Florentin Vesenbeckh
· 21.01.2025
Ein smartes, digital vernetztes Fahrradschloss - braucht es das? Das hochmoderne Abus Bordo One 6500A setzt auf Bluetooth und soll sich quasi automatisch öffnen. Ohne nerviges Gefummel mit dem Schlüssel. Obendrein wartet das robuste Faltschloss mit einem Bewegungsalarm auf, der Diebe fernhalten soll.
Zwei Funktionen, die das Potenzial zum echten Komfort- und Sicherheits-Boost haben. Im Zweifel können solche Features aber auch zum Nervtöter werden. Nämlich wenn die Zusatzfunktionen nicht so wollen, wie man sich das so vorstellt. Wir haben das smarte Abus-Schloss in der Praxis ausprobiert.
Neben schweren Ketten- und starren Bügelschlössern zählen Faltschlösser zu den sichersten Fahrradschlössern am Markt. Sie lassen sich recht kompakt zusammenfalten und dann auf einen ordentlichen Umfang ausklappen. Das Abus Bordo 6500A gibt es mit 90 oder 110 mm Umfang.
Wir haben uns für die größere Variante entschieden, denn so ist man bei der Fixierung flexibler. Wer lange und flexible Kettenschlösser gewohnt ist, muss sich dennoch erstmal an die starre Bauart des Faltschlosses gewöhnen.
Wirklich viel Platz bleibt nicht, um mehrere Bikes zu verbinden oder den Rahmen an einen festen Gegenstand anzudocken. Mit geringem Gewicht kann sich das Bordo übrigens nicht gerade rühmen. Auf sportliche Bike-Tour werden nur wenige das 2,3-Kilo-Teil mitschleppen wollen.
Das Fahrradschloss öffnen, ohne den Schlüssel aus der Tasche ziehen zu müssen. Das ist die simple Idee der smarten Funktionsweise des Abus Bordo. Voraussetzung: Ein Smartphone mit der App Abus One. Schloss und App müssen über den beiliegenden QR-Code gekoppelt werden, das gelingt schnell und einfach.
Zusperren muss man das Schloss übrigens nie. Wird der Stab fest in den Zylinder geschoben, verriegelt das Schloss automatisch. Ein Signalton gibt Bescheid, sobald die Verriegelung aktiv ist. Im Auslieferungszustand ist dieser Signalton sehr laut, das kann nerven. Doch in der App kann die Lautstärke deutlich heruntergeregelt werden.
Zum Öffnen gibt es mehrere Optionen. Entweder manuell per Knopfdruck in der App. Oder, für den vollen Komfort, automatisch, sobald sich das Handy in der Nähe des Schlosses befindet.
Beide Optionen funktionierten im Test sehr zuverlässig und schnell. Kaum nimmt man das Schloss in die Hand, steht die Verbindung. Welche der beiden Möglichkeiten passender ist, hängt stark vom Einsatzszenario ab.
Die “Handsfree-Funktion” für die automatische Entriegelung kann in der App entsprechend eingestellt werden. So wird die nötige Distanz zwischen Schloss und Smartphone angepasst. Damit soll vermieden werden, dass das Bike unverschlossen auf der Straße steht, während der Besitzer einige Meter weiter im Café sitzt. Die korrekte Einstellung erfordert etwas Erfahrung und Zeit zum Ausprobieren. Im Zweifel einfach die Handsfree-Funktion deaktivieren.
Und was, wenn das Smartphone keinen Saft mehr hat? Mit defektem Display lahmgelegt, gar verloren oder schlicht vergessen ist? Für diese Notfälle gibt es optional eine Fernbedienung. Im Komplettpaket für 300 Euro ist sie bereits inklusive. Und ja: Aus unserer Sicht ist dieses Add-On absolut zu empfehlen.
Die Alarmfunktion des Abus Bordo One 6500A ist zweistufig. Registriert das Schloss eine Bewegung oder Erschütterung, wird zuerst ein Voralarm aktiviert. Die Piepstöne sind in der Lautstärke einstellbar und auf Wunsch schon richtig laut - aber noch nicht wirklich penetrant.
