Unsere Heimatstadt ist hügelig und wir haben uns zum Ziel gesetzt, möglichst viele Strecken mit dem Fahrrad zu bewältigen. Das gilt auch für unsere Kinder. Den Weg zur Schule legen unsere Kids auf dem Bike zurück – bei Wind und Wetter. Einkäufe im Supermarkt? Erledigen wir auf zwei Rädern. Schwimmbad mit dem Fahrrad? Logisch. Schwieriger wird es aber, wenn es um den Weg zum Sport geht. Der Fußballplatz liegt gut fünf Kilometer entfernt – Training für unseren Kleinen findet zweimal die Woche statt. Der Große muss zum Parkours, doch die Halle steht 4 Kilometer und knapp 100 Höhenmeter weit weg und die Motivation, schon vor dem Training zu schwitzen, ist nicht gerade groß. Auf dem Weg zu den Großeltern lauern zwar keine Steigungen, doch 20 Kilometer einfach sind für unter Zehnjährige schon eine Ansage.
Könnte ein kindertaugliches E-Bike da vielleicht die Lösung sein? Eigentlich sträuben wir uns bisher gegen Bikes mit Motor und befürchten, wir könnten die Kids verhätscheln. Wie sollen wir den Nachwuchs jemals wieder zum Selbertreten motivieren, wenn ihnen erst einmal, unterstützt von der Power des E-Motors, der Fahrtwind um die Nase pfeift? Trotzdem haben wir uns breitschlagen lassen und das Angebot von Woom angenommen: Probiert doch mal unser neues Kinder-E-Bike Woom Explore e aus, hieß es in der Mail. Ok, dann mal her damit.
Mit dem Explore e wagt sich Woom in ein neues Segment vor und präsentiert sein erstes E-Bike für Kinder. Das 24-Zoll-Rad richtet sich an junge Radfahrerinnen und Radfahrer zwischen 7 und 11 Jahren mit einer Körpergröße von 125 bis 145 Zentimetern. Als Basis dient der Aluminiumrahmen des nicht motorisierten Woom Explore 5, der für den Einsatz als E-Bike modifiziert wurde. Beim Gewicht landet das Explore e bei 12,7 Kilogramm.
Als Antrieb kommt ein 250-Watt-Nabenmotor von Mahle zum Einsatz. Der XS30-Motor soll laut Woom eine harmonische und intuitive Unterstützung bieten, die die natürlichen Bewegungsabläufe der Kinder unterstützt. Drei Unterstützungsstufen stehen zur Auswahl, die direkt am Akku oder über eine Smartphone-App gesteuert werden können. Ein Display am Lenker gibt es bewusst nicht, um Ablenkungen während der Fahrt zu vermeiden. Die maximale Unterstützungsgeschwindigkeit liegt – wie auch bei den Erwachsenen-Rädern, bei 25 km/h.
Der 171-Wattstunden-Akku ist wie eine Trinkflasche am Unterrohr positioniert und lässt sich zum Laden oder Transport abnehmen. Mit einem Gewicht von 1,2 Kilogramm fällt das Akkugewicht überschaubar aus. Die Reichweite gibt Woom mit bis zu 50 Kilometern an, bei niedrigster Unterstützungsstufe auf flachem Terrain. Geladen wird der Akku in einer schicken Ladeschale, die über ein USB-C-Kabel mit der Steckdose verbunden wird.
Die Ausstattung des Woom Explore e 5 ist wenig spektakulär, aber funktional gehalten. Eine 8-Gang-Schaltung von microSHIFT mit Trigger-Schalthebel sorgt für eine ausreichende Übersetzungsbandbreite. Hydraulische Scheibenbremsen von Promax mit 160 Millimeter Scheiben vorne und 140 Millimeter hinten sollen auch bei höheren Geschwindigkeiten zuverlässig verzögern. Die 24-Zoll-Laufräder sind mit 2 Zoll breiten Billy Bonkers Faltreifen von Schwalbe bestückt, die auf Asphalt gut rollen und auch auf Schotter noch ausreichend Traktion bieten.
Woom betont, dass die Rahmengeometrie speziell auf die Bedürfnisse von Kindern zwischen 7 und 11 Jahren abgestimmt wurde. Eine leicht gestreckte Sitzposition soll Komfort auf längeren Touren bieten. Der Lenker ist mit 580 Millimetern relativ breit ausgelegt. Sattel und Griffe wurden ergonomisch an die Zielgruppe angepasst. Praktische Details wie ein Sattelschnellspanner und ein verstellbarer Vorbau erleichtern das Mitwachsen.
