Gravelbike Salsa Cutthroat C - getestetEntweder Hausrunde... oder Tour Divide!

Jan Timmermann

 · 04.09.2025

In die Gabel des Salsa Cutthtroat passen bis zu 3,0 Zoll fette Reifen - ein Alleinstellungsmerkmal!
Foto: Georg Grieshaber
Das Salsa Cutthroat C GRX 1x, konzipiert für die legendäre Tour Divide, zählt zu den etablierten Bikepacking-Klassikern. Doch wie steht es um die besondere Geometrie und die breiten Reifen im Vergleich zur leistungsstarken Konkurrenz? Unser Test des Salsa Cutthroat verspricht daher interessant zu werden.

Schon lange bevor der Bikepacking-Trend nach Europa schwappte und Gravelbikes die Radwege der deutschen Innenstädte eroberten, vertrauten gestandene Abenteuer auf das Salsa Cutthroat. Das Ami-Bike ist so etwas, wie der Urgroßvater der Langstrecken-Bikes mit Dropbar und Gelände-Eignung. Zur Entwicklung wurde die Traditionsmarke Salsa durch die Tour Divide Route inspiriert. Ein einzigartiger Bikepacking-Klassiker mit rund 4500 Kilometern und 50.000 Höhenmetern quer durchs Hinterland des amerikanischen Kontinents von Banff in den kanadische Rocky Mountains bis zur Grenze zwischen den USA und Mexiko. Bestzeiten-Rekorde werden auf diesem Track heute auf Mountainbike-Hardtails mit Federgabel und Rennlenker aufgestellt. Im Test wollten wir herausfinden, ob sich das Cutthroat seine Daseinsberechtigung erhalten hat und wie sich der erfahrene Spezialist gegen die bunte Riege der jungen Konkurrenten schlägt.

Bereit für die große Tour: Im Rahmen des Salsa Cutthroat ist Platz für eine riesige Rahmentasche.Foto: Georg GrieshaberBereit für die große Tour: Im Rahmen des Salsa Cutthroat ist Platz für eine riesige Rahmentasche.

Das Salsa Cutthroat im Detail

  • Preis: 3799 Euro
  • Einsatzbereich: Gravelbike
  • Laufradgröße: 29”
  • Rahmenmaterial: Carbon
  • Reifenbreite (verbaut / maximal): 2,2” / 3,0” (vorne); 2,4” (hinten)
  • Gewicht Komplettbike: 11,2 kg (Größe XL)
  • Maximal zulässiges Systemgewicht: 160 kg
  • Garantie: 5 Jahre
  • Anzahl Flaschenhalteraufnahmen: 4
  • Kompatibel mit Dropper-Post: ja
  • Kompatibel mit Umwerfer: ja
  • Besonderheiten: kompatibel mit MTB-Federgabel, Aufnahmen für Gepäckträger, große Reifenfreiheit, viel Raum für Rahmentasche, Boost-Standards, Flex-Hinterbau

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Entwickelt für die Tour Divide: Das Salsa Cutthroat ist ein Gravelbike für besonders lange und herausfordernde Touren.Foto: Georg GrieshaberEntwickelt für die Tour Divide: Das Salsa Cutthroat ist ein Gravelbike für besonders lange und herausfordernde Touren.

Zwitterwesen aus MTB und Gravelbike

Das Salsa Cutthroat ist darauf ausgelegt seinen Piloten fernab der Zivilisation durch jedes Gelände zu tragen. Um Abenteurer auch auf herausfordernden Untergründen nicht hängen zu lassen, besitzt der Carbon-Rahmen eine beeindruckende Matsch- und Reifenfreiheit.

Der Hinterbau nimmt bis zu 2,4 Zoll breite Mountainbike-Reifen im großen 29-Zoll-Maß auf. In die überbreite Gabel passen gar 3,0 Zoll fette Reifen, um im Schnee und auf Sanddünen nicht einzusinken. Platz schafft das aus dem MTB-Bereich bekannte Boost-Maß an den Steckachsen. Sogar mit einer richtigen Mountainbike-Federgabel mit 100 Millimetern Federweg wäre der Rahmen kompatibel. Auch eine Dropper-Post passt theoretisch ins Chassis.

