln, wie bei unserem Test im Dezember am Gardasee, ist die Traktion des harten Gummis begrenzt. Das schränkt die Fahrsicherheit spürbar ein. Positiv fällt das vergleichsweise geringe Gewicht und die wendige Geometrie auf. Das Bike fühlt sich nicht schwerfällig oder träge an, sondern lässt sich intuitiv und direkt über den Trail steuern, wenn auch nicht ganz auf dem Niveau des deutlich leichteren Vorgängers. Auch das Fahrwerk verhindert noch bessere Noten in der Trail-Wertung. Es bietet nicht ganz den Komfort, den der Federweg suggeriert, könnte für ein poppiges Fahrgefühl aber gleichzeitig definierter arbeiten. Das funktionierte beim 140er-Vorgänger mit Rockshox-Federelementen besser.

EMTB-Bewertung des Bulls Sonic EVO AM SL1

Stärken

  • Leicht bei großem Akku und fairem Preis
  • Ausgewogene Fahreigenschaften
  • Gute Reichweite

Schwächen

  • Günstige Reifen mit mäßigem Nassgrip
  • Bremsleistung
  • Fahrwerk
Die Stärken des Sonic EVO AM SL1 liegen im Tourenkomfort und bei Ausflügen in leichtes Gelände. Bei sportlicher Gangart setzt die Ausstattung klare Grenzen. Gute Reichweite mit leichtem Carbon-Akku.Foto: EMTB MagazinDie Stärken des Sonic EVO AM SL1 liegen im Tourenkomfort und bei Ausflügen in leichtes Gelände. Bei sportlicher Gangart setzt die Ausstattung klare Grenzen. Gute Reichweite mit leichtem Carbon-Akku.

Das EMTB-Fazit

Edles und leichtes Carbon-Chassis, großer Akku, ausgewogene Fahreigenschaften: Das Bulls Sonic Evo AM SL 1* bietet ein solides Paket zum fairen Preis. Im Vergleich zum Vorjahresmodell gewinnt es einiges an Fahrsicherheit, doch Fahrwerk, Bremsen und Reifen bremsen die Euphorie im Praxistest. Hier lohnt sich Tuning! Die teureren Varianten haben noch deutlich mehr Potenzial: EN für All Mountain bis Enduro, AM für Tour und seichte Trails. - Florentin Vesenbeckh, EMTB Magazin
Florentin Vesenbeckh ist Ressortleiter Test und Technik beim EMTB MagazinFoto: Max FuchsFlorentin Vesenbeckh ist Ressortleiter Test und Technik beim EMTB Magazin

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