Zelte fürs BikepackingDiese 3 leichten Zelte mit kleinem Packmaß passen gut ans Fahrrad

Marc Strucken

 · 14.07.2024

Was ist besser als eine ausgedehnte Bike-Tour? Eine Bike-Tour, die man am nächsten Tag fortsetzt und die Nacht im Zelt verbringt!
Foto: Marc Strucken
Das kleine Abenteuer kann so nah sein! Mit kleinen, (recht) leichten Zelten und einem Fahrrad fliehen wir in die Bikepacking-Auszeit. Dazu haben wir drei Einpersonenzelte getestet - zwei von Vango aus Großbritannien und eines von Ferrino aus Italien. Alle drei passen in die meisten Lenkertaschen.

Bikepacking ist, so muss man es wohl sagen, was du draus machst. Das gilt zwar wohl für die meisten Unternehmungen, aber jeder versteht unter dem gerade sehr hochfrequent verwendeten Begriff Bikepacking etwas anderes. Die einen sehen sich sofort auf einem 1000 km langen Trip durch Guatemala, andere denken an die kleine Flucht übers Wochenende.

Die drei von uns hier getesteten Zelte haben bestimmt ihre Stärken (und Schwächen) - alle aber passen sie in die meisten gängigen Lenkertaschen. Diese kleinen Zelte für eine Person sind vielleicht nicht die allerleichtesten, aber sie haben Vorteile gegenüber Ultraleichtmaterial wie Biwaksack und Tarp: Robustheit, Autarkie (stehen von sich aus) und ein besserer Schutz gegen die Elemente.

Von Vango aus der Nähe des britischen Glasgow haben wir zwei Vertreter im Test: das F10 Helium UL Air und das Apex Compact 100. Vom italienischen Hersteller Ferrino aus Turin kommt das Piuma 1 Ultralight.

Das Vango Apex Compact 100 im Praxistest

Das Vango Apex Compact 100 im PraxistestFoto: Marc StruckenDas Vango Apex Compact 100 im Praxistest

Das erste Einpersonenzelt in unserem kleinen Test ist das schwerste. Das Vango Apex Compact 100 wiegt mollige 1886 Gramm (selbst gemessen) inklusive aller beigepackter Utensilien wie Stangen, Heringe, Flickzeug und Packsack. Der Fokus liegt hier primär auf dem Umweltaspekt, denn es besteht hauptsächlich aus 70D Protex Eco Gewebe, das aus recycelten PET-Flaschen gewonnen wird. Der Packsack selbst lässt sich bereits am Lenker montieren, oder man steckt Zelt samt Zubehör mit oder ohne Packsack in die eigene Lenkertasche.

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Alle Utensilien in einem Packsack (oben), der in die meisten Lenkertaschen passt - oder man schnallt ihn mit den eignen Gurten direkt an den Lenker.Foto: Marc StruckenAlle Utensilien in einem Packsack (oben), der in die meisten Lenkertaschen passt - oder man schnallt ihn mit den eignen Gurten direkt an den Lenker.

Der Aufbau des Vango Apex Einpersonen-Zelts

Das Vango Apex hat - so aber auch die anderen beiden Zelte hier im Test - eine recht einfache Konstruktion: Sie spannen alle einen zentralen Bogen auf, von dort aus erstreckt sich das Zelt nach hinten und vorne. Der Aufbau ist insofern bei allen fast gleich. Zunächst die Stange durchfädeln, die in kleine mit Gummiband verbundene Sektionen gestückelt ist. Das ging bei diesem Vertreter leicht und ist durch robuste Laschen klar vorgegeben. Die Enden der Zeltstange werden in einem Gewebeband am Boden des Vango Apex fixiert, so steht der Bogen. Eine kleine Zeltstange stellt hier noch das Fußende auf - sie wird zwischen Zeltbahn und einer Schlaufe fixiert. Danach spannt man das Zelt nach vorne und hinten ab - fertig. Das Abspannen des Zelts und der gerade Stand des Vango Apex brauchen am Anfang etwas Feinjustage und Gewöhnung, aber grundsätzlich steht es tatsächlich in etwa 5 Minuten, wie der Hersteller selbst auch angibt.