Um aus rauen Bedingungen schadenfrei hervorzugehen, ist der Rahmen mit dem mächtigsten Unterrohr-Protektor des Testfeldes geschützt. Salsa gibt das Cutthroat für die ASTM-Kategorie Drei frei. Damit sprechen sich die Amerikaner für eine wildere Eignung aus, als die meisten anderen Gravelbikes. Abgedeckt sind zum Beispiel Drops bis zu 61 Zentimetern Höhe. Einzig das verpresste Tretlager passt in unseren Augen nicht unbedingt zum robusten, servicefreundlichen Ansatz.

Gut geschützt und trotzdem Platz für eine weitere Trinkflasche: Am Unterrohr des Salsa Cutthroat haben sich die Entwickler nicht lumpen lassen.Foto: Georg GrieshaberGut geschützt und trotzdem Platz für eine weitere Trinkflasche: Am Unterrohr des Salsa Cutthroat haben sich die Entwickler nicht lumpen lassen.

Wer sich wochenlang durch die Walachei schlägt, will bequem sitzen. Deshalb verpasst Salsa dem Cutthroat ein System namens “Class 5 VRS”. Das spezielle Design der Sitz- und Kettenstreben soll ermüdende Vibrationen reduzieren und trotzdem eine gute Steifigkeit aufweisen. So verzichtet man zum Beispiel auf einen Quersteg zwischen den Sitzstreben und lässt das Material auf voller Länge flexen.

Das Cutthroat bietet mit seinem enormen Freiraum zwischen den Rohren Platz für eine riesige Rahmentasche. Diese lässt sich bei Bedarf ebenso wie eine Tasche auf dem Oberrohr fest verschrauben. Salsa bietet auf der Homepage einen vorbildlichen Guide an, um die passenden Taschen zu finden. Vier Flaschen passen ohne Spezialzubehör an den Rahmen. Das System ist für bis zu 160 Kilo Gesamtgewicht ausgelegt. So viel Zuladung darf kein anderes Bike im Vergleich aufnehmen.

Die weit aufgestellten Sitzstreben des Salsa Cutthroat sollen den Sitzkomfort erhöhen. In den Hinterbau des Carbon- Gravelbikes passen 2,4 Zoll breite Mountainbike-Reifen.Foto: Georg GrieshaberDie weit aufgestellten Sitzstreben des Salsa Cutthroat sollen den Sitzkomfort erhöhen. In den Hinterbau des Carbon- Gravelbikes passen 2,4 Zoll breite Mountainbike-Reifen.

Ausstattung

Salsa bietet das Cutthroat C in fünf Ausstattungsvarianten und in fünf verschiedenen Rahmengrößen (52 / 54 / 56 / 58 / 60) an. Zwischen 3499 und 5999 Euro müssen für ein Komplettbike von der Stange investiert werden. Das 7999 US-Dollar teure Topmodell ist dem amerikanischen Markt vorbehalten. Individualisten können sich dank des für 2499 Euro ebenfalls angebotenen Rahmensets ihr persönliches Traumbike aufbauen. Unser Testbike trägt die Modellbezeichnung Salsa Cutthroat C GRX 1x und zeichnet sich durch folgende Ausstattung aus:

  • Schaltung: Shimano GRX 822, 1 x 12
  • Kassette / Übersetzungsbandbreite: Shimano SLX 11-51T / 510 %
  • Kurbel / Kettenblattgröße: Race Face Ride / 36T
  • Bremsen / Scheibengröße: Shimano GRX 400/ 160/160 mm
  • Laufräder: WTB ST i25 / Shimano
  • Reifen: Teravail Sparwood / 29 x 2,2”
  • Sattelstütze / Durchmesser: Salsa Guide / 27,2 mm
  • Cockpit / Länge / Breite (Ober-/Unterlenker): Salsa Cowchipper / 80 mm / 520/635 mm
An unserem Gravelbike von Salsa wechselt eine mechanische Shimano GRX Schaltung zwölf Gänge auf einer Shimano SLX Kassette aus dem MTB-Bereich.Foto: Georg GrieshaberAn unserem Gravelbike von Salsa wechselt eine mechanische Shimano GRX Schaltung zwölf Gänge auf einer Shimano SLX Kassette aus dem MTB-Bereich.

