Laurin Lehner
· 17.09.2025
Einmal durch Deutschland – das macht man nur einmal im Leben. Ich zumindest. Denn ich bin kein Ultra-Gravelbiker. Meine längste Tour dauerte drei Tage: von München „ab nach Hause“ in Freiburgs Süden. Hier startete ich als absoluter Gravel-Novize. Mit meinem Wissen bereitete ich mich auf die Deutschland-Tour vor. Während ich damals auf ein Gravelbike mit Vario-Sattelstütze und Federgabel vertraute, weil ich dachte, das passt zu mir als Mountainbiker, wollte ich diesmal darauf verzichten. Denn um die 1000 Kilometer ans Meer zu knacken, brauche ich Vortrieb – das war mir klar.
Also bestellte ich das schicke Bianchi Arcadex Pro mit Starrgabel und natürlich im legendären Bianchi-Himmelblau, auch Celeste genannt. Leider bekam ich weder das eine noch das andere. Die Italiener schickten es mir in Dunkelgrün und mit Federgabel. Mittlerweile gefällt mir die Farbe richtig gut – mit der Gabel ist es leider nicht ganz so. Doch der Reihe nach.
Das neue Arcadex nimmt im Offroad-Segment weiter den Platz als Bikepacking-Modell ein, wobei Bianchi auf eine relativ sportliche Rahmengeometrie setzt. Die Rahmengröße M passte mir mit einer Körpergröße von 1,78 Metern sehr gut. Die Positionierung ist gemäßigt.
Auffällig: Das im Unterrohr eingebaute Staufach, bekannt als IFS (Internal Frame Storage). Es lässt sich ohne Werkzeug öffnen und bietet Platz für ein Pannenset oder Verpflegung. Bei mir steckte nur ein Ersatzschlauch drin. Außerdem kann das Gravelbike mit festen Schutzblechen ausgestattet werden. Hab ich natürlich nicht gemacht. Für Spritzschutz sorgen bei mir Sattel- und Lenkertasche.
Das Arcadex ist in vier verschiedenen Ausstattungsvarianten verfügbar. Alle Bikes sind mit 1x12-Antrieben von Shimano oder SRAM und großen Ritzelpaketen ausgestattet. Mit einem 40-Zähne-Kettenblatt und bis zu 51 Zähnen am größten Ritzel sind sie auch für steile Anstiege mit Gepäck geeignet. Die Comp-Modelle verfügen über einfache Alu-Laufräder von Fulcrum, während die Pro-Modelle mit Carbonlaufrädern von Velomann ausgestattet sind. Dieses Set wiegt laut Hersteller 1542 Gramm, und die Felgen haben eine Innenbreite von 25 Millimetern. Die Preise beginnen bei 2949 Euro, und das Spitzenmodell mit Federgabel kostet 5050 Euro.
Die dicken Pneus von Pirelli mögen auf Trails für viel Grip und Komfort sorgen, bei rund 1.000 Kilometern muss es aber vorwärts gehen. Daher mussten die Original-Reifen weichen. Stattdessen wählte ich die gut rollenden Conti Terra Speed ProTection in 45 mm (gibt’s auch schmaler, 40 mm). Die Reifen rollen gut und bieten laut Labor-Test der TOUR-Kollegen einen soliden Pannenschutz.
Und weil ich schon dabei war, rüstete ich auf Tubeless um. Eine schlechte Idee, wie sich während der Deutschland-Tour herausstellte. Zwar hatte ich keinen einzigen Platten, doch musste ich jeden Tag nachpumpen, weil das Tubeless-Setup nicht dicht hielt – insbesondere vorne. Sehr nervig. Aus lauter Platten-Angst schüttete ich sogar doppelt so viel Dichtmilch hinein wie empfohlen: ganze 120 Milliliter pro Reifen.
Kurzum: Die Conti-Reifen haben sich bewährt und rollten zügig nordwärts. Wo der Fehler beim Tubeless-Setup lag, weiß ich bis heute nicht.
Elektroschaltungen sind schön und gut – doch wenn der Saft weg ist, werden die Gesichter lang. Der Hersteller gibt für die Sram-AXS-Akkus 20 bis 60 Stunden Laufzeit oder rund 1000 Kilometer an. Die Knopfzellen an den Hebeln halten dagegen laut Sram bis zu zwei Jahre. Ersteres bereitete uns also Kopfschmerzen. Wir wollten es nicht darauf ankommen lassen und nahmen daher ein Akku-Ladegerät mit. Irgendwie gar nicht abenteuerlich – doch so ist das nun mal im Stromzeitalter.
In die Gabel pumpte ich großzügig Luft und das gleich aus zwei Gründen: A) Kam mit Schlafsack, Isomatte, Verpflegung etc. einiges an Gewicht zusammen. Und B) Wollte ich ja eh keine Gabel, die nur unnötig Energie schluckt. Blöd: Trotz Lockout-Hebel wippt die Gabel (30 mm Hub) und das macht sich besonders im Wiegeschritt in Uphill bemerkbar. Am Ende der Tour war deutlich Buchsenspiel bemerkbar.
Zugegeben, das Bike kam gebraucht von Bianchi. Wie viele Kilometer das Arcadex schon hinter sich hat, lässt sich nicht sagen. Ich hatte zuvor bereits eine Schwarzwald-Tour und ein paar Wochenend-Ausfahrten gemacht. Dennoch war ich gespannt, wie das Bike rund 1000 Kilometer – mehr oder weniger am Stück – verträgt. Ab Brandenburg an der Havel machte sich ein leichtes Knacken im Tretlager bemerkbar, verschwand aber zeitweise wieder. So oder so: Es ist Zeit für einen Service.
Die Taschen (Arschrakete und Lenkertasche) von Fjällräven Specialized sind so nicht mehr erhältlich. Die Birzman Packman Travel Planet 3 L Rahmentasche hatte ich zum ersten Mal im Einsatz. Bei der Montage musste ich etwas improvisieren, da der Klettverschluss nicht für das dicke Steuerrohr passte. Ansonsten machte die Tasche einen soliden Eindruck. Das orangefarbene Innenmaterial sorgt dafür, dass nichts im Inneren verloren geht. Die Flasche am Unterrohr ließ sich mit montierter Tasche nur semioptimal herausnehmen.
Das Bianchi Arcadex Pro hat sich bewährt. Besonders liegt mir die Geometrie – die Sitzposition ist weder zu sportlich noch zu aufrecht - ideal für Bikepacking-Missionen. Die Serienreifen dämpfen angenehm und bieten viel Grip, rollen jedoch nur mäßig. Bremsen und Schaltung von Sram arbeiteten zuverlässig.
Die Federgabel lieferte zwar Unterstützung auf technischen Passagen, dennoch hätte ich gerne auf sie verzichtet. Störend war vor allem die inkonsequente Lockout-Funktion sowie das Spiel in den Buchsen. Gerne hätte ich das Modell ohne Federgabel ausprobiert.
Das gebrauchte Bike legte während meines gesamten Einsatzes rund 1500 Kilometer zurück und ist nun bereit für einen Service – insbesondere die Lager knarzen nun ab und an.
Laurin Lehner, 1,78 Meter, BIKE Test-Redakteur