Jan Timmermann
· 18.02.2024
Die Suche nach einem Kinder-Mountainbike hat schon viele Eltern zur Verzweiflung gebracht. Die Kaufentscheidung fällt oft schwerer, als bei MTBs für Erwachsene. Kein Wunder, spielen doch noch mehr Faktoren eine Rolle, als bei ausgewachsenen Bikern.
Da wäre zum einen die Wahl der richtigen Größe: Welche Rahmen- und Laufradgröße braucht mein Kind? Inzwischen gibt es auf dem Markt für Kinder-Bikes nichts, was es nicht gibt. Deshalb geht es weiter mit der Frage nach dem Einsatzgebiet: leichtes Sportgerät, Allround-Bike oder reiner Abfahrer, Hardtail oder Fully?
Eng damit verknüpft ist die Frage nach Gewicht und Preis eines Kinderbikes. Kids wachsen schnell. Wenn Eltern nicht jedes Jahr ein kleines Vermögen ausgeben wollen, um ein neues Bike unter den Weihnachtsbaum zu stellen, informieren sie sich bestenfalls ausgiebig und halten auch den Gebrauchtmarkt im Blick.
Doch der Spießrutenlauf beim Kauf eines Kinderbikes geht weiter: Welche Ausstattung braucht ein Kinder-MTB und ab welchem Alter macht eine Federgabel Sinn? Zu guter Letzt müssen es Eltern auch noch schaffen, dass der Nachwuchs eine persönliche Beziehung zum Fahrrad aufbaut. Kinder lieben das Spiel mit Geschwindigkeit und Bewegung beim Mountainbiken. Soll der ebenso zarte, wie sprunghafte Funke ihrer Begeisterung sich aber zu einer nachhaltigen Begeisterung für den Sport entwickeln, können selbst Details wie die Farbe entscheidend sein. Wir haben die wichtigsten Infos zu Kinder-Mountainbikes zusammengestellt und geben Eltern eine Kaufberatung an die Hand, um im Dschungel all dieser Fragen einen Überblick zu behalten.
Genau wie Erwachsene brauchen Nachwuchs-Mountainbiker ein Sportgerät in der für sie passenden Größe. Verhältnismäßig leicht ist es da, wenn kleine Kinder noch auf Laufrädern unterwegs sind. Inzwischen gibt es auch hier Modelle, die sich mit einer angepassten Geometrie und entsprechenden Reifen für den Einsatz abseits befestigter Wege eignen. Während sich bei ausgewachsenen Bikern große 29-Zoll-Laufräder etabliert haben, muss die Laufradgröße an einem Kinder-MTB wiederum zur Rahmengröße passen. Gar nicht so leicht in diesem zweidimensionalen System die richtige Größe zu finden.
Spezielle Mountainbikes für Kinder gibt es mit Laufradgrößen von 12 bis 29 Zoll. Die größten Laufräder passen, je nach Modell, allerdings frühestens ab 142 Zentimetern Körpergröße. Auch Kinder profitieren vom besseren Überrollverhalten großer Laufräder und werden durch sie beim sportlichen Einsatz meist besser ins Rad integriert. Dazu kommt eventuell ein finanzieller Vorteil: Gönnt man Kindern so früh wie möglich große Laufräder, dauert es tendenziell länger, bis der kindliche Körper aus der Bike-Größe hinausgewachsen ist. Sind die Laufräder im Verhältnis zur Körpergröße allerdings zu groß, wird das Handling des Kinder-Bikes jedoch schnell sperrig. Um Unsicherheiten zu vermeiden, wächst die Laufradgröße am besten mit dem Kind mit. Manche Rahmenplattformen lassen auch einen Wechsel zwischen zwei Laufradgrößen zu, sodass das Bike länger passen kann.
Die meisten Hersteller geben verlässliche Empfehlungen zu den minimalen und maximalen Körpergrößen für eine einzelne Rahmengröße. Da es auch unter Kindern unterschiedliche Körper mit besonders langen Beinen oder kurzen Oberkörpern gibt, ergänzen viele Hersteller sinnvollerweise die Angabe der Schrittlänge. Feintuning bei der Passform lässt sich durch Sattelhöhe und Vorbaulänge betreiben - doch das hat Grenzen. Zum Beispiel kann bei einem kleinen Rahmen mit großen Laufrädern der Sattel nur so weit abgesenkt werden, dass sich das Hinterrad noch frei drehen kann.