Der erste Kontakt mit dem schlicht-schwarzen Woom fällt verhalten aus. „Das hat ja gar keine Federgabel!“, meckert unser Großer. „Kann ich mit den dünnen Reifen überhaupt durch die Wiese fahren?“, schiebt der Kleine nach, „und hast du nicht gesagt, das Bike hat nen Motor, Papa?“
Ok, dass der Motor des Woom Explore e nicht an der Kurbel sitzt und der Akku nicht im Rahmen, sondern als Flasche getarnt im Flaschenhalter steckt, muss man vielleicht kurz erklären. Aber den Rest erledigen die Kinder selbst. Akku laden kennen sie vom Tablet. Den kleinen Torpedo am Bike anstöpseln klappt intuitiv und auch der kleine Knopf, der den „Booster“ aktiviert, ist schnell gefunden. Mit wenigen Handgriffen ist das Bike auf die richtige Größe eingestellt, Sattelschnellspanner sei Dank. Bremsen und Schalthelbel ausrichten und los geht`s.
Nach kurzer Rangelei hüpft der Große aufs Explore e, schließlich muss die Rangordnung eingehalten werden. Dass lila volle Power heißt und nicht grün, hat er schnell raus. Drei Mal den Power-Button gedrückt und schon saust der Knirps die Straße runter - und düst mit breitem Grinsen wenig später wieder an uns vorbei. „Das geht ab wie ne Raketäääääää!“, brüllt er und verschwindet mit Vmax hinter der nächsten Kurve.
In den nächsten Tagen erledigen wir auch die ungeliebten Sport-Strecken mit dem Woom und siehe da – plötzlich ist auch der Anstieg zum Parkours-Training gar nicht mehr so schlimm. Die Anfahrt artet sogar in ein Wettrennen gegen den Papa aus. Ich habe in Sachen Beschleunigung natürlich klar das Nachsehen und auch den Top-Speed-Joker kann ich nicht wirklich ziehen, denn dank des akzeptablen Gewichts und der leicht rollenden Reifen, können die Kids das Woom auch über die Motorbegrenzung von 25 km/h hinaus beschleunigen – solange es flach bleibt.
Es ist Wochenende und der Besuch bei den Großeltern steht an. Die Sonne scheint und wir beschließen spontan, die Gelegenheit für eine Langstrecken-Erprobung zu nutzen. Es stellt sich schnell heraus, dass der Turbo-Modus nicht der passende für längere Etappen ist: dreimal treten, dann wieder rollen lassen, weil sonst die Beinchen so schnell wirbeln, dass ich Angst habe, der arme Junge neben mir könnte abheben . So kommt kein Flow auf. Also schalten wir in den Eco-Modus und sind erstaunt, dass die leichte Unterstützung schon reicht, um mit gut 20 km/h ordentlich Strecke zu machen. Und trotzdem bleibt offensichtlich noch ausreichend Luft, um den Papa anderthalb Stunden lang im Wortstakkato zuzulabern. Wir quatschen über Lego-Technik-Motoren, die bevorstehende Fahrt ins Schullandheim, legen auf halbem Weg eine Eispause ein und bis wir uns versehen, rollen wir schon auf den Hof der Großeltern. So easy? Damit hätte ich nicht gerechnet.
Nach drei Wochen mit dem Woom Explore e ziehen wir ein überraschend positives Fazit: Wir sind Strecken gefahren, die wir uns mit den normalen Bikes mit viel Überredungskunst erkämpfen hätten müssen. Nach der anfänglichen Turbo-Begeisterung waren unsere Kids erstaunlich oft im Eco-Modus unterwegs, weil sie doch auch selbst noch etwas aus der Puste kommen wollten. Und für den täglichen Weg zur Schule oder für die Runde mit den Kumpels blieb das E-Bike wie selbstverständlich in der Garage stehen.
Dass Kinder durch die Motor-Unterstützung die Lust an Sport, Bewegung und sich Auspowern verlieren würden, können wir nicht bestätigen. Für uns war das Woom Explore e in den meisten Fällen einfach eine gute Gelegenheit, das Auto einmal mehr stehen zu lassen und mit unseren Kids draußen unterwegs zu sein.
Bei allem Lob gibt es natürlich auch etwas Kritik. Vor allem bei der Wahl der Farbe hätten sich die Kids etwas mehr „Freshness“ gewünscht – so wie bei den anderen Kids-Bikes der Österreicher. Für uns Eltern war vor allem der Akku-Check per App nervig. Ansonsten ist nie klar, wie viel Saft tatsächlich noch in dem kleinen Kraftpaket steckt. Auch die Bedienung während der Fahrt ist nicht optimal, weil die Kinder dann die Hand vom Lenker lösen müssen, um am Akku die Unterstützungsstufe zu wählen.
Die Übersetzung der 8 Gänge reicht dank Motor-Unterstützung auch für längere Anstiege, der Trigger-Hebel ist für Kinderhände aber nicht optimal zu bedienen. Besonders clever finden wir den Mitwachs-Vorbau, dank dem das Woom Explore e nicht nur bis zum nächsten Geburtstag passt, sondern locker zwei Wachstumssprünge mitmacht und so den doch recht hohen Anschaffungspreis wieder relativiert.