Daten aus dem Testlabor

Bei Delius Klasing betreiben wir einen beispiellosen Aufwand, um Fahrräder zu testen. Als einzige Fahrradredaktion weltweit betreiben wir ein eigenes Testlabor. Die ermittelten Daten stützen die Eindrücke aus dem Praxistest. Auch bei den Geometriedaten verlassen wir uns nicht ausschließlich auf die Herstellerangaben, sondern setzen selbst das Lasermessgerät an.

  • Komplettgewicht: 11,19 kg (Größe 58, ohne Pedale)
  • Laufradgewicht: 5314 g (inkl. Reifen, Schläuche, Kassette, Bremsscheiben, Steckachsen)
  • Laufradbeschleunigung: 3845 kg x cm² (je geringer der Wert, desto besser die Beschleunigung)
Das Salsa Cutthroat Gravelbike kommt mit Reifen in der Mountainbike-Dimension 29 mal 2,2 Zoll. Die Teravail Sparwood bieten eine angenehme Dämpfung.Foto: Georg GrieshaberDas Salsa Cutthroat Gravelbike kommt mit Reifen in der Mountainbike-Dimension 29 mal 2,2 Zoll. Die Teravail Sparwood bieten eine angenehme Dämpfung.

Geometrie

  • Sitzrohrlänge real: 565 mm
  • Lenkwinkel: 68,5°
  • Sitzwinkel: 74°
  • Oberrohrlänge: 580 mm
  • Steuerrohrlänge: 155 mm
  • Kettenstrebenlänge: 445 mm
  • Radstand: 1110 mm
  • BB-Drop: -71 mm
  • Nachlauf: 91 mm
  • Reach: 391 mm
  • Reach+: 565 mm
  • Stack: 653 mm
  • Stack+: 712 mm
  • STR: 1,67
  • STR+: 1,260
Was ein Bügel! Der Salsa Gravel-Lenker hat Überbreite. Zwischen den Hoods ist jede Menge Platz für eine große Lenkerrolle.Foto: Georg GrieshaberWas ein Bügel! Der Salsa Gravel-Lenker hat Überbreite. Zwischen den Hoods ist jede Menge Platz für eine große Lenkerrolle.

So schlägt sich das Gravelbike von Salsa in der Praxis

Das Salsa Cutthroat zeichnet sich durch eine einzigartige Geometrie-Kombi aus. Galt der Reach von 391 Millimetern in Größe 58 lange Zeit als progressiv-lang, wird er heute nur noch vom Radon Tigard unterboten. Dafür liegt der Stack-Wert hoch. Zusammen mit dem kurzen Vorbau bringt das den Fahrer in eine aufrechte, komfortable Sitzposition. Von einer sportlichen Streckbank á la Marin Headlands ist das Salsa weit entfernt.

Stattdessen ist die Geometrie klar auf lange Sitzzeiten bei ausschweifenden Touren ausgelegt. Zusätzlicher Komfort kommt von den breitesten Gravel-Reifen in der Vergleichsgruppe. Viele Vibrationen und kleine Schläge verschwinden einfach in den Gummis. Den Vorteil des Flex-Hinterbaus dagegen konnten wir auf unserem Laborprüfstand nicht ausmachen. Auch aufgrund der steifen Alu-Sattelstütze liegt der gemessene Sitzkomfort deutlich unter dem des ebenfalls mit einem Flex-Element ausgestatteten Pivot.

Auch vom überbreiten Cockpit kommt kein Komfort-Vorteil. Der mit Abstand breiteste Lenker im Testfeld ist steif konstruiert und bietet durch seinen großen Hebel keinen messbaren Vorteil bei der Ermüdungs-Reduktion. Dafür findet sich an der Front Platz für eine sehr große Lenkerrolle. Die klassische Zugverlegung ist so ausgeführt, dass ein entsprechender Harnisch problemlos montiert werden kann.

Das Lenkerband ist weit bis nach innen gewickelt, sodass sich am mächtigen Bügel Unmengen an Griffpositionen finden lassen. Das Cutthroat ist quasi “Adventure-ready out of the box”. In hochprozentigen Anstiegen und bei technischen Klettereien helfen die leichten Gänge der MTB-Kassette und des kleinen Kettenblatts. Apropos: Durch die längsten Kettenstreben im Test klettert das Salsa richtig gut. Selbst an steilen Rampen kann man entspannt im Sattel sitzen bleiben ohne dass das Vorderrad leicht wird.