Der maximale Einschub der Sattelstütze definiert die Mindestsitzhöhe für ein Kinder-Rad. Eine Annäherung gibt folgende Formel: Sitzhöhe = Schrittlänge x 0,885. Nicht immer geben Hersteller die Mindestsitzhöhe an. In diesem Fall kann die Sitzrohrlänge Aufschluss geben. Zu ihr müssen jedoch ein paar Centimeter für den Sattel und den nicht versenkbaren Kopf der Sattelstütze gerechnet werden. Ein weit absenkbarer Sattel bringt beim Erlernen von Fahrtechnik und ersten Herausforderungen auf dem Trail Sicherheit. Hochwertige MTBs für Kinder ab circa sechs Jahren kommen deshalb manchmal mit einer versenkbaren Vario-Stütze. Auch hier muss natürlich die Mindesteinstecktiefe sowie der maximale Hub der Stütze beachtet werden. Können Kinder über dem Oberrohr auf dem Boden stehen, ist das ein gutes Zeichen für eine passende Überstandshöhe des Rahmens.
Federelemente sind schwer - vor allem, wenn sie günstig sein sollen. Wer vor allem in leichtem Gelände unterwegs ist, sollte deshalb ein Starrgabel- Bike mit guten Reifen favorisieren. Mit wenig Luftdruck und gut gedämpften Reifen kommen Kinder auch auf einem Starrgabel-Hardtail im Gelände zurecht. Erst, wenn die Strecken anspruchsvoller und die Fahrtechnik immer besser werden, macht eine Federgabel Sinn.
Auf einem leichten Bike mit Starrgabel lernt der Nachwuchs schneller und der Spaß am Treten bleibt auf Tour länger erhalten. Je mehr Geländeeinsatz gefragt ist, desto mehr Sinn machen Federgabel und sogar Hinterraddämfung an einem Kinder-Mountainbike. Zeigen Kinder Interesse an der Cross-Country-Disziplin, sollte es zugunsten der Schnelligkeit und der sportlichen Entwicklung aber vorerst bei einem Hardtail bleiben.
Die Auswahl an vollgefederten Kinderrädern ist heute sehr groß. Wer regelmäßig durch den Bikepark fetzt und auch schon ruppige Trails in Angriff nimmt, der behält auf einem Fully besser die Kontrolle und ermüdet langsamer. In jedem Fall muss sich das Fahrwerk von Kinder-Bikes auf ein geringes Körpergewicht einstellen lassen. Gabeln und Dämpfer mit Stahlfederdämpfung sind an Kinderbikes ein No-Go. Luft-Fahrwerke mit Luftfederung sind nicht nur deutlich leichter, sondern lassen sich auch erst das leichte Gewicht von Kindern einstellen. Leider finden sich Federgabeln mit Luftdämpfung eher selten an günstigen Kinder-MTBs. Fahrwerksteile für Kids zeichnen sich durch einen speziellen Dämpfer-Tune aus, der die Federung für leichte Körpergewichte gut nutzbar macht.
Jedes Elternteil kennt es: Kinder verlieren schnell die Lust an unangenehmen Aufgaben. Sie wollen spielend lernen, statt sich bewusst anzustrengen. Entdecken Kids den Mountainbike-Sport für sich, werden Motivation und Handling maßgeblich durch das Verhältnis von Körper- zu Bike-Gewicht bestimmt. Ein zu schweres Bike wird schnell ungeliebt in der Ecke stehen.
Sollen Kinder Mountainbike mit Spaß fahren, gilt beim Fahrradgewicht: Der Einsatzbereich entscheidet und weniger ist mehr! Je nach Größe können im Bikepark 13 Kilo noch in Ordnung sein. Höchstens zehn Kilo sollten es auf Tour sein, sonst kommt Frust auf. An Cross-Country-Bikes für Kinder sind Leichtbau-Parts gut aufgehoben. Leider gehen diese Tuning-Teile auch kaputt und ziemlich ins Geld. Eltern die selbst an ihren Bikes schrauben, können jedoch einmalig in leichte Anbauteile, wie Lenker, Vorbau, Sattelstütze und Sattel investieren und diese im Wachstumsprozess ihrer Sprösslinge ans größere Rad übertragen. Durch ihr geringes Körpergewicht bringen Kinder weniger Last auf die Reifen. An diesen darf zugunsten der Gewichtsreduktion also etwas am Pannenschutz gespart werden.
Machen wir uns nichts vor: Auch die besten Kinder-Fahrräder sind für Kinder im Vergleich zu ihrem Körpergewicht relativ schwer. Fährt ein 80 Kilo schwerer Erwachsener auf einem 13-Kilo-Bike durchs Gelände, bräuchte ein 40 Kilo schweres Kind ein Mountainbike mit einem Gewicht von nur 7,5 Kilogramm, um auf dasselbe Verhältnis zu kommen.
