BIKE-Redakteur Jan Timmermann hat das Canyon Grizl bereits in verschiedenen Varianten rauf und runter getestet. Der Koblenzer Direktversender bietet sein Gravelbike mit diversen Aufbau-Konzepten an, um eine möglichst breite Zielgruppe vom schnellen Sportler bis zum ausdauernden Abenteurer anzusprechen. Der neuste Zuwachs im Grizl-Lineup trägt den Zusatz “w/Eclips”. Diese Gravelbikes kommen mit einem Lichtsystem von Lupine, welches sich aus der Energie eines integrierten Pufferspeichers sowie eines Nabendynamos speist. Der integrierte Akku kann zudem verwendet werden um Smartphone und Co. aufzuladen. Wir beluden unser Testbike mit Schutzblechen und Mini-Gepäckträger, um das Canyon in ein ideales Fortbewegungsmittel auf dem Weg zur Arbeit zu verwandeln.
Ich pendle täglich 62 Kilometer mit dem Fahrrad. Jetzt im nass-dunklen Winter sind ein gutes Licht und Schutzbleche unverzichtbar. Clevere Gepäcklösungen sollen mir am Canyon Grizl CF8 ESC w/Eclips im wahrsten Sinne des Wortes den Rücken freihalten, indem sie einen Rucksack überflüssig machen. Ist das Carbon-Gravelbike also die perfekte Pendel-Lösung für die kalte Jahreszeit? - Jan Timmermann, BIKE-Redakteur
>> Noch mehr Infos zu den verschiedensten Varianten des neuen Canyon Grizl Gravelbikes gibt es hier.
Mit mechanischer Shimano-Schaltung und robuster Laufrad-Reifen-Kombi schaut das Canyon Grizl auf dem Papier langlebig aus. Ob sich das bewahrheitet, muss ein Dauertest zeigen. Ich werde das Gravelbike in den Langzeit-Fuhrpark übernehmen und es über die Winter-Monate ordentlich rannehmen. Kaum ein Bike muss so zuverlässig sein, wie mein Everyday-Rider. - Jan Timmermann, BIKE-Redakteur
“Mein neues Bike hat einen Nabendynamo - da kann ich das Akkulicht ja zuhause lassen” dachte ich mir morgens noch. Abends dann, als ich in der Dämmerung den Nachhauseweg antreten will, bleibt die Beleuchtung trotz diverser Lade-Runden auf dem Redaktionsparkplatz dunkel. Der im Rahmenstaufach integrierte Akku ist tiefenentladen und die Ladearbeit des Dynamos reicht nicht, um das Eclips-System wiederzubeleben. Das Bike muss ans Starthilfekabel. Unter dem Vorbau sitzt nämlich eine USB-C-Ladebuchse, über die man nicht nur sein Handy, sondern andersherum auch die Powerbank im Unterrohr laden kann. Eine Ladestandanzeige gibt’s nur in der Canyon App. Das Koppeln von Eclips Software-Aggregat und Smartphone will mir an diesem Tag nicht gelingen. Erst an einem anderen Tag mit einem anderen Gerät verbinden sich die Steuerung und ein Handy via QR-Code .
Hektisch keule ich an Bord meines neuen Canyon Grizl CF8 ESC w/Eclips in die Pedale. Durch den Licht-Fauxpas bin ich spät dran und muss mich sputen. Leider kommt das Bike nur schwer aus dem Quark. Obwohl sich das Gewicht von knapp unter zehn Kilo inklusive des kompletten Beleuchtungssystems und in Größe XL nicht zu verstecken braucht, addieren Pedale, Flaschenhalter, Schutzbleche und Mini-Gepäckträger an der Front zusammen nochmal gut zwei Kilo. Zusammen mit drei Kilo Gepäck und einem Kilo Wasser wird aus dem Grizl ein 16 Kilo-Gravelbike. Im Vergleich zu meinem sonstigen Pendel-Gefährt, einem 9,5 Kilo leichten Singlespeed-Mountainbike mit ähnlichem Preisschild, muss ich einen Gang zurückschalten und stelle heute definitiv keine neue Bestzeit auf. Das vollbeladene Grizl ist mit seinem Carbon-Chassis zwar leichter als die meisten Trekking-Bikes und viele Randonneure, hat mit einem sportlichen Gravelbike aber nur noch entfernt etwas zu tun.
Natürlich hat die Masse an Zubehör fürs Canyon Grizl aber auch etliche Vorteile. Die Montage von Front-Rack und massiven Schutzblechen aus Alu geht easy von der Hand. Letztere lassen sich mittels Klips und Schnellspanner auch ruckzuck wieder demontieren. Alle Teile wirken wertig und robust. Auf dem kleinen Träger über dem Vorderrad findet gepolstert und in einem Drybag geschützt sogar der sperrige Laptop seinen Platz. Allerdings ist diese Positionierung wohl sogar noch weniger aerodynamisch als ein Rucksack auf dem Rücken. Dafür bleibt mit dem Front-Rack der Rücken schweißfrei. Kleinkram und Wechselklamotten haben in der Rahmentasche Platz, welche von Canyon extra an die entsprechende Rahmengröße angepasst wurde. Dank Fidlock-System stören keine hässlichen Klettbänder das Gesamtbild. Ganz so intuitiv, wie versprochen, finde ich das Anklipsen der Tasche jedoch nicht.
