Ob ein Gravelbike wirklich eine gefederte Gabel, eine Vario-Sattelstütze und zahlreiche weitere Detaillösungen braucht, wird auch in der BIKE- Redaktion heiß diskutiert. Fest steht: Das Propain Terrel CF Trail schnürt all diese modernen Optionen in einem echt attraktiven Deal zusammen.
Bekannt ist die Marke vor allem für preis-leistungsstarke Mountainbikes und auch die Gründungsgeschichte geht auf ein federwegstarkes Downhill-Fully zurück. Mit dem Terrel will Propain die Gelände-Expertise auf ein Bike mit Dropbar transferieren. Das erste Gravelbike der Oberschwaben lässt den Kunden jedenfalls eine ganze Menge Wahlmöglichkeiten. Wir entschieden uns für die Trail-Variante des Terrel CF.
Übrigens konnten wir das Propain Terrel CF auch bereits in einem Aufbau ohne Federgabel testen. Das Video zum Test gibt’s hier:
Die Frage “was muss ein Gravelbike alles können?” beantwortet Propain kurz und knackig mit “alles!” Dank des bewährten Online-Konfigurators lässt sich nicht nur die Optik individualisieren, sondern auch unterschiedlichste Ausstattungsschwerpunkte setzen. Je nachdem, wo die Häkchen gesetzt werden, verschieben sich die Grenzen des Einsatzgebietes.
Mit leichten Laufrädern und Starrgabel will das Terrel CF ein sportives Racebike sein, mit robusten und komfortablen Anbauteilen aber auch Bikepacking-Abenteuer ermöglichen. Die Ergänzung einer Federgabel mit 40 Millimetern Hub und einer versenkbaren Sattelstütze mit 75 Millimeter Verstellbereich versprechen mehr Spaß abseits befestigter Schotterwege.
Der Carbon-Rahmen mit den entsprechenden Aufnahmen für Schutzbleche und einen Umwerfer lässt Wahlfreiheit. Im Unterrohr verbirgt sich ein praktisches Rahmenstaufach mit zwei integrierten Werkzeugtaschen.
Im Rahmendreieck und auf dem Oberrohr des Propain Terrel CF Gravelbikes lässt sich jeweils eine Tasche fest verschrauben. Gegen den Durst helfen drei Flaschenhalteraufnahmen. Die hintere Bremsleitung läuft durch den Steuersatz ins Rahmeninnere. Beim Besuch in der Werkstatt erfreuen derweil ein geschraubtes T47-Tretlager und die kabellosen Teile der Sram-AXS-Familie. Dass Schaltung und Vario-Sattelstütze via Funk angesteuert werden, beschert dem Terrel CF eine aufgeräumte Optik. Chapeau: Genau so funktioniert die ästhetische Integration von MTB-Komponenten!
Propain bietet das Terrel CF in fünf vorkonfigurierten Ausstattungsvarianten mit oder ohne Federgabel und in fünf verschiedenen Rahmengrößen (XS / S / M / L / XL) an. Im Onlinekonfigurator lassen sich nahezu alle Teile individualisieren. Zwischen 2699 und 5439 Euro müssen für ein vorkonfiguriertes Carbon-Gravelbike investiert werden. Unser Testbike trägt die Modellbezeichnung Propain Terrel CF Trail und zeichnet sich durch folgende Ausstattung aus:
Bei BIKE betreiben wir einen beispiellosen Aufwand, um Fahrräder zu testen. Als einziges Fachmagazin weltweit betreiben wir ein eigenes Testlabor. Die ermittelten Daten stützen die Eindrücke aus dem Praxistest. Auch bei den Geometriedaten verlassen wir uns nicht ausschließlich auf die Herstellerangaben, sondern setzen selbst das Lasermessgerät an.
“Das Terrel CF fällt groß aus. Wähl’ lieber eine Rahmengröße kleiner!” warnte uns Propain bei Bestellung des Testbikes. Tatsächlich gehört die Sitzrohrlänge in Größe XL zu den längsten im Testfeld und wird nur von Canyon überboten. Andererseits liegt Propain beim Reach-Wert auf Augenhöhe mit Pivot und rund zehn Millimeter unter Canyon und Santa Cruz.
Auch der Stack des Terrel CF ist üppig. Die Werte resultieren in einer komfortablen Sitzposition. Schön ausgeglichen zwischen sportlich und aufrecht sitzt der Pilot im Sattel und findet dort einen bequemen Platz für viele Kilometer. Sowohl Ober- als auch Unterlenkergriffposition sind Propain gelungen.
