Sie sind die Königsklasse in unseren Tests: E-Trekkingbikes haben zurecht den Ruf als bärenstarke Allrounder für alles von Alltag bis Radreise. Wie SUVs oder Reiseenduros bei Autos und Motorrädern verbinden Touren- bzw. Trekking-E-Bikes Komfort, Gepäck- und Reisetauglichkeit mit umfangreicher Ausstattung. Die Nachteile sind ebenfalls ähnlich gelagert. E-Trekkingbikes sind teuer und schwer, in der Stadt nicht immer handlich und brauchen mehr Platz zum Abstellen.
Was die Bikes dieses Tests eint: Sie alle kommen mit dem neuen Top-Motor Bosch Performance CX. Alle sechs Modelle sind speziell für diesen Antrieb entwickelt worden und alle sechs rollen gerade erst in die Shops. Eine Premium-Testgruppe also. Sie dürfte zeigen, welche Qualitäten in der Zukunft der wichtigsten E-Bike-Kategorie den Ton angeben.
Der neue Bosch Performance Line CX ist noch so frisch, dass nur fünf Marken überhaupt passende Räder liefern konnten. Für eine optimale Vergleichbarkeit und um einer völligen Preisexplosion vorzubeugen, deckelten wir die Kosten pro Rad bei 4500 Euro. Die Testgruppe von Cube über Pegasus bis hin zu Diamant ist trotzdem relativ repräsentativ. Als Seitenblick haben wir noch das teurere Simplon mit in den Test integriert. Es soll zeigen, ob und wie sich ein Carbon-Rahmen am Trekking-Bike lohnt.
Auffällig: Die sechs Kontrahenten sind in ihren Anlagen sehr unterschiedlich. Während Diamant, Simplon, Pegasus und KTM sich auf klassische Touring-Rezepte verlassen, tendieren Merida und Cube mit flacheren Lenkwinkeln, längeren Radständen und absenkbaren Sattelstützen schon deutlich mehr in Richtung Mountainbike.
Auch die Unterschiede im Gewicht sind augenscheinlich. Das Diamant mit klassischem Aufsetz-Akku ist neben dem Carbon-Simplon auffällig leicht und unterbietet Merida und Pegasus um fast fünf Kilogramm. Gerade beim Handling und im Alltag macht das einen Unterschied. Räder mit fast 30 Kilogramm eine steile Kellertreppe hinab zu bugsieren oder gar auf einen Heckträger zu hieven, fällt selbst fitten Radlern ziemlich schwer.
Ebenfalls auffällig: In Sachen Qualität bekleckert sich die Testgruppe trotz der Premium-Preise nicht durchgängig mit Ruhm. Das betrifft vor allem nervige Details wie etwa schief sitzende Displays. Kleinigkeiten, die bei einem Rad für 4500 Euro aber nicht mehr vorkommen sollten.
Kritik gibt's besonders auch für die einfachen Gabeln à la Suntour NCX mit schmalen Standrohren. Unsere Erfahrung: Schon im Neuzustand wackeln diese Gabeln oft aufgrund von Buchsenspiel. Dem hohen Gewicht von ausgewachsenen E-Trekkingbikes sind sie auf Dauer nur bedingt gewachsen. Starre Gabeln wären da in manchem Bike die bessere Wahl, zumal das Ansprechverhalten einfacher Gabeln sowieso nur bei harten Kanten wie Bordsteinen nennenswerten Komfort bringt.
Fahrradriese Cube tut sich dagegen mit einem erstaunlich wertigen Chassis inklusive verschliffener Schweißnähte und im Rahmen integriertem Gepäckträger hervor. Diamant beweist mit klassischer Zugführung, externem Akku und komfortablen Breitreifen Eigenständigkeit. Innovation heißt eben manchmal auch gegen den Strom zu schwimmen. Das kommt an!
Es sind übrigens auch diese zwei Kandidaten – Cube und Diamant – die sich die etwas besseren und stabileren Federgabeln gönnen. Positiv fallen uns auch die kräftigen Vierkolben-Bremsen an der Mehrzahl der Testbikes und Shimanos auf Haltbarkeit optimierte Linkglide-Schaltungen von Shimano auf. Letztere bieten zwar meist einen Gang weniger als ihre konventionellen Hyperglide-Pendants, sollten aber nicht so schnell verschleißen. Gerade an stark motorisierten E-Tourenbikes eine sinnvolle Wahl.
Und wie steht es um den Seitenblick auf das edle Simplon Chenoa e: mit Carbon-Rahmen von Simplon? Auf der Waage ist die Sache klar: 22,4 Kilogramm, davon können die anderen Kandidaten nur träumen. Entsprechend angenehmer ist das Bike zu tragen und zu rangieren. Auch die organischen Formen des Rahmens und die hochwertige Verarbeitung fallen im Vergleich deutlich auf. Mit starrer Gabel ist das Simplon sportlicher ausgerichtet, als die anderen Testkandidaten. Leider verspielt es aber etwas Potential bei der Fahrdynamik durch das (zu) stark gekröpfte Cockpit.
Ansonsten ist das Simplon ein sehr gelungenes Rad, hat aber eben auch seine Schwächen – Carbonrahmen hin oder her. In der Punktewertung schwimmt es entsprechend in der Mitte mit. Anders das Cube: Echte Schwächen konnten wir hier kaum finden. Damit sichert sich das neue Kathmandu souverän den Testsieg.
Hand aufs Herz: Welches Bike würden wir nach dem Test wählen und warum? Unsere Punktetabelle zeigt Stärken und Schwächen der Bikes im direkten Vergleich.
Die Bewertung erfolgt Kategorie-abhängig und dient vor allem dem Vergleich innerhalb der Testgruppe. Die Bewertungsskala ist an Schulnoten angelehnt. Zur Orientierung: Für eine durchschnittliche Leistung ohne Mängel vergeben wir die Note 2,5.
Qualität, Gewicht, Komfort und Alltagsnutzen: Als besonders komplexes Produkt, sind es am E-Trekkingbike gerade viele gute Details, die einen Testsieger ausmachen. Wir zeigen die Lösungen, die uns im Test besonders überzeugen konnten.
Reisen, Alltag und Fahren mit Gepäck – Trekkingräder müssen vielen Anforderungen genügen. Das äußerst durchdachte neue Kathmandu von Cube punktet in fast allen Belangen und ist zudem exzellent ausgestattet und überdurchschnittlich gut verarbeitet. Klarer Testsieg! Gut gefallen hat uns auch das leichte Diamant, das mit seinen breiten Reifen und dem klassischen Akku bei Komfort und Gewicht punktet. Passend zur Preisklasse liegen aber fast alle Testkandidaten etwas über der Durchschnittsnote von 2,5. - Adrian Kaether, Testleiter MYBIKE