BIKE-Test 2024Die neuesten MTBs im Test auf Trail & Prüfstand

Peter Nilges

 · 26.12.2023

Auf unserem Fahrwerksprüfstand lassen sich nicht  nur die maximalen Federwege, sondern auch die dazugehörigen Federkennlinien ermitteln.
Foto: Georg Grieshaber
35 Jahre und kein bisschen müde. Seit über drei Jahrzehnten testen und bewerten wir bei BIKE von Komplettbikes über Komponenten bis hin zu Softgoods so ziemlich alles, was sich um das Thema Mountainbiken dreht. Mit dieser Ausgabe erneuern wir Bewertung und Prüfverfahren für noch mehr Transparenz und Entscheidungshilfe beim Kauf.

Das Testlabor

Es wäre so einfach und würde nebenbei auch noch richtig viel Zeit, Know-how und letztendlich Geld einsparen. Doch auch nach 35 Jahren BIKE-Tests gehen oder besser fahren wir noch immer den steinigen Weg. Anstatt einfach nur Herstellerangaben zu übernehmen, machen wir uns lieber selbst ein Bild. Zerlegen, Messen, Begutachten und schließlich Bewerten zählen daher zu unseren Kernkompetenzen. Auch in Zukunft halten wir daher am eigenen Testlabor fest.

Unser neuer Prüfstand bringt in Sachen Rahmensteifigkeit Licht ins Dunkel. Statt einer Gesamtsteifigkeit können wir nun genau sagen, wie steif das Bike vorne ist und wie stark der Hinterbau bei seitlicher Last auslenkt.Foto: Georg GrieshaberUnser neuer Prüfstand bringt in Sachen Rahmensteifigkeit Licht ins Dunkel. Statt einer Gesamtsteifigkeit können wir nun genau sagen, wie steif das Bike vorne ist und wie stark der Hinterbau bei seitlicher Last auslenkt.

Echte Daten statt Werte raten!

Neben BIKE gibt es weltweit kein weiteres Magazin und auch keine Website, die sich so umfassend auf tatsächliche Werte stützt, anstatt die Angaben der Hersteller zu vergleichen und zu veröffentlichen. Echte Gewichte, gemessene Rahmensteifigkeiten und Laufradträgheiten sowie exakte Geometriedaten: Das alles gibt es nur bei BIKE.

Doch warum der ganze Aufwand? Ganz einfach: Wunsch und Realität driften oft weiter auseinander, als man denkt. Lenkwinkelabweichung von über zwei Grad, ein bis zu 25 Millimeter kürzerer Reach und mehr als ein halbes Kilo Abweichung vom Wunschgewicht sind keine Seltenheit im Testalltag. Statt beim Testen im Dunkeln zu tappen und sich ausschließlich auf das Bauchgefühl eines Einzelnen zu verlassen, halten wir an aufwendigen Labormessungen fest, modernisieren und entwickeln sogar neu. Ein immenser Aufwand, um Bikes noch besser bewerten zu können, mit der Entwicklung Schritt zu halten und neue Impulse zu setzen. Um der Frage nachzugehen, wie viel Steifigkeit im Gesamtsystem Mountainbike überhaupt nötig ist, haben wir einen beispiellosen Aufwand betrieben. Mit insgesamt sieben speziell präparierten Bikes und zwei unterschiedlichen Laufrädern sind wir dem Thema in einem gigantischen Blindtest auf den Grund gegangen. Die Erkenntnisse sind direkt in unseren brandneuen Steifigkeitsprüfstand eingeflossen, der ab sofort wichtige Daten zu den Fahreigenschaften liefert.