Das Salsa Cutthroat glänzt mit Fahrstabilität. In der günstigen Ausstattungsvariante fällt der Komfort niedriger aus als erwartet.Foto: Georg GrieshaberDas Salsa Cutthroat glänzt mit Fahrstabilität. In der günstigen Ausstattungsvariante fällt der Komfort niedriger aus als erwartet.

Nicht wegdiskutieren lässt sich jedoch leider das höchste Gesamtgewicht der Peergroup. Knappe drei Kilo mehr hat der Bikepacking-Experte im Vergleich zu den leichtesten Bikes der Testgruppe auf den Carbon-Rippen. Vom MTB-Hardtail Scott Scale mal abgesehen, besitzt es zudem die trägste Laufradbeschleunigung. Das Gewicht der einfachen Laufräder ist sogar auf Augenhöhe mit dem einiger Enduro-Mountainbikes.

So viel steht fest: Das Cutthroat mag es lieber gemütlich als schnell. Agilität gehört per se nicht zu seinen Stärken. Allerdings kommen das kompakte Oberrohr und der kurze Vorbau dem Handling wiederum zu gute. Gemeinsam mit dem besonders flachen Lenkwinkel und den breiten Reifen lässt sich das Salsa in technisch anspruchsvollen Passagen deshalb gut in der Ideallinie platzieren.

So viel Fahrsicherheit bringt auf ausgesetzten Waldwegen und Singletrails sonst nur ein Mountainbike. Besonders in steilen und schnellen Downhills liegt das Bike wie ein Brett. Der extrem breite Lenker hilft bei Geradeauslauf mit der Kontrolle. In langsamen Kurven ist der große Hebel in Paarung mit dem langen Heck gewöhnungsbedürftig. Dann braucht das Salsa für den Richtungswechsel auffällig viel Nachdruck.

Die Strecke der Tour Divide ist so lang, dass sie jedes Jahr aufgrund von Naturereignissen wie Waldbränden und Erdrutschen angepasst werden muss. Und auch wir kamen auf dem Cutthroat während unseres Tests in einen heftigen Sturm. Nach Minuten stand das Regenwasser knöchelhoch. Das Salsa ließ sich davon nicht beirren und zog weiter seine Bahnen.

Zum Sorglos-Ansatz passt auch, dass die Schaltung via mechanischem Seilzug angesteuert wird. Allerdings hatte der dreidimensional bewegliche Brems-Schalthebel an unserem Testbike dermaßen viel Spiel, dass er in ruppigen Downhills keinen wirklich stabilen Griff bot. Insgesamt ist das Cutthroat C GRX 1x vernünftig aber nicht gerade edel ausgestattet.

Platz für zwei in Reihe montierte Flaschenhalter plus Zubehör: Das Salsa Cutthroat ist ein absoluter Bikepacking-Spezialist.Foto: Georg GrieshaberPlatz für zwei in Reihe montierte Flaschenhalter plus Zubehör: Das Salsa Cutthroat ist ein absoluter Bikepacking-Spezialist.

BIKE-Fazit

Das Salsa Cutthroat ist das Expeditionsmobil unter den Gravelbikes: Perfekt für Abenteuer in abgelegenen Winkeln der Erde, deplatziert beim Ortsschild-Sprint und für den Weg zur Arbeit nicht die schnellste Wahl. Der Bikepacking-Klassiker ist eine Benchmark in Sachen Fahrstabilität auf langer Tour, für die kurzweilige Hatz gegen die Uhr aber zu schwer und zu träge. - Jan Timmermann, BIKE-Redakteur

Pro

  • fahrstabil und laufruhig in jedem Gelände
  • komfortable Sitzposition
  • zahlreiche Bikepacking-Features und hohe Zuladungs-Freigabe

Contra

  • im Testaufbau schwer, träge und einfach ausgestattet
  • Lenkerbreite dürfte für viele zu extrem sein
BIKE-Redakteur Jan TimmermannFoto: Georg GrieshaberBIKE-Redakteur Jan Timmermann

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