Mein E-Gravelbike-Erlebnis mit dem Storck e:Grix Pro„Ich, Schwindler!“

Dimitri Lehner

 · 07.11.2025

Ist das meins oder eher nicht? Kritischer Blick auf das Minimal Assist E-Gravelbike Storck e:Grix. Sieht aus wie ein Supersportler, auf den ersten Blick ist nix zu erkennen.
Foto: Max Fuchs
E-Bikes für Commuter sind ein alter Hut. E-MTBs, ob Full-Assist oder Minimal-Assist, ebenso. Doch E-Rennräder und Gravelbikes sind neu und scheu, denn bisher hatten diese Bike-Kategorien noch Berührungsängste mit dem E-Motor. Jetzt nicht mehr. Wir haben ein modernes Minimal-Assist-E-Gravelbike von Storck ausprobiert und sagen euch, was wir erlebt haben.

​Weder Ego-Problem noch E-Problem!

Ich habe kein E-Problem! Ich bin schon lange elektrifiziert und elektrisiert von dem Gedanken, mit einem Mountainbike und Motorunterstützung durchs Gelände zu fahren – für noch mehr Spaß, bergab wie bergauf. E-Bike-Shaming ist in meinen Augen Quatsch. Ich finde nicht, dass Berggipfel einer Elite vorbehalten sein sollten, die sich 7-Liter-Lungen und XXL-Waden antrainiert hat, und ich freue mich über die Heerscharen von Rentnern, die dank E wieder Fahrrad fahren.

Absurd-o-Mobil?

Doch E-Rennrad oder E-Gravelbike? Da reibe selbst ich mir das Kinn. Wirklich? Liegt der Sinn bei den Flitzern nicht gerade in der Sportlichkeit – und sabotiert das „E“ nicht genau diese Idee. Mehr noch: Führt der Motor so ein Aerobes-Trainingsgerät nicht ad absurdum? Als ich mit dem Storck e:Grix durch den Wald gravele, wirkt es, als sei ich mit einem klassischen Graveler unterwegs. Der Motor – ein Mahle X20 mit 55 Newtonmeter – versteckt sich hinter der Bremsscheibe in der Hinterradnabe, der und 242 Wh Akku lagert im Oversize-Unterrohr – optisch ist da nichts zu erkennen. Aber akustisch!

Stille, ach diese Stille!

Der Motor, obwohl recht leise, murmelt vor sich hin, setzt auf der Geraden immer wieder aus, wenn ich zu schnell werde, murmelt weiter. Nervig! Gerade beim Graveln liebe ich die Stille. Ich will im Idealfall nur den Wind hören, wenn er in den Bäumen rauscht und den Ohren. Und ich will die Vögel zwitschern hören. Sonst nichts.

Im Flachen kann man den Motor abstellen, denn ruck zuck ist man über den erlaubten 25 km/h, dann riegelt der Motor ab. Geht’s steil hoch, schiebt der 55 Nm Mahle-Motor angenehm und nimmt dem Berg den Schrecken – für alle, die sich vor Bergen erschrecken.Foto: Max FuchsIm Flachen kann man den Motor abstellen, denn ruck zuck ist man über den erlaubten 25 km/h, dann riegelt der Motor ab. Geht’s steil hoch, schiebt der 55 Nm Mahle-Motor angenehm und nimmt dem Berg den Schrecken – für alle, die sich vor Bergen erschrecken.

Im Flachen

Im Flachen schalte ich den Motor aus. Doch nun spüre ich das Zusatzgewicht. Nicht wirklich störend, aber die Spritzigkeit verpufft, diese betörende Beschleunigung der leichten Gravelbikes, die mehr an Fliegen als an Fahrradfahren erinnern. Raus auf dem Sattel, reingetreten und schon Vmax – dieses Phänomen! Mit 10,9 Kilo ist das Storck noch immer leicht und sticht so manches Bio-Gravelbike aus Alu aus, aber „fliegen“ will es nicht mehr. Schade. Doch man kann nicht alles haben!

Im Steilen

Langer Anstieg: Ich schalte den Motor wieder an. Angenehm easy schiebt es mich den Hang hoch – an einem Rennradkollegen vorbei. Cringe! Hört er meinen Motor? Ich höre ihn – dann hört auch er ihn. Das ist mir peinlich, und ich komme mir vor wie ein Schwindler. Vermutlich wegen der Mimikry: Das Storck sieht aus wie ein Supersportler – mit einem schmutzigen Geheimnis. Als würde ich mit Monsterhanteln aus Schaumstoff im Fitnessstudio flexen. Mit einem Full-Assist-Motor sähe das anders aus, da wäre klar, dass ich mit Motor-Support unterwegs bin, aus welchen Gründen auch immer. Also gebe ich alles, um dem Typen nicht mehr zu begegnen – und schmunzle über mich selbst und über meine sportliche Eitelkeit.

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Das Fazit

Ihr ahnt es! Ich sage: Nein, danke! Ich brauche das Storck e:Grix nicht. Ich würde mich für das Storck Grix entscheiden – ohne E. Doch das liegt daran, dass ich fit und kräftig bin und noch fitter und noch kräftiger werden will – deswegen fahre ich Gravelbikes. Und ich fahre Gravelbikes und kein Rennrad, weil ich da fahren will, wo sonst (im Idealfall) niemand fährt. Ich liebe die Beschleunigung und das lautlose Dahingleiten. Aber für andere mag das anders aussehen – zum Beispiel für alle, die in den Alpen auf Passjagd gehen wollen, ohne die nötige Fitness; als Equalizer für jemanden, der mit den Supersportlern seiner Gruppe nicht mehr mithalten kann, aber will; oder für Bikepacking-Touren mit viel Gepäck – warum nicht zur Motorhilfe greifen? Allerdings sind Steckdosen im finnischen Outback oder auf Islands Gravelpisten eher rar gesät.

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