Zelt für eine Person, aus Recyclingmaterial: Das Vango Apex Compact 100 in seinem Packsack - kann auch direkt an den Lenker geschnallt werden.
Foto: Marc Strucken

Platz, Raumgefühl & Handling

Der Innenraum des Vango Apex Compact 100 ist mit einer Bodenfläche von 215 x 95 cm und einer maximalen Höhe von 88 cm ausreichend für die meisten Menschen samt eines Hipbags oder kleinen Rucksacks. Vor dem inneren Eingang ist ebenfalls Raum für (wasser- und insektendichtes) Gepäck. Allerdings misst die Apsis an der breitesten Stelle weniger als 50 cm - das meiste wird wohl am Bike bleiben müssen. Im Zelt liegend ist viel Raum nach oben. Der überwiegende Teil des Innenzelts besteht aus blickdichtem Gewebe, das auch winddicht ist - neben dem großen Eingang des Innenzelts sorgen nur kleine Mückengitter-“Fenster” an der Seite und am Ende für Luftzirkulation. Gut, wenn es kalt ist - schlecht bei 25 Grad und mehr. Die Reißverschlüsse laufen ok. Der einzige wirkliche Kritikpunkt am Zelt ist aber: Um aus dem Innenzelt zu kommen, muss man den Reißverschluss von vorne unten bis vorne oben ziehen; ein wirklich langer Weg. Eine 2-Wege-Zipper wäre hier deutlich praktischer!

So sieht das Vango Apex Compact 100 aufgebaut aus. Mit großem Eingang ins Innenzelt. Der hat allerdings nur einen einfachen Reißverschluss, so muss man zum Öffnen den Zipper sehr weit ziehen.
Foto: Marc Strucken

Daten & Fakten

  • Aufbauzeit: ca. 5 Minuten
  • Kapazität: Zelt 1 Person
  • Gesamtgewicht: 1886 g
  • Material: Protex Eco
  • Länge: 30 cm
  • Breite: 15 cm (Durchmesser)
  • Preise: UVP 185 Euro - ab 130 Euro im Handel (Stand: Juli 2024)

Fazit zum Vango Apex Compact 100

Der Preis von mittlerweile etwa 150 Euro für das Vango Apex Compact 100 ist schon attraktiv, Bauart und Verarbeitung lassen kaum Platz für Kritik - ok, der Reißverschluss. Und das Gewicht ist mit knapp 1,9 Kilo recht hoch, wenn man auch Schlafsack und/oder Isomatte dabeihaben möchte. Aber wer einen robusten Unterschlupf und etwas grünes Gewissen dabei haben will, ohne auf die Gramm genau zu schauen, ist mit dem Vango Apex sicher gut versorgt.


Das Vango F10 Helium UL Air im Praxistest

Das Vango F10 Helium UL Air im PraxistestFoto: Marc StruckenDas Vango F10 Helium UL Air im Praxistest

Ebenfalls von der britischen Insel kommt das Vango F10 Helium UL Air. Spannend ist hier, dass es kein Gestänge hat, wie das Apex, sondern stattdessen einen aufblasbaren Bogen - daher der Zusatz Air im Namen. Es gibt aber ein baugleiches F10 Helium UL, das mit einer Aluminium-Stange aufgerichtet wird. Mit dem Vango F10 Helium UL Air haben wir dasZelt mit dem mittleren von uns ermittelten Gewichts: 1173 Gramm. Kurioserweise liegt die Gewichtsangabe des Herstellers darüber - bei 1200 bzw. 1350 Gramm.

Die Aufblas-Wurst (Airbeam nennt es der Hersteller), die dem Vango F10 Helium die Stabilität gibt, ist eine Sache für sich. Einerseits erspart sie das Alu-Gestänge, im Prinzip Platz und Gewicht sowie das Einfädeln. In der Praxis besteht die “Wurscht” aber eben auch aus dickem Kunststoff. So wiegt die Air-Variante am Ende sogar mehr als das baugleiche Helium mit Gestänge (1010 Gramm laut Herstellerangabe). Und das Aufpumpen kostet auch seine Zeit, vor allem mit dem als Pumpsack fungierenden Packsack.