Clever: Zur Absenkung der Rockshox Reverb XPLR AXS Teleskopstütze braucht es keinen zusätzlichen Hebel am Lenker. Werden beide Schalthebel gleichzeitig gedrückt, lässt sich die Vario-Stütze ein- oder ausfahren. Das macht im Handling deutlich mehr Spaß als das Seilzug-Modell am Gravelbike von Marin.
Dank großer Übersetzungsbandbreite, Federgabel und griffigen Reifen ist das Terrel vor allem bei Touren im Alpenraum eine gute Wahl. Mit fahrfertig über elf Kilo gehört das Propain jedoch zu den schwereren Vertretern der Carbon-Gravelbikes. Bei Federgabel, Dropper-Post und Teilen aus der Sram-Apex-Familie, wie den Kurbeln aus Aluminium, verwundert das nicht.
Auch die einfachen DT-Swiss-Laufräder mit Schlauch fallen etwas pfundig aus und beschleunigen zögerlicher als zum Beispiel die Carbon-Pendants im Alutech Punk. Insgesamt bleibt das Terrel auf Asphalt und feinem Schotter etwas hinter sportiveren Gravelbikes zurück.
Da Propain als Direktversender die Top-Federgabel Rockshox Rudy XPLR Ultimate verbaut, findet sich an der rechten Gabelkrone ein Lockout-Hebel. Einmal umgelegt hört der Weichmacher auch im Wiegetritt auf zu wippen. In hektischen (Renn-)Situationen ist der Griff zur Gabelkrone nicht ideal. Trotzdem ein klarer Vorteil gegenüber der Konkurrenz von Santa Cruz.
Streuen sich größere Steinchen und Wurzeln in den Untergrund, schlägt die Stunde der Zusatzausstattung am Propain-Gravelbike. Dank der hochwertigeren Dämpfungseinheit in der Federgabel gleitet das Terrel CF nochmals einen Ticken geschmeidiger durchs Gelände als das Stigmata von Santa Cruz.
In dem Terrain, in dem die meisten Fahrer ein Bike mit Dropbar bewegen werden, reichen die 40 Millimeter Federweg absolut aus. Die Rudy XPLR Ultimate zeigt sich trotz hohem Luftdruck angenehm sensibel und überzeugt an Kanten mit einer kontrollierten Progression. Gegenanstiege lassen sich dank des Sram-GX-Transmission-Schaltsetups problemlos unter Last wegdrücken.
Die Sram Reverb XPLR AXS Dropper-Post hat dazu noch ein Ass im Ärmel: Wir sie nur ein wenig abgesenkt gibt sie bei Druck leicht nach, sodass der Sitzkomfort und die Kontrolle in technischen Trail-Uphills etwas steigen. In der Praxis sind diese Art der Anstiege auf einem Gravelbike eher selten und kurz, sodass das Feature “nice to have” aber kein “Gamechanger” ist.
Handlich ist das Terrel mit langem, hohen Oberrohr leider nicht gerade. Wer sich mit dem Gravelbike in Mountainbike-Terrain wagen möchte sollte im Konfigurator zumindest einen kürzeren Vorbau anklicken. Gerade mit langem Sitzrohr ist die Vario-Stütze in steilen Downhills Gold wert und ein absoluter USP. Leider besaß das Modell an unserem Testbike ein leichtes seitliches Spiel und machte sich in stehender Position durch leises Klappern bemerkbar.
Das Santa Cruz läuft mit längerem Hauptrahmen und vollen zwei Grad flacheren Lenkwinkel zwar nochmals sicherer bergab, muss aber mit starrer Stütze auskommen. Derweil kann die Power der Sram Apex Bremsen am Propain auf langen, steilen Abfahrten nicht vollends überzeugen.
Wie Propain Kosten, Ausstattung und Trail-Features am Terrel CF abmischt, ist beeindruckend. Für Gravelbiker, die auch mal in einen Wurzelteppich abbiegen, strotzt es nur so vor Kaufargumenten. Kompromisse muss das geländegängige Terrel beim performant-sportlichen Einsatz machen. Weniger Gewicht und mehr Vortriebsqualitäten gibt’s bei dieser Detailfülle erst zum höheren Preis. - Jan Timmermann, BIKE-Redakteur