Man müsste nochmal Kind sein, schießt es mir durch den Kopf, während mein Blick über die beiden Laufräder streift. Es handelt sich um die beiden neuen Balance-Bikes von Kids Ride Shotgun und Propain. Der Markt für hochwertige Kinder-Laufräder und entsprechendes Zubehör ist in den letzten beiden Jahren geradezu explodiert und war noch nie umfangreicher. Es gibt nichts, was es nicht für die lieben Kleinen gibt. Angefangen vom Kindersitz, der den Nachwuchs in erster Reihe auf dem Oberrohr platziert, bis hin zum top ausgestatteten Kinder-E-MTB für 4000 Euro und noch sehr Vieles dazwischen.
Der erste Schritt auf dem Weg zu einem echten Mountainbiker führt zweifelsfrei über das Laufrad. Mit einem Laufrad können die Kids spielerisch ihr Gleichgewicht schulen, erste Lenkversuche machen und Bewegungsabläufe erfahren. Die ersten noch unsicheren Fahrversuche weichen schnell einem routinierten Gewusel mit Dauergrinsen im Gewicht. Das Ganze geschieht in den meisten Fällen nahezu von alleine und absolut flugs, so dass man sich nur noch selbst mitleidig an die eigenen Versuche mit und ohne Stützräder erinnern mag.
Mit 279 Euro fällt das Bam Bam von Propain etwas günstiger aus als das Dirt Hero von Kids Ride Shotgun. Das Laufrad der Neuseeländer schlägt in der günstigsten Konfiguration mit 12 Zoll Laufrädern bereits mit mindestens 340 Euro zu Buche. Die optionalen 14 Zöller kosten 20 Euro Aufschlag. In Kombination mit der Magura MT4 Hinterradbremse (wie bei unserem Testbike) landet das Laufrad sogar bei stolzen 439 Euro. Doch auch Propain hat vorgesorgt und dem Bam Bam zumindest eine Scheibenbremsaufnahme fürs Hinterrad spendiert. So lässt sich auch das Bam Bam bei Bedarf mit einer Hinterradbremse aufrüsten, was das richtige Verzögern schult und den Schuhverschleiß drastisch reduziert. Eine Option im Konfigurator bietet Propain leider nicht an. Wer dem Sprössling etwas Gutes tun will, muss also selberschrauben.
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Wer hätte es gedacht, auch bei Kinder-Laufrädern gibt es noch grundlegende Neuerungen zu entdecken. Sowohl das Bam Bam, als auch das Dirt Hero sind mit einer Trittfläche ausgestattet, auf der sich bequem die Füße abstellen lassen. Das Trittbrett besitzt einen gewissen Aufforderungscharakter und animiert die Kids auch längere Strecken, ohne Fußsetzen zu bewältigen. Das gelingt definitiv besser und intuitiver, als wenn die Kleinen permanent die Füße anziehen müssten. Durch das griffige Kunststofftrittbrett hat das Dirt Hero im Vergleich zum Bam Bam, wo die Füße einfach auf dem Rahmen abgestellt werden, einen kleinen Pluspunkt.
Beide Laufräder profitieren von einer modernen Geometrie mit einem laufruhigem Lenkwinkel. Das Bam Bam kommt mit 69 Grad aus, während das Dirt Hero sogar noch eine Stufe weiter geht und mit seinem 66 Grad Lenkwinkel wie das kleine Enduro von Papa dasteht. Je nach Laufradgröße (beim Dirt Hero werden für 14 Zoll die Ausfallenden getauscht) liegt der Radstand auf einem vergleichbaren Niveau. Beim Thema Gewicht hat das Dirt Hero mit 4290 Gramm trotz der zusätzlichen Hinterradbremse die Nase vorne. Das Bam Bam wiegt 4580 Gramm, was in erster Linie durch die größeren Laufräder und Reifen kommt. Bei der Reifenwahl vertrauen beide Hersteller übrigens auf 2,25 Zoll breite Schlappen von VeeTire. Die grob profilierten Reifen bieten ein großes Volumen und können mit sehr niedrigen Luftdrücken gefahren werden, was hohen Komfort auch abseits von Schotter und Asphalt gewährleistet.
Ab wann es generell mit einem Laufrad losgeht, hängt stark von der Entwicklung des Kindes ab. Die meisten Hersteller geben ein Alter ab zwei Jahren an. Propain bietet durch eine Körpergrößenempfehlung von 90 bis 110 Zentimetern eine zusätzliche Orientierung für das Bam Bam. Damit ein Kind überhaupt mit den ersten Versuchen starten kann, sollte der Sattel so weit absenkbar sein, dass es mit den Füßen sicher auf den Boden kommt. Die niedrigste Sitzhöhe beim Dirt Hero mit 12 Zoll Laufrädern liegt bei 317 Millimetern (352 mm/14 Zoll), während das Bam Bam auf Grund der größeren Laufräder auf 385 Millimeter kommt.
Das Dirt Hero von Kids Ride Shotgun kostet mindestens 61 Euro mehr als das Propain Bam Bam, kann sich dafür aber auch in einigen Punkten durch höherwertigere Details und das flexible Baukastensystem absetzen. So sprechen der hochwertige Vorbau, der integrierte Steuersatz, das griffige Trittbrett und kleine Details, wie Ventile mit einem Winkelabgang, für das etwas leichtere Dirt Hero. Mit einem mehr als 20 Prozent niedrigeren Preis, weiß aber auch das funktionelle Bam Bam mit viel Fahrspaß zu überzeugen.