Der Aufbau des Vango F10 Helium

Und damit sind wir beim Aufbau des Zeltes. Man kann sowohl den Pumpsack, als auch eine Fahrradpumpe an das Ventil der Wurst klemmen, aber die muss schon ordentlich Volumen haben, wenn das schneller von der Hand gehen soll. So bleibt noch die eigene Lunge... Ansonsten steht das kleine Zelt ähnlich schnell wie das Apex - wenn man sich an das Handling mit der luftgefüllten Stabilisation gewöhnt hat. Auch hier gibt es noch eine etwa 30 Zentimeter lange Alu-Stange für das Fußende, und auch hier geht die Abspannung mittels Leinen einfach vonstatten.

Keine Zeltstangen? Richtig, beim Vango F10 Helium UL Air Zelt wird stattdessen gepumpt.
Foto: Marc Strucken

Platz, Raumgefühl & Handling

Im Inneren ist das Vango Helium deutlich weniger groß, als es von außen aussieht, denn das Innenzelt ist recht tief abgehangen. Dafür wirkt es durch den hellen Stoff etwas “luftiger”, auch wenn einem tatsächlich im Liegen fast das Innenzelt auf dem Gesicht liegt - das mag sicher nicht jeder. Die Maße sind entsprechend: 210 x 65 Zentimeter bei einer maximalen Höhe von 85 Zentimetern im Innenzelt.

Aber: Hier gibt es einen 2-Wege-Zipper für den Eingang zum Innenzelt! Das ganze Zelt und auch der Boden sind angenehm weich und rascheln auch bei einer Isomatte nur zurückhaltend. Lufteinlässe vorne und hinten am Innenzelt sorgen auch hier für Ventilation. Die fünf Zentimeter weniger in der Länge und nur 65 statt 95 Zentimeter Breite im Vergleich machen sich bemerkbar. Hier will man nur mit ins Zelt holen, was auch unbedingt sein muss.

Mit etwas Übung beim Abspannen steht das Zelt in etwas mehr als sechs Minuten.
Foto: Marc Strucken

Daten & Fakten

  • Aufbauzeit: ca. 5 bis 8 Minuten (je nach Aufblasvorgang)
  • Kapazität: Zelt für 1 Person
  • Gesamtgewicht: 1173 g
  • Material: Protex 15
  • Länge: 33 cm
  • Breite: 14 cm (Durchmesser)
  • Preis: UVP 590 Euro >> z. B. bei Doorout reduziert erhältlich

Fazit zum Vango F10 Helium UL Air

Die Idee mit dem Airbeam (Luftwurscht) ist gut - spart aber unterm Strich nichts. Wenn man also auf das Gewicht schaut, ist das leichtere Helium ohne Air die bessere Wahl. Und was passiert bei einem schleichenden Luftverlust? Ein Alu-Gestänge ist auf jeden Fall auch widerstandsfähiger. Ansonsten ist das Einpersonenzelt wirklich reduziert auf das Nötigste bis zu den Schlaufen für die Heringe aus dünner Reepschnur. Der UVP ist mit fast 600 Euro hoch, aber auch da sind die Händlerpreise schon erträglicher. Das komplette Paket passt auch gut in die Lenkertasche. Bei warmem Wetter schützt es wohl auch gut gegen Kälte, sodass eine Isomatte und lange Bekleidung ausreichen für die Nacht.


Das Ferrino Piuma 1 im Praxistest - TIPP

Das Ferrino Piuma 1 im PraxistestFoto: Marc StruckenDas Ferrino Piuma 1 im Praxistest

Das Ferrino Piuma 1 macht seinem Namen alle Ehre: Piuma ist italienisch für Feder. Mit 1016 Gramm ist es das leichteste Zelt von den drei hier gezeigten - auch wenn “0,95 Kg” draufsteht. Das Zelt der Italiener ist sogar mit sehr leichten Heringen ausgestattet, die den Reepschnüren aber fast schon zu wenig Halt bieten, wenn etwa zu starker Wind am Zelt zerrt. Sei’s drum, alles passt einfach in den Packsack, und der ist auch der kleinste hier. Allerdings gehen geringes Volumen und niedriges Gewicht zu Lasten der Zeltmaße. Dieses Zelt ist nichts für große oder stämmige Menschen, da die Liegefläche an der breitesten Stelle nur 60 Zentimeter misst - hier sind viele Isomatten im Fußbereich deutlich zu breit. Dafür macht das Ferrino Piuma den luftigsten Eindruck mit der hellgrauen Außenhülle und dem noch helleren Innenzelt.

