Eine Entscheidung fällt eigentlich schon früher: Muss es ein Cargobike sein? Wenn Sie nur gelegentlich etwas transportieren wollen, was auch in einen Anhänger passt, ist ein Lastenrad zusätzlich zum Normalrad oft wenig sinnvoll – außer Sie benutzen ein im engen Sinn alltagstaugliches Lastenrad. Flexibilität zeichnet viele Varianten der Klasse Cargobike aus, wirklich festgelegt auf eine individuelle Nutzung sind die Räder nur mit speziellen Aufbauten beziehungsweise Körben – sei es für den Kindertransport oder den Handwerker. Trotzdem eignen sich natürlich bestimmte Arten des Lastenrads besser für den jeweiligen Einsatz als andere. Testen Sie vor dem Kauf unbedingt mehrere Typen.
Haben Sie eine einfach zugängliche und möglichst wetterfeste Abstellmöglichkeit für das Bike Ihrer Wahl? Achten Sie darauf, dass das Cargobike auf sämtliche Familienmitglieder, die damit fahren sollen, einstellbar ist! Testen Sie, wenn möglich, mit Gepäck. Bei Kindertransport: Checken Sie, ob sich die Kleinen in ihrem neuen Taxi wohlfühlen, ihnen das Aus- und Einsteigen gut gelingt und das Rad dabei sicher steht. Wenn möglich, orientieren Sie sich beim Testfahren an Wegen, die Sie im Alltag mit Lastenrad nutzen wollen. Sparen Sie nicht an der Sicherheit. Hydraulische Scheibenbremsen sind ein Muss, ebenso sichere Kindersitze und -gurte sowie die Möglichkeit eines sicheren Einsteigens. Bevor Sie zuschlagen, erkundigen Sie sich bei der Gemeinde und beim Land nach Fördermitteln für Lastenräder. Eine Unterscheidung von Lastenrädern wird durch die Anordnung der Ladefläche und die Zahl der Laufräder getroffen. Wir haben im folgenden drei – genauer sogar vier – Typen zusammengestellt.
>>Den großen Cargobike-Test mit den sieben unterschiedlichen Rädern finden Sie hier.
Longtail: Der Name sagt es, der lange und damit transportfreudige Teil des Rads ist ein überdimensionaler Gepäckträger hinter dem Sattel. Vorne ähnelt das Cargobike dem City- oder auch dem Kompaktrad mit 20-Zoll-Rädern. Deshalb lenkt das Longtail sehr direkt und erfordert meist wenig Umstellung im Fahren. Der Wendekreis ist nur etwas größer als am Stadtrad, besonders, wenn es sich um ein Bike mit kleinen Rädern handelt. Allerdings hat das Fahrzeug Versatz, heißt: In Kurven zieht das Hinterrad einen deutlich kleineren Radius als das vordere. Bei engen Kurven einplanen!
Was das Longtail mit verstärktem und aufgerüstetem Hinterteil gut kann: Ein Taxi für die Kurz- und Mittelstrecke ersetzen! Dazu müssen geeignete Fußablagen vorhanden sein, die Füße müssen vor Reifen- und Speichenkontakt geschützt werden. Sitze oder Kissen und für Kinder auch eine Reling oder ein Haltegriff müssen vorhanden sein. Da viele Räder ein zulässiges Gesamtgewicht von bis zu 200 Kilogramm haben, können bis zu drei Kinder respektive ein Erwachsener von A nach B gefahren werden. Bei manchen Modellen sind zwei Packtaschenreihen möglich. Nicht nur für den Großeinkauf, auch für Reisen ein sinnvolle Option! Größter Vorteil: einfachste Handhabung aller Cargo-Räder, vor allem beim Parken. Wichtig ist ein stabiler Mittelständer, eine gefederte Gabel ist sinnvoll.
Bevorzugter Einsatzbereich: breit angelegt, vom Eltern- oder Partner-Taxi für die Kurzstrecke, ein einfach fahrbares, tourentaugliches Alltagsrad mit der Lizenz zum Transportieren. Der Schwerpunkt ist dabei allerdings etwas höher als bei der nächsten Variante, was man bei schweren Lasten spürt.
Der Long John ist ein altbewährter Klassiker. Die Ladefläche sitzt vor der Lenksäule und hinter dem meist auch hier kleinen Vorderrad. Das macht das Cargobike erheblich länger als das Standard-Velo. Auch dass das Vorderrad bei höherer Beladung oft nicht im Blickfeld ist, muss erst verinnerlicht werden. Trotz seiner Länge und gewöhnungsbedürftigen Lenkeigenschaften ist man mit dem Rad sehr flott unterwegs, was es beliebt bei Fahrradkurieren macht.