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Die Labormessungen bei BIKE

Auch Hardtails besitzen trotz der fehlenden Federung am Hinterbau spür- und messbare Unterschiede im 
Komfort. Diesen Sitzkomfort messen wir bei allen Hardtails. Dazu wird ein Fahrer von 100 Kilogramm simuliert und die vertikale Nachgiebigkeit des Rahmens inklusive der verbauten Sattelstütze gemessen.Foto: Georg GrieshaberAuch Hardtails besitzen trotz der fehlenden Federung am Hinterbau spür- und messbare Unterschiede im Komfort. Diesen Sitzkomfort messen wir bei allen Hardtails. Dazu wird ein Fahrer von 100 Kilogramm simuliert und die vertikale Nachgiebigkeit des Rahmens inklusive der verbauten Sattelstütze gemessen.Als Teil der rotierenden Masse kommt den Laufrädern eine besondere Bedeutung zu. Daher messen wir nicht nur bei Laufradtests, sondern auch bei allen Mountainbiketests die Trägheit der kompletten Laufräder mit montierten Reifen. Das liefert eindeutige Ergebnisse über die Leichtfüßigkeit eines Bikes.Foto: Georg GrieshaberAls Teil der rotierenden Masse kommt den Laufrädern eine besondere Bedeutung zu. Daher messen wir nicht nur bei Laufradtests, sondern auch bei allen Mountainbiketests die Trägheit der kompletten Laufräder mit montierten Reifen. Das liefert eindeutige Ergebnisse über die Leichtfüßigkeit eines Bikes.Auf unserem Fahrwerksprüfstand lassen sich nicht nur die maximalen Federwege, sondern auch die dazugehörigen Federkennlinien ermitteln. Auch die Raderhebungskurven der unterschiedlichen Hinterbausysteme lassen sich so aufzeichnen und überprüfen.Foto: Georg GrieshaberAuf unserem Fahrwerksprüfstand lassen sich nicht nur die maximalen Federwege, sondern auch die dazugehörigen Federkennlinien ermitteln. Auch die Raderhebungskurven der unterschiedlichen Hinterbausysteme lassen sich so aufzeichnen und überprüfen.Selbstverständlich geht auch das Gesamtgewicht, das wir in jedem Testbrief ohne Pedale angeben, mit in die Bewertung ein. Um für Chancengleichheit zu sorgen, wiegen wir die Bikes so, wie sie im Shop erhältlich sind. Das heißt: Testbikes, die zwar im Tubeless-Setup angeliefert werden, so aber nicht serienmäßig zu kaufen sind, werden auf Schläuche umgerüstet.Foto: Georg GrieshaberSelbstverständlich geht auch das Gesamtgewicht, das wir in jedem Testbrief ohne Pedale angeben, mit in die Bewertung ein. Um für Chancengleichheit zu sorgen, wiegen wir die Bikes so, wie sie im Shop erhältlich sind. Das heißt: Testbikes, die zwar im Tubeless-Setup angeliefert werden, so aber nicht serienmäßig zu kaufen sind, werden auf Schläuche umgerüstet.Peter Nilges, Testleiter BIKE: “Wir verlassen uns bei BIKE nicht auf die Tagesform und das Bauchgefühl eines einzelnen Testers. Erst das Zusammenspiel aus objektiven und reproduzierbaren Labordaten und dem Praxiseindruck unseres erfahrenen Testteams liefert ein umfassendes Gesamtbild für die Bewertung.”Foto: Georg GrieshaberPeter Nilges, Testleiter BIKE: “Wir verlassen uns bei BIKE nicht auf die Tagesform und das Bauchgefühl eines einzelnen Testers. Erst das Zusammenspiel aus objektiven und reproduzierbaren Labordaten und dem Praxiseindruck unseres erfahrenen Testteams liefert ein umfassendes Gesamtbild für die Bewertung.”

Schulnoten schaffen Transparenz

Was nützt das plakativste Testurteil oder das blumigste Fazit, wenn man nicht nachvollziehen kann, wo die Note überhaupt herkommt? Wir setzen daher nach wie vor auf Transparenz und geben klare Auskunft über die Stärken und Schwächen eines Bikes oder auch anderer Testprodukte. Weder die Zusammensetzung des Testurteils noch die Gewichtung der einzelnen Kriterien bleibt bei uns im Verborgenen. Um künftig noch leichter eine Einordnung des Testprodukts zu erhalten, gehen wir ab sofort zu einem Schulnotensystem, analog zu Stiftung Warentest oder auch zu unserem Schwestermagazin TOUR über. So lassen sich Produkte auch ohne die Kenntnis des speziellen Notenschlüssels leichter einordnen. Künftig wird es also keine maximal 250 möglichen Punkte mehr für ein Komplettbike geben. Auch das Testurteil „Super“ verschwindet aus unserem Ranking. Unser neues Notenspektrum bewegt sich bei allen Tests von „sehr gut“ bis „mangelhaft“. Die Note „sehr gut“ wird demnach nur noch für wirklich herausragende Produkte vergeben.

