Der Name täuscht: Das neue Gravelbike von Ghost, genannt Asket, verzichtet nicht auf Ausstattung. Stattdessen bietet es eine extreme Rahmengeometrie und komfortable Komponenten. Der Hersteller aus Nordbayern, seit 2008 Teil der niederländischen Accell Group, verspricht mit dem Asket "Gravel pur". Dies ist bereits die dritte geländetaugliche Plattform nach den Modellen Road Rage und Asket AL.
Im Gegensatz zu anderen Modellen der Marke basiert die Neuheit erstmals auf einem Carbonrahmen mit Elementen vom Hardtail-Mountainbike. So firmierte noch 2017 ein MTB-Hardtail unter dem Namen Asket. Obwohl die Sloping-Form weniger ausgeprägt ist als beim Aluminium-Modell, fällt das Oberrohr des neuen Asket Carbon-Gravelbike dennoch relativ stark nach hinten ab, was zu einem langen Sattelauszug führt. Die Sitzstreben mit ihrem markanten Schwung kurz hinter dem Knotenpunkt zum Sitzrohr sind bereits vom Lector, der Cross-Country-Maschine von Ghost bekannt. Offiziell verwendet Ghost sogenanntes Light Carbon für den Rahmen, der jedoch Schwächen bei den Steifigkeiten aufweist - dazu gleich mehr.
Das Ghost Asket CF 30, das Spitzenmodell zum 30-jährigen Jubiläum von Ghost, erzielt dagegen ein bemerkenswerte Länge beim Radstand: Mit 1105 Millimetern liegt es deutlich über dem Durchschnitt und erreicht einen einzigartigen Wert in der langen Testhistorie bei TOUR. Vergleichbare Gravelbikes mit einem Schwerpunkt auf Bikepacking sind etwa 30 bis 60 Millimeter kürzer. In Kombination mit dem flachen Lenkwinkel (70 Grad) und einem großen Gabelnachlauf (76 Millimeter) fährt das Asket stabil geradeaus und erfordert kräftiges Einlenken. Bei Kurvenfahrten neigt das Vorderrad zu einem ungewöhnlichen Abkippen - so kennen wir es von abfahrtslastigen MTBs. Die sehr aufrechte Sitzposition (STR+: 1,21) spricht Abenteurer an, die Wert auf entspannte Tage im Sattel legen.
Unsere Testfahrer sind beim Komfort aber geteilter Meinung. Der Carbonlenker von Easton profitiert deutlich von den 40 Millimetern Federweg der Rockshox-Gabel. Erschütterungen durch Steine oder Wurzeln werden effektiv abgefedert, und selbst im Lockout bleibt der Frontkomfort spürbar, was auf dem TOUR-Prüfstand ein "Sehr gut" verdient. Am Sattel hingegen ist das Ghost Asket härter eingestellt, da die Vario-Stütze von Rockshox weniger Flexibilität bietet als eine dünne Sattelstütze aus Carbon. Ein Tuning-Potenzial durch breitere Reifen besteht nicht, da die serienmäßigen 45 Millimeter breiten Maxxis-Reifen bereits die maximale Reifenfreiheit ausnutzen und am Testrad tubeless montiert waren.
Die Teleskopsattelstütze kann je nach Rahmengröße um 50 Millimeter (XS bis M) oder 75 Millimeter (L bis XL) verstellt werden. Wie bei anderen Fahrrädern mit Federung stellt sich auch beim Ghost Gravelbike die Frage nach dem Nutzen. Zwar bietet die Dropper Post auf steilen Abfahrten mehr Sicherheit, da der tiefere Schwerpunkt eine bessere Kontrolle über das Bike ermöglicht. Sie erfordert jedoch auch mehr Wartung und erhöht das Gesamtgewicht. Das trägt zum trägen Fahrverhalten des über zehn Kilogramm schweren Asket bei, das auf engen Trails trotz seines MTB-ähnlichen Designs an seine Grenzen stößt und auf Schotterwegen schnellere Fahrten erschwert.
Die Befestigungspunkte am Ober- und Unterrohr für Flaschen und Taschen sind ein Muss für einen Bikepacking-Spezialisten wie das Ghost Asket. Auf Halterungen für feste Schutzbleche oder Gepäckträger wird aber verzichtet; nur bei den günstigeren Modellen können Schmutzfänger an den Sitzstreben angebracht werden. Unsere Testfahrer bemängeln außerdem das Klappern der hinteren Bremsleitung im Rahmen. Außerdem sollte man beachten, dass die Teleskopsattelstütze etwas Spiel hat, was jedoch beim Fahren nicht auffällt.
Neben dem Asket CF 30 bietet Ghost zwei weitere Ausstattungsvarianten an. Die Pro-Version ist das einzige Modell mit einer Carbon-Starrgabel, während das sogenannte Full Party ebenfalls mit einer Federgabel ausgestattet ist, jedoch im Vergleich zum Top-Modell auf eine versenkbare Sattelstütze verzichtet. Bei den Antrieben setzen die Nordbayern auf Zwölffach-Schaltwerke von Shimano und Sram. Nur die teuerste Version ermöglicht elektronische Schaltung und Bedienung der Dropper Post. Alle Fahrräder sind mit breitgefächerten, MTB-typischen Kassetten ausgestattet, die bis zu 52 Zähne am Hinterrad haben.
Zusammengefasst hat das Asket CF 30 Schwierigkeiten, sich im vielfältigen Offroad-Bereich zu etablieren. Das neue Modell ist weder ein komfortables Abenteuerbike, das sich leicht in ein Lastenrad umwandeln lässt, noch kann es auf Schotterwegen mit der Wendigkeit von wettkampforientierten Fahrrädern konkurrieren. Es bleibt die Kategorie des vielseitigen Allrounders, jedoch sind vergleichbare Modelle bei der Konkurrenz günstiger als das 6000 Euro teure Ghost erhältlich.