Als ich die Lichter der Stadt hinter mir lasse, türmen sich hohe Laubberge auf dem Radweg. Jetzt schlägt die Stunde des Canyons. Bereits in früheren Tests habe ich die hohe Fahrstabilität der neusten Grizl-Generation zu schätzen gelernt. Mit dünnen Rennradreifen oder dem nervösen Handling eines Trekkingbikes hätte ich hier jetzt zu kämpfen. Das laufruhige Canyon Gravelbike zieht von Schlaglöchern und Schottersteinchen unbeirrt seine Bahnen, rollt ohne mit der Wimper zu zucken über die in den Blättern versteckten Ästchen und trotzt selbst den plötzlich aus dem Dunkel auftauchenden Fräskanten im Asphalt. Ich kann meinen Kopf guten Gewissens abschalten. Nur, wenn es etwas mehr rumpelt, knallt die Kette laut auf den Rahmen und reißt mich aus den Gedanken.
Die kräftige Lupine-Beleuchtung des Canyon Grizl CF8 ESC w/Eclips weist mir derweil den Weg und obwohl mich inzwischen stockfinstere Nacht umgibt, fühle ich mich rundum sicher. Dank Fernlicht-Funktion gilt das auch bei schneller Fahrt durch die Finsternis. Das Canyon liegt jederzeit stabil auf der Piste. Dieses Maß an Souveränität ist bei widrigen Bedingungen Gold wert und mir jetzt gerade sogar wichtiger als eine schnelle Pendel-Zeit. Gleichzeitig bleibt das Handling des Gravelbikes gut kontrollierbar und problemlos lupfe ich auf den Bordstein und wieder runter. So gefällt mir das!
Canyon ist bekannt dafür mit dem Garvelbike-Lenker zu experimentieren und verpasst dem Grizl CF8 ESC w/Eclips ein sogenanntes Full Mounty Cockpit aus Carbon. Dieses bietet Montagepunkte für verschiedenstes Zubehör, wie einen Aero-Auflieger oder eine weitere Gepäck-Box, und soll noch mehr Griffpositionen bieten. Für lange Fahrten der Kragenweite über 200 Kilometer am Stück mag das ein kleiner Vorteil sein. Auf meiner einstündigen Pendel-Runde ist der Benefit nicht wirklich feststellbar. Zwar können die Hände am nach vorne ausladenden Bügel greifen, dieser ist jedoch zu kurz, um auch die Unterarme aufzulegen. Ein aerodynamischer Vorteil ist in dieser dann zwar schmalen aber aufrechten Fahrposition im Vergleich zum Unterlenkergriff nicht auszumachen.
Auf den letzten Metern meines Arbeitsweges warnt mich die Lichtanlage durch Blinken vor einem niedrigen Akkustand. In dem Moment, als ich vor der Haustüre zum Stehen komme, ist der Saft der 15 Minuten am Starthilfekabel schon wieder leer. Der Nabendynamo liefert zwar genügend Energie, um ab einer Geschwindigkeit von 15 Kilometern pro Stunde das Tagfahrlicht am Laufen zu halten, für den bis zu 1000 Lumen starke Lupine-Frontstrahler aber braucht es zusätzliche Energie aus dem 2500 Milliamperestunden starken Akkupack. Auch die 14 LEDs der Rückleuchte mit insgesamt 45 Lumen saugen Strom, sorgen damit dann aber für 240 Grad Sichtbarkeit. Lange Fahrten mit voller Beleuchtung bringen selbst das Dynamo-Bike an seine Grenzen - wie lange der Ritt dafür wirklich sein muss, wird der Dauertest des Canyon Grizl CF8 ESC w/Eclips zeigen.
Spannend ist das Eclips-System in jedem Fall. Ab 20 Kilometern pro Stunde und ohne Verbraucher lädt der Son-Dynamo den Pufferspeicher mit einer Rate von zwölf Prozent auf. Durch die Akku-Lösung bleibt die Leuchtkraft auch beim Stehenbleiben an einer Ampel oder beim Flicken eines Platten im Dunkeln gleichbleibend aufrechterhalten. Noch dazu ist die Integration der Elektronik wunderbar gelungen. Von der Verkabelung ist im äußeren Erscheinungsbild nichts zu sehen und der Nabendynamo überträgt den gewonnenen Strom sogar kabellos über zwei in die Gabel integrierte Abnehmer. So muss beim Vorderradausbau nicht erst ein Stecker gelöst werden - super!
Bei BIKE betreiben wir einen beispiellosen Aufwand, um Fahrräder zu testen. Als einziges Fachmagazin weltweit betreiben wir ein eigenes Testlabor. Die ermittelten Daten stützen die Eindrücke aus dem Praxistest. Auch bei den Geometriedaten verlassen wir uns nicht ausschließlich auf die Herstellerangaben, sondern setzen selbst das Lasermessgerät an.
Nach Startschwierigkeiten bin ich mit dem wintertauglichen Grizl-Pendelrad doch noch warm geworden. Dass die Systemintegration so clever gelungen ist, macht das mit viel Zubehör behangene Canyon zu einem Produkt, das man im Alltag gerne benutzt. Fahrsicherheit und Laufruhe stechen besonders hervor. Das propere Gewicht stört, ist an rauen Wintertagen aber mein kleinstes Problem. - Jan Timmermann, BIKE-Redakteur