Nach dem Cargobike-Boom, den unter anderem auch die unterstützende Wirkung des E-Motors uns beschert hat, scheint sich ein neuer Trend im Utility-Bike-Bereich zu manifestieren: kleine, wendige Lastenräder. Nagelneu sind sie nicht alle, aber sie werden immer mehr. Wer sich die Beispiele ansieht, erkennt zwei Gemeinsamkeiten: geringe Länge und mindestens ein Laufrad kleiner oder gleich 20 Zoll. Das ist noch keine eigene Kategorie, doch es gibt ein gemeinsames, weit reichendes Ziel: viel Transport-Performance bei geringem eigenem Platzverbrauch und sehr guter Alltagstauglichkeit für mehr als einen Nutzer.
Die Länge der kompakten Cargobikes trägt dazu bei: Sie liegt oft deutlich unter der von normalen 28-Zoll-E-Bikes – diese messen um die zwei Meter. Also ein Punkt für mehr Wendigkeit in der City und deutlich geringeren Platzbedarf als normale Lastenräder. Kürze bei gleichzeitig mehr Zuladung kann man aber nur durch kleinere Laufräder erreichen. Diese sind zwar tendenziell unkomfortabler, aber nicht mit dicken Reifen. Heißt: Werden Reifen mit 50 Millimeter Breite und mehr verbaut, wird’s bequemer. Fahrer und Fracht müssen sich nicht wild durchschütteln lassen – auch wenn die Pneus bei groben Unebenheiten nicht mit einer guten Federgabel konkurrieren können. Gerade im Fall von deftigen Schlaglöchern werden sie dann doch unkomfortabel. Sie geben Stöße stärker weiter als größere Laufräder.
Was die Robustheit anbelangt, sind Sorgen unberechtigt. Je kleiner das Laufrad, desto stabiler ist es tendenziell. Umgekehrt aber macht ein großes Laufrad ein Fahrrad ruhiger. Das liegt an der längeren Aufstandsfläche und mehr noch an der größeren Schwungmasse durch einen größeren Durchmesser. Vielleicht haben Sie schon einmal erlebt, dass große Laufräder länger ausrollen als kleine, andererseits aber schwerer in Schwung zu bringen sind. Die Schwungmasse ist dafür die Ursache.
Ein weiteres kompaktes Lastenrad wird Mitte Mai zu haben sein: Riese und Müller hat kurz vor Redaktionsschluss das Carrie vorgestellt, ein Mini-Long John mit multimodal nutzbarem Korb und der Möglichkeit, zwei Kinder zu transportieren. Das Rad ist mit 2,09 Metern etwas länger als das ähnlich aufgebaute Muli. Für Unterstützung sorgt ein Boch-Performance-Line-Motor mit 75 Newtonmeter.
Grundsätzlich empfehlen wir für Lastenräder oder Räder, mit denen oft Fracht transportiert wird, Motorunterstützung. Gerade im City-Bereich, wo viel Stop-and-go gefahren wird, macht das einen riesigen Unterschied. Und mal ehrlich: Der Plan, öfter mal das Auto stehen zu lassen und den Alltag mit dem Rad zu managen, ist für Rad-ungeübte ohne Motor ziemlich sicher zum Scheitern verurteilt. Ganz zu schweigen vom Fahrspaß, den das Bike mit Bumms gerade auch in der Stadt bringen kann. Wie Kompakträder sind E-Compact-Cargos fast immer als Familienräder konzipiert. Das bedeutet, Menschen mit Körpergrößen von etwa 1,55 bis 1,90 Metern kommen gut mit demselben Rad zurecht und können es auch im Handumdrehen auf sich einstellen.
Verstellbare und drehbare Vorbauten, wie der Speedlifter von by.schulz, ein Schnellspanner am Sattel und eine flexibel nutzbare Geometrie machen es möglich. Erstaunlich ist die Tragfähigkeit, die manche von den kleinen Kerlen mitbringen. So hat das Moca beispielsweise vorn (rahmenfester Träger) und hinten jeweils 35 Kilogramm Zuladung. Alle Beispiel-Räder sind außerdem für den Kindertransport freigegeben. Das Moca hat mit 210 Kilogramm das höchste mögliche Systemgewicht. Die Zuladungsgrenze sollte eine der wesentlichen Faktoren für Ihre Wahl sein: Überlegen Sie, wie hoch das Rad Ihrer Wahl belastbar sein muss, und schauen Sie sich die Belastbarkeit der kompakten Cargobikes an.
