Jan Timmermann
· 09.09.2025
Alleine wegen seines Markennamens sorgt dieses Gravelbike für Aufsehen. Für viele Mountainbiker ist der Name Santa Cruz so etwas, wie ein Synonym für lässige Sportgeräte aus dem Premium-Segment. Soulige Werbekampagnen prägen das Image und aus dem Downhill-Worldcup ist das kalifornische Label nicht mehr wegzudenken. Kein Wunder also, dass man auf den Trails und in den Bikeparks dieser Welt viele Santa-Cruz-Bikes zu Gesicht bekommt. Das Stigmata mit Federgabel hat gerade einmal halb so viel Federweg wie das erste Bike des Hauses von 1994 und wird als „Off-Road-Speedbike“ angepriesen. Bewährte Merkmale, wie ein super funktionierendes Staufach, eine hohe Service-Freundlichkeit und einen ausgezeichnet verarbeiteten Rahmen mit lebenslanger Garantie übernimmt das Gravelbike von seinen Mountainbike-Geschwistern.
Santa Cruz bietet das Stigmata in fünf Ausstattungsvarianten und sechs verschiedenen Rahmengrößen (XS / SM / MD / LG / XL / XXL) an. Zwischen 3999 und 7799 Euro müssen für das Carbon-Gravelbike investiert werden. Unser Testbike trägt die Modellbezeichnung Santa Cruz Stigmata Rival 1x Rudy AXS, kostet 5299 Euro und zeichnet sich durch folgende Ausstattung aus:
Bei BIKE betreiben wir einen beispiellosen Aufwand, um Fahrräder zu testen. Als einziges Fachmagazin weltweit betreiben wir ein eigenes Testlabor. Die ermittelten Daten stützen die Eindrücke aus dem Praxistest. Auch bei den Geometriedaten verlassen wir uns nicht ausschließlich auf die Herstellerangaben, sondern setzen selbst das Lasermessgerät an.
Von den Santa Cruz Mountainbikes übernimmt das Gravelbike Stigmata leider auch den gesalzenen Preis, in dessen Licht das zweckmäßige aber nüchterne Ausstattungspaket wenig Glanz verstrahlt. Genau wie bei Pivot müssen Kunden hier für einen ausoptimierten Carbonrahmen mit gutem Ruf eben den ein oder anderen Euro extra zahlen. Drei Flaschenhalter und ein Satz Schutzbleche finden am Stigmata Platz. Ansonsten muss der Amerikaner ohne zusätzliche Anschraubpunkte auskommen. Dank der ebenfalls angebotenen XXL-Größe finden bei Santa Cruz auch hoch gewachsene Fahrer eine passende Option.
Selbst in der Geometrietabelle ist zu erkennen, dass die Santa-Entwickler Mountainbike-Fans sind. Sie kombinieren den längsten Reach im Test mit einem kompakten Steuerrohr und schaffen damit eine gestreckte Sitzposition. Tourenfahrern, die nicht dauerhaft im Angriffsmodus durch die Gegend schießen, empfehlen wir das Cockpit hochzubocken. Dann nämlich passt die Ergonomie auf langen Fahrten erstaunlich gut. Eine schlanke Carbon-Sattelstütze und ein gepolsterter Sattel erhöhen den Sitzkomfort. Ein Kettenblatt mit 42 Zähnen hält auch bei schnellen Fahrten mit und die große MTB-Kassette hilft mit einem Kriechgang aus, wenn das Laktat in die Beine schießt.
Ist das Stigmata einmal auf Tempo gebracht, ist es kaum noch aufzuhalten. Abgeklärt und zielstrebig zieht das Bike voran. Neben dem geräumigen Radstand zeichnet sich der 69 Grad flache Lenkwinkel für die hohe Laufruhe verantwortlich. Durch die gemäßigte Kettenstrebenlänge fällt es noch leicht den Bordstein hochzulupfen, wirklich viel Spieltrieb bringt das Stigmata jedoch nicht mit. Im Vergleich zu den deutlich kürzeren sowie steileren Konkurrenten von Radon und Alutech fährt es wie auf Schienen durchs Gelände. Trotz kurzem Vorbau gibt sich das Lenkverhalten merklich träger und das beherrschte Bike braucht beherzte Manöver um aktiv zwischen Hindernissen hindurch zu wuseln. Cool bleiben, draufhalten und drüber reiten: So funktioniert das Santa Cruz am besten.
Die Rockshox Rudy Base nimmt grobe Schläge zuverlässig in sich auf, ist aber wenig sensibel für kleine Unebenheiten. Auf einer Vielzahl von Wegen bringt die einfache Federgabel kaum einen Vorteil, der nicht auch mit nochmals breiteren Tubeless-Reifen kostengünstig zu erreichen wäre. Im Gegenteil: Die Gabel lässt sich nicht blockieren und wippt im Wiegetritt. Sowohl für die Verve im Uphill als auch das Handling im Downhill ist es ein dickes Plus, dass das Gesamtgewicht im grünen Bereich bleibt. Als einziges Bike mit Federgabel unterbietet das Stigmata die magische Zehn-Kilo-Marke.
Das verdankt es neben dem leichten Chassis und der starren Stütze seinen Laufrädern, welche auf der Waage trotz Aluminiumfellgen auf Augenhöhe mit den Carbon-Modellen an Giant und Marin landen. So schafft es Santa Cruz Geometrie- und Fahrwerksreserven mit einem sportlich-leichten Charakter zu vereinen - ein Konzept mit Potential! Spätestens wenn Gravelbiker bereit sind noch mehr Geld in die Hand zu nehmen, finden sie im Stigmata einen erstklassigen Untersatz.
Das Santa Cruz Stigmata hinterlässt mit vielen Stärken und kaum echten Schwächen einen starken Eindruck. Mit Federgabel ist das US-Gravelbike besonders laufruhig und trotzdem noch leicht. Am astrein verarbeiteten Carbon-Chassis dürften Biker lange Freude haben. Das etwas enttäuschende Verhältnis von Preis zu Ausstattungsgüte kann man da schon mal in Kauf nehmen. - Jan Timmermann, BIKE-Redakteur