Sein großer Vorteil: Viel gut verwertbares Transportvolumen bei tiefem Schwerpunkt, was es zum Lieferwagen unter den Cargobikes macht, dabei spritziger als ein Dreirad-Schwertransport mit oft nur geringfügig weniger Zuladungskapazität als dieser. Man hat stets einen Blick auf die Fracht, was vor allem beim Kindertransport besonders sinnig ist. Beim Ein- und Ausparken ist Rangieren nötig, bei Durchlaufgitter gelegentlich auch.
Bevorzugter Einsatzbereich: Kurz- und Mittelstrecke, vom Handwerker-Transporter über Großeinkauf bis hin zum Elterntaxi, auch für Kleinkinder.
Beim klassischen Lastendreirad sitzt die Fracht zwischen den beiden Vorderrädern. Der tiefe Schwerpunkt und die Verteilung der Last auf ein Rad mehr ermöglichen sichere Fahreigenschaften auch bei viel Zuladung. Balancieren? Nicht nötig. Dafür ist man weniger zügig unterwegs, denn die Spurbreite vorn, der deutlich größere Wendekreis sowie auch das höhere Gewicht machen das Cargobike im City-Verkehr sperriger als das Zweirad. Hinzu kommt, dass sich ein klassisches Dreirad nicht in die Kurve legt und so nur begrenzte Kurvengeschwindigkeiten zulässt. Einige dieser Räder sind aber Transportwunder und ermöglichen bis zu sechs Kids in der Kiste. Oder eben eine komplette Heimwerker-Ausstattung.
Wer nicht auf kuriermäßiges flottes Vorankommen angewiesen ist und Platz zum Parken und rangieren hat, kann damit einem Kombi-PKW locker Paroli bieten. „Schnell mal in den Keller tragen“ ist aber eher nicht drin. Wichtig: Eine Feststellbremse gegen das Wegrollen beim Parken sollte vorhanden sein!
Einsatzbereich: schwere oder großvolumige Lastentransporte, je nach Aufbau auch mehrere Kinder. Viele schwören auf die (Stand-)Sicherheit des klassischen Dreirads für den gemütlichen Kindertransport. Je nach Aufbau ein guter Schwertransporter.
Dreiräder mit Neigetechnik sind eine relativ neue Kategorie unter den Cargobikes. Sie können sich durch ein spezielles Fahrwerk ähnlich den Einspurern in die Kurve legen und sind dadurch flotter als der Klassiker; je nach Typ gibt’s hier auch viel Fahrspaß. Der Platzbedarf im Verkehr, beim Parken und Rangieren ist aber bei beiden Varianten höher als beim Einspurer. Für den individuellen Einsatz macht das Handling dennoch einen riesigen Unterschied innerhalb der beiden Varianten – je nach Typ lässt sich mit dem Neiger wie mit dem Zweirad im Flow bleiben. Allerdings sollte man vor dem Kauf testen, ob man mit dem jeweiligen Handling gut zurechtkommt.
Je nach Bedarf ist auch das Neige-Cargo-Trike mit Kiste, Korb, aber auch ebener, flexibel einsetzbarer Ladefläche zu haben, das Neige-Fahrwerk verringert die verfügbare Ladefläche im Vergleich zum normalen Trike jedoch etwas in der Breite. Das Leergewicht ab ca. 35 Kilogramm spricht für eine Motorunterstützung, auch wenn der Spediteur ein geübter Radfahrer ist. Wichtig: Die Neigetechnik sollte für das Beladen blockierbar sein.
Einsatzbereich: Kindertransport und Familienalltag, sofern passender Parkraum vorhanden. Mit Neiger bleibt man trotz viel Platz gut im Flow – wenn’s denn die Verkehrsinfrastruktur für Radfahrer zulässt.
Cargobikes sind schon aufgrund ihrer robusten Bauweise schwerer als normale Räder oder E-Bikes. Vor allem Dreiräder können schnell 50 Kilogramm wiegen. Mit Fracht für das Stop-and-Go in der City eine Herausforderung – wenn man keine Motorunterstützung hat. Auch wer dicke Oberschenkel und viel Bike-Praxis hat, legt den Gedanken, per Cargobike eine Autofahrt zu ersetzen, dann vielleicht schnell ad acta. Deshalb empfehlen wir nicht nur wegen des Komforts, sondern auch wegen der Motivation, nachhaltig seine Lasten und Kinder CO2-frei zu befördern, grundsätzlich einen Motor. Viele Hersteller bieten tatsächlich Lastenräder nur unterstützt an. Hersteller wie Bosch oder Shimano haben spezielle Motoren für Lastenräder im Programm, die viel Drehmoment auch schon bei geringen Pedalfrequenzen bieten. Also genau das Richtige für Ampelstarts und Steigungen mit Gewicht.
Neuaufsteiger sollten sich ans Lastenrad-Fahren herantasten. Üben Sie am Besten auf einem Verkehrsübungsplatz oder auf einem leeren Parkplatz.