Notenskala: Die BIKE-UrteileFoto: BIKE MagazinNotenskala: Die BIKE-Urteile

Auch die Gliederung der einzelnen Testkriterien hat sich geändert. Gab es bislang die Unterteilung in bergauf, bergab und Sonstiges, so arbeiten wir künftig mit den drei Hauptkriterien: Fahrverhalten, Labor und Ausstattung. Für diese gibt es jeweils eine separate Einzelnote. Das Fahrverhalten, das von mindestens drei erfahrenen Testern im Praxistest ermittelt wird, macht den Löwenanteil der Gesamtnote aus. Über alle Fully-Kategorien hinweg fließt das Fahrverhalten, das sich in Uphill- und Downhill-Performance aufgliedert, zu 65 Prozent in die Endnote ein. Entsprechend der Kategorie gibt es mehr Punkte für Up- oder Downhill zu holen. Weitere zehn Prozent kommen aus dem Labor und nochmals 25 Prozent stecken in der Ausstattung. Aufgrund der zusätzlichen Ermittlung des Sitzkomforts bei Hardtails (Bild 4) fällt der Einfluss der Labornote bei diesen Bikes größer aus.

Garantie, Servicefreundlichkeit und auch die Rahmensteifigkeit geben weitere kaufentscheidende Hilfen, gehen aber nicht die Endnote mit ein.

Die neue BIKE-Bewertung (Beispiel)Foto: BIKE MagazinDie neue BIKE-Bewertung (Beispiel)

Bewertung im Detail

1 Fahrverhalten: Der wichtigste Punkt im neuen Bewertungssystem macht bei Fullys 65 Prozent der Endnote aus. Wir unterscheiden weiterhin, wie gut sich ein Bike bergauf und bergab fahren lässt und wie das Fahrwerk entsprechend arbeitet.

2 Laborwerte: Bei den Fully-Kategorien werden Gesamtgewicht und Laufradträgheit ermittelt, was insgesamt zehn Prozent der Note ausmacht. Bei den Hardtails erhöht sich der Prozentanteil, weil mit der Sitzkomfortmessung ein weiterer Laborwert hinzukommt.

3 Ausstattung: Mit insgesamt 25 Prozent verbergen sich fünf unterschiedliche Punkte im Bereich Ausstattung. Neben der Qualität der Komponenten und Anbauteile bewerten wir zusätzlich Dinge, die für den Fahrer einen Mehrwert schaffen. Das kann beispielsweise ein integriertes Tool oder ein Lenkanschlagsbegrenzer sein. Zusätzlich honorieren wir die Möglichkeit, eine Trinkflasche im Rahmendreieck befestigen zu können. Auch die Versenkbarkeit des Sattels und letztendlich die Qualität und Verarbeitung des Rahmens werden ganz genau untersucht und objektiv bewertet.

4 Garantie, Servicefreundlichkeit, Rahmensteifigkeit: Auch die Garantieleistung in Jahren, die Servicefreundlichkeit des Bikes und die Rahmensteifigkeit werden bei BIKE akribisch ermittelt. Allesamt wichtige Kriterien, die beim Kauf einen relevanten Ausschlag geben können.

5 Gesamtnote: Die drei Einzelnoten aus Fahrverhalten, Labor und Ausstattung ergeben zusammen die Endnote.

Auch wenn wir bei BIKE eine Menge Daten erfassen, dominiert am Ende das Fahrverhalten.Foto: Robert NiedringAuch wenn wir bei BIKE eine Menge Daten erfassen, dominiert am Ende das Fahrverhalten.

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