Wenn das Schloss nach dem Voralarm weiter bewegt wird, beginnt der richtige Alarm. Und der ist wirklich laut und ganz unmissverständlich als Alarm erkennbar. Der Ton hält 15 Sekunden an und wird bei erneuter oder weiterer Bewegung wieder neu aktiviert.
Sowohl über die Handsfree-Funktion mit dem Smartphone, als auch auf Knopfdruck lässt sich das Schloss öffnen und so der Alarm ausschalten.
Die Lautstärke und Tonalität des Alarms hat den Namen Alarm absolut verdient. Der Lärm ist selbst aus einiger Entfernung gut zu hören, und bei dem Gejaule sollten Passanten definitiv aufmerksam werden. Das ist zwar kein 100-prozentiger Diebstahlschutz, aber definitiv ein enormer Sicherheitsboost für die Wirkung des Schlosses. Uns hat das in prekären Situationen, in denen man sein Bike sonst nicht gerne aus den Augen lässt, ein deutliches Sicherheitsgefühl gegeben.
Wer kennt es nicht: Scheinbar aus dem Nichts nervig lospiepsende Auto-Alarme oder Apps, die einfach nicht tun, was man als Nutzer gerne möchte. Droht dieses Ungemach auch mit dem smarten Abus Bordo?
In unserem mehrmonatigen Testeinsatz war die Funktion sehr zuverlässig. Gerade die Reaktionsfreude des Bewegungsalarms - in Kombination mit dem dezenteren Voralarm - erscheint uns sehr gelungen.
So konnten wir zum Beispiel zwei Bikes auf dem Heckträger eines Campers abschließen, und uns im Camper aufhalten - ohne dass normale Bewegungen den Alarm aktivierten. Auf deutliche Bewegungen des Bikes reagiert der Alarm hingegen sehr zuverlässig.
Einen kleinen, teils selbstverschuldeten Fehlalarm gab es allerdings. Ein nächtlicher Gewittersturm aktivierte mehrfach den Voralarm. Zugegebenermaßen waren die Bikes auch etwas wackelig im Freien angelehnt.
Beim Absperren sollte man also immer darauf achten, dass das Schloss in einer stabilen Lage sitzt und die Bikes einen festen Stand haben. Durch den schweren Kopf und die starre Bauweise ist das sehr gut möglich.
Und auch beim Öffnen hatten wir in einer speziellen Situation vermeintliche Fehlfunktion. Das abgesperrte Schloss reagierte auf die Signale von Fernbedienung und Handy nur mit Signaltönen, wollte aber partout nicht entriegeln.
Das Problem: Das Schloss war mit zu viel Zug verschlossen und stand unter Spannung. Das mag das Bordo offenbar nicht. Drückt man den Bügel in dieser Situation fest ins Schloss zurück und verringert dadurch die Zugspannung, öffnet die Verriegelung wieder problemlos.
Insgesamt haben wir die Funktionen als absolut zuverlässig empfunden. Beide Situationen, in denen das Schloss nicht ganz so funktionierte, wie gewünscht, lassen sich vermeiden, wenn man weiß, was es bei der Nutzung zu beachten gilt. Mit anderen Apps und smarten Funktionen an Bike-Produkten, hatten wir schon deutlich mehr Problemchen.
“Auf eine Bike-Tour in die Berge würde ich das schwere Schloss nicht mitnehmen und die smarten Funktionen brauche ich persönlich auch nicht unbedingt. Doch der zuverlässige und laute Alarm hat mich voll überzeugt. Ob im Urlaub oder auf dem Bike-Trip: Nicht immer kann das Rad an einem idealen, sicheren Ort geparkt werden. Und genau in diesen Situationen gibt der Bewegungsalarm ein dickes Plus an Sicherheit.
Bei mir hat das richtig für Entspannung gesorgt. Dafür würde ich auch tiefer in die Tasche greifen - was beim Preis des Alarmschlosses leider auch nötig ist. Und auch wenn ich persönlich kein Freund von Elektro-Gadgets und App-Überflutung bin: Die smarten Schließfunktionen mit der Abus App haben problemlos funktioniert und können echt praktisch sein. Die optionale Fernbedienung sollte man dennoch in Reichweite haben, denn wem ist noch nie ein Handy Hops gegangen?” - Florentin Vesenbeckh, Testredakteur BIKE Magazin