Oder noch gravierender, aber leider absolute Alltags-Realität: Ist ein kleines, 20 Kilo leichtes Kind ist auf einem zehn Kilo schweren Fahrrad unterwegs. Das wäre für den 80-Kilo-Erwachsenen mit einem Bike-Gewicht von 40 Kilo vergleichbar. Ohne Motor macht das keinen Spaß - egal ob jung oder alt.
Apropos Motor: Natürlich gibt es heutzutage auch E-MTBs für Kinder. Sinn kann das machen, wenn die Kinder auf der Familien-Tour mit den Eltern mithalten sollen. Letzteren muss aber bewusst sein, dass Gewicht und Geschwindigkeit die Sicherheit des Kindes beeinträchtigen und das koordinative Erlernen von Fahrtechnik damit schwerer fällt.
Die schlechte Nachricht zuerst: Wirklich günstig kommt ein gutes Mountainbike für Kinder die Eltern nicht zu stehen. Je nach Größe starten die Preise bei rund 500 Euro. Bei einem richtig leichten Hardtail oder einem geeigneten Fully können es gut und gerne schon mal 3000 Euro sein. Das ist viel Geld. Erst recht, wenn Kinder noch wachsen und eventuell keine Geschwister haben, an die das teure Bike weitergereicht werden kann.
Auch auf dem Gebraucht-Markt sind gute Kinder-Bikes schwer gefragt und echte Schnäppchen selten. Die hohen Wiederverkaufspreise können die oft nur geringfügig höheren Neupreise aber relativieren. Leisten Eltern ihrem Kind beispielsweise ein MTB für 2000 Euro und verkaufen dieses wieder für 1500 Euro, könnte das eine bessere Investition gewesen sein, als bei einem Bike für 500 Euro, das am Ende noch billig verscherbelt werden muss.
Mountainbike-begeisterte Väter und Mütter wissen natürlich, das das Geld bei einem hochwertigen Kinder-Bike hervorragend angelegt ist. Schließlich ist ein Mountainbike für Kinder mehr als nur ein Fortbewegungsmittel oder Spielzeug. Wer den Nachwuchs nachhaltig für Sport und MTB-Szene begeistern will, sollte investieren. Vernünftig ausgestattete Kinder-Mountainbikes starten bei Neupreisen von circa 700 Euro bei den Hardtails und rund 1500 Euro bei den Fullys. Es sei noch dazugesagt, dass ein tolles Kinder-Bike auch die Eltern erfreuen kann. Viele Familien entwickeln eine regelrechte Leidenschaft für gutes und kindgerechtes Material. Im besten Fall schaffen es Eltern, ihre Kinder damit anzustecken, sodass diese die hochwertigen Mountainbikes wertschätzen können.
Kleine Kinderhände brauchen dünne Griffe, um den Lenker auf im Offroad-Einsatz richtig festhalten zu können. Dazu verbauen viele Hersteller sogar spezielle Kinder-Lenker mit einem reduzierten Durchmesser von 19 Millimetern im Griff-Bereich. So können je nach Größe der Hände 22 bis 26 Millimeter Griffdurchmesser bei Kindern passend sein.
Kurze Finger erfordern Bremshebel mit geringen Griffweiten. Am besten ist es, wenn der Bremshebel eine ergonomische Form aufweist und sich in der Griffweite verstellen lässt. Scheibenbremsen brauchen nur geringe Handkräfte und sind deshalb auch an einem Kinder-Bike optimal. Die nötige Dosierung können Kinder mit etwas gezieltem Fahrtechniktraining schnell erlernen.
Einfach-Antriebe haben sich in den meisten Bereichen der Mountainbike-Szene durchgesetzt. Auch an einem Kinder-MTB machen sie Sinn, denn sie sind unkompliziert und leicht. Eine Tour macht Kindern jedoch nur mit einem passenden Berggang Spaß. Über Frust oder Motivation entscheidet nicht, wie viele Schaltstufen die Kassette hat, sondern die Übersetzungsbandbreite. Antriebe mit mindestens 420 Prozent Bandbreite haben sich bewährt. Kleine Kettenblätter mit 28 oder weniger Zähnen erleichtern den Aufstieg ungemein. Die Kurbellänge sollte in etwa zehn Prozent der Körpergröße entsprechen. Für eine kindgerechte Beinführung empfiehlt sich ein Q-Faktor um 150 Millimeter. Natürlich hat ein gutes Kinderbike auch einen ergonomischen Sattel und griffige Pedale.