Natürlich lassen sich alle mit Faltpedalen ausstatten, man kann bei allen – wenn auch nicht immer mit einem Handgriff – den Lenker längs stellen, sodass sich eine Parkbreite in der Garage von etwa 25 Zentimetern ergibt. Räder mit Vorderraddurchmesser mit weniger als 20 Zoll sind für dauerhafte Nutzung auf schlechten Straßen weniger gut geeignet. Hier werden Fahrer und Fracht stark durcheinandergerüttelt, das Material beansprucht. Je tiefer der Schwerpunkt, desto ruhiger läuft tendenziell das Rad. Diese Regel macht sich unter anderem beim Ca Go CS bemerkbar – dem Rad mit sehr tiefer Ladefläche.
Der Wasserkasten ist hier bestens aufgehoben. Beim Kindersitz ist das unter anderem eine Glaubensfrage: So transportiert man im Muli und Yoonit Kinder kommunikationsfördernd vor dem Fahrer, während man auf den anderen zum klassischen Kindersitz für den Gepäckträger hinten greift. Klarer Entscheidungsfaktor: etwas längere Frachten. Sie sind mit diesen Mini-Long-Johns besser zu transportieren.
Riemen oder Kette? Die Frage fließt auch in die Entscheidung “Naben- oder Kettenschaltung?” ein, da nur die Kombi Nabe/Riemen möglich ist. Wer gern etwas sportlicher unterwegs sein will, ist mit Kettenschaltung und notgedrungen Kette besser bedient, muss aber in Sachen Wartungsfreiheit Abstriche machen. Vor allem am Lastenrad in der City werden Kette und Ritzelpaket stark belastet und verschleißen schneller als das System Riemen/Nabenschaltung.
Eines kann aber keines der kompakten Cargobikes wirklich gut: Gewicht sparen. Trotz des knuffigen Auftretens sind die Dinger mindestens genauso schwer wie viele “erwachsene” E-Bikes, dessen muss man sich im Klaren sein. Allerdings sind viele besser zu tragen, was an den geringeren Maßen und der günstig ausbalancierten Griffmöglichkeit am Rahmen liegt.
Plus:
Minus:
Das 2023 erschienene Ca Go CS ist so etwas wie ein verstecktes Long John. Dessen Kennzeichen: Das Vorderrad ist vor der Ladefläche. Beim CS ist darüber ein weiterer Gepäckträger, der sogar um eine weitere Ladefläche ergänzt werden kann. Unten können bis zu 35 Kilo zugeladen werden. Das Besondere daran: Der tiefe Schwerpunkt zwischen den Rädern sichert ein sehr gelassenes Handling.
Beim Hercules setzt man auf klassische Träger, die man vergrößert. “Wir kommen ja auch vom Post- und Lieferfahrrad und wollten das Konzept für den privaten Nutzer übertragen”, erklärt Jens Lang, Leitung des Produktmanagements. Wir sehen also am Rob Cargo zwei Gepäckträger an gewohnter Stelle – aber deutlich verstärkt; beide sind nicht verschraubt, sondern Teil des Rahmens. Satte 200 Kilogramm Systemgewicht kann das Konzept vorweisen! Durch die 20-Zöller gewinnt man dabei einen tiefen Schwerpunkt.
Diesmal wie das “echte”: Das Hinterrad des Moca ist groß, das vordere klein. Die kräftigen Gepäckträger darüber sorgen dafür, dass Einkauf und Sporttasche auch mal zusammen sicher transportiert werden können. Das große Hinterrad schafft außerdem einen ruhigeren Lauf. Für einen Transporter unerreicht kurz ist das Rad mit 175 Zentimetern trotzdem.
Das Tern setzt vor allem auf den hinteren Träger – ein kurzes Longtail, so könnte man diese Kreation nennen. Das Schwestermodell GSD spielt in der eigentlichen Longtail-Kategorie und fällt aus diesem Grund für uns aus dem Compact-Cargo-Thema. Hier kommen wir auf 150 Kilo Systemgewicht.
Das Muli entpuppt sich als klassisches Long-John-Konzept. Ein sehr kleines Vorderrad schafft Platz für viel Ladelänge, ein tiefer Metallkorb sorgt dazu auch für viel Volumen. Er ist sogar verschließbar, sodass auch bei voller Volumenausnutzung sicher nichts herausfällt. Die Gestängelenkung ist nötig, lässt sich aber gut und sicher bedienen.
Mit richtig kleinen Rädern (vorn nur 16 Zoll) bekommt Yoonit das Lastenrad kurz. Dabei wird – wie bei Long John üblich – eine indirekte Lenkung fällig, in diesem Fall ein Lenkgestänge, das seinen Job ordentlich macht. Die Ladefläche ist deutlich schräg gelagert. Dank des langen Radstands läuft das Rad trotz kleiner Räder gut geradeaus. Der Clou: Die Ladefläche ist multimodal!