Der Aufbau des Ferrino Piuma 1

Auch das Ferrino Piuma 1 setzt auf den Stangenbogen als zentrales Element. Dieser besteht aber aus nur 23,5 Zentimeter kurzen Einzelelementen, die alle mit einem Gummiband verbunden und leicht gebogen sind. Das macht das Durchfädeln durch den ja ebenfalls gebogenen Tunnel der Außenhülle sehr einfach. Noch besser ist dabei, dass man das Gestänge nicht einfangen muss, um es dann am Boden zu fixieren - die gebogene Stange findet den Weg fast allein.

Die minimalistischen Heringe mit einem Haken oben halten zwar die dünnen Schnüre gut - in weichem Untergrund (sandig, feucht) neigen sie aber auf Zug durch den Boden zu “schneiden”, weil sie mit drei Millimetern sehr flach sind. Das Gestänge, die Schlaufen, alles macht einen auf Leichtgewicht und dennoch haltbaren Eindruck. Erwähnt seien hier die farblich passend eloxierten Plättchen, in die das Gestänge gesteckt wird! Italienische Produkte haben eben immer einen eigenen Style. Die Handhabung ist nicht minder formidabel.

Viel Gestänge für ein Einpersonenzelt. Dennoch ist das Ferrino Piuma 1 das leichteste Set im Test - mit 1016 Gramm.
Foto: Marc Strucken

Platz, Raumgefühl & Handling

Das Ferrino ist, wie schon beschrieben, das Zelt mit dem geringsten Platzangebot innen. Dafür liegt man darin luftumströmt, fast schon kühl. Das Innenzelt ist hauchdünn und der große Eingang aus Moskitonetz entsprechend durchsichtig bzw. luftdurchlässig. Der Eindruck im Liegen ist dadurch weniger beengt als bei den anderen beiden Zelten. Auch steigt der Stoff über dem Kopf steil Richtung Decke, so dass man gar nicht damit in Berührung kommt.

Der Einstieg ins Innere ist riesig. Was aber am besten gefällt: Auch ihn kann man einrollen und befestigen! So kann man ungestört ein- und ausräumen oder noch mehr Luft hereinlassen. Ein echtes Sommerzelt - aber eben bei Kälte wohl eher weniger angenehm. Ein kleines Gimmick ist das Reißverschluss-Fensterchen, mit dem man etwa eine Trinkflasche aus dem Bereich zwischen Innen- und Außenzelt hereinholen kann ohne komplett aus dem Zelt aussteigen zu müssen. Fraglich ist dagegen, wozu ein 2-Wege-Reißverschluss am Außenzelt wirklich gut ist?

Aufgebaut ist das Zelt von Ferrino nach unserer Erfahrung in etwa fünf Minuten, alles läuft geschmeidig und selbsterklärend.
Foto: Marc Strucken

Daten & Fakten

  • Aufbauzeit: ca. 6 Minuten
  • Kapazität: Zelt für 1 Person
  • Gesamtgewicht: 1016 g
  • Material: Nyon Ripstop
  • Länge: 29 cm
  • Breite: 13 cm (Durchmesser)
  • Preis: UVP 280 Euro >> z. B. bei Alltricks reduziert erhältlich

Fazit zum Ferrino Piuma 1

Das Einpersonenzelt Ferrino Piuma 1 hat uns in Sachen Konzept und Gewicht am besten gefallen. Auch mit Blick auf den verhältnismäßig günstigen Preis im Vergleich zu den beiden Zelten von Vango. Zwischen Vango Apex Compact und Ferrino Piuma liegen zwar fast 900 Gramm, aber mit etwas Glück keine 50 Euro. Auf der anderen Seite passt in die italienische Maßware nur, wer kein breites Kreuz oder großen Platzbedarf hat. Wie wasserbeständig der dünne Boden des Innenzelts ist (Ferrino verspricht “total waterproofing” auf der Website), konnten wir noch nicht testen - geben aber an dieser Stelle gern noch einmal Feedback, wenn wir den ersten Regen mit dem Ferriono Piuma abbekommen haben.

Alle drei Zelte haben im Packsack maximal 33 Zentimeter Länge und zwischen 13 und 15 Zentimeter Durchmesser.Foto: Marc StruckenAlle drei Zelte haben im Packsack maximal 33 Zentimeter Länge und zwischen 13 und 15 Zentimeter Durchmesser.

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