E-Bikes bis 20 Kilo9 leichte Pedelecs mit Light-Assist-Antrieb im Vergleich

Georg Bleicher

 · 04.09.2023

Das Ampler Juna
Foto: Ampler
Leichte E-Bikes haben Vorteile – auf der Straße wie auf der Kellertreppe. Wer keine Ultralang-Touren fährt, aber ein E-Bike auch für den Arbeitsweg sucht, kann damit oft glücklicher werden als mit deutlich schwereren SUV-Allroundern. Neun Pedelecs bis 20 Kilo im Praxistest.

Die 9 leichten E-Bikes in der Übersicht

Manche Power-E-Bikes können alles – außer getragen ­werden. 28 tragegrifflose Kilos sind nichts für die Kellertreppe. Das in den letzten Jahren nach oben strebende Gewicht liegt in der System-Ausstattung – bei SUV nimmt man mittlerweile gern einen 750-Wattstunden-Akku und damit rund 4,4 Kilogramm mit auf den Weg, zuzüglich Motor. Oft hieven hubstarke Federgabeln und aufwendige Federsattelstützen die Werte weiter nach oben. Gut, dass auch immer mehr Vertreter des Gegentrends auftauchen: Räder mit Light-Power-Assist-Systemen wie das Fazua Ride 60 in unserem Riese & Müller UBN wiegen inklusive 430-Wh-Akku komplett vier Kilogramm. Damit sind Gesamtgewichte ab etwa 17 Kilo – ohne Straßen- und Komfortausstattung –, aber auch weniger möglich.

Nur 17,5 Kilo bringt das Stevens E-Strada als vollausgestattetes Light-Assist-E-Bike auf die SchulterFoto: StevensNur 17,5 Kilo bringt das Stevens E-Strada als vollausgestattetes Light-Assist-E-Bike auf die Schulter

Das Gros der leichten E-Bikes wiegt um die 19 Kilogramm. Auch kein Vergnügen, hat man ein paar Stufen zu überwinden, aber es geht. Und das Praxis-Handling der Räder überzeugt ohnehin. Wer vom voll ausgestatteten Touren-E-Bike auf ein Light Assist Bike umsteigt, spürt auch im Fahren sofort den Unterschied – die Leichtigkeit des Seins. So gesehen eröffnen diese Bikes neue Möglichkeiten. Die Gewichtsersparnis geht dabei zunächst auf Kosten der Motorleistung und vor allem der Akkukapazität: Im Test sind Batterien mit 250 bis 430 Wattstunden vertreten, die Motoren bringen bis zu 60 Newtonmeter Drehmoment.

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Light-Assist-Bikes mit unterschiedlichen Motorkonzepten

Zu wenig? Nein. Für viele ist E-Biken so sogar authentischer – allerdings muss man unterscheiden: Manche Heckmotoren wie der Mahle x35+ im Stevens haben keinen Drehmomentsensor. Sie sprechen also erst nach einer guten Kurbelumdrehung an, ermöglichen aber, mit minimalem Kraftaufwand an der 25er-Grenze entlangzurollen – Letzteres gilt auch für die City-Cruiser Cowboy oder Ampler, die allerdings dank solch einem vorhandenen Sensor noch innerhalb der ersten Pedalumdrehung loslegen.

Leichter Mittelmotor von TQ im Simplon SilkcarbonFoto: SimplonLeichter Mittelmotor von TQ im Simplon Silkcarbon

Die Mittelmotoren in leichten E-Bikes wie dem Canyon, Maxx oder Simplon unterstützen noch feinfühliger über die volle Bandbreite und belohnen dabei oft eine schnellere Trittfrequenz, anders als viele Full-Power-E-Bikes für den Tourenalltag. Tendenziell sportlich orientierte Fahrer haben tatsächlich mit Mittelmotor aus dem Light-Assist-Segment oft mehr Spaß als mit den klassischen, großen Motorentypen.

Am Riese & Müller ist der neue Fazua Ride 60 verbaut. Der Akku lässt sich leicht entnehmen.Foto: Riese & MüllerAm Riese & Müller ist der neue Fazua Ride 60 verbaut. Der Akku lässt sich leicht entnehmen.

Wir haben zwei Fazua-Antriebe, einen Specialized und einen TQ-Mittelmotor im Vergleich, die uns in Sachen Harmonie und teils auch Durchzug begeisterten. Alle Testräder haben integrierte Batterien, einige kann der Nutzer zum Laden allerdings nicht herausnehmen. Das ist dank des geringeren Gewichts nicht mehr so schlimm wie bei 30-Kilo-Pedelecs, doch muss klar sein: Der Abstellplatz muss dann zwingend eine Steckdose haben.

Großstadt als Revier: Viele der Räder eignen sich bestens für Alltagspendler.Foto: Helge TscharnGroßstadt als Revier: Viele der Räder eignen sich bestens für Alltagspendler.

Nebenher: Wir hätten gerne auch ein leichtes E-Bike mit dem neuen Bosch-Mittelmotor Performance SX in den Test genommen. Auch er ist leicht und eher im höheren Drehzahlbereich stark, aber die entsprechenden Hersteller konnten aus terminlichen Gründen noch kein Testrad beisteuern. An keinem Rad ist ein klassisches Cockpit-Display verbaut. Oft gibt es ein Panel mit LED-Anzeige auf dem Oberrohr, gelegentlich, wie bei Ampler, werden dort aber auch über ein kleines Display der Ladezustand und die Unterstützungsstufe sowie einiges Weiteres angezeigt. Der Cowboy verzichtet gar ganz auf eine Anzeige und kommuniziert nur über Handy mit dem Fahrer. Durch Aus- und Einsetzen der Batterie kann man allerdings trotzdem die Unterstützung initiieren, wenn das Smartphone fehlt.

Ein dezentes Display am Oberrohr ist Standard am Light-E-Bike, viele Testmodelle bieten  auch eine Aufnahme fürs Smartphone und integrierte Lademöglichkeit.Foto: Riese & MüllerEin dezentes Display am Oberrohr ist Standard am Light-E-Bike, viele Testmodelle bieten auch eine Aufnahme fürs Smartphone und integrierte Lademöglichkeit.

Breite Einsatzbereiche im Light-Assist-Segment

Geringes Gewicht, einfaches Handling und etwas Gepäcktauglichkeit machen neben dem City-Pendler und Alltagsfahrer auch Ausflügler glücklich. Allerdings gibt es hier tendenziell Einschränkungen in Sachen Systemgewicht und Trägerlast. Die andere Ausrichtung der Light Assist-E-Bikes im Test: City-Cruiser. Die sind einfach zu bedienen, bieten eine aufrechte Sitzposition und sind dank Riemenantrieb und fehlenden wartungsaufwendigen Federelementen wartungsarm. Und schließlich gibt es die auch bei uns vertretenen Mischformen: sehr sportlich gelagerte Gewichtsoptimierer, die auf Fahrspaß in der City oder auf der kleinen Trainingsrunde, vielleicht auch mit Taschen, ausgerichtet sind. Eine andere, zusätzliche Art, Gewicht zu sparen: Carbon statt Aluminium verwenden. Der Canyon-Renner, das Storck-Funbike und das Tourenrad von Simplon gehen diesen Weg mit sehr schön gearbeitetem Carbonmaterial.

Komfort ohne Federgabeln

Auch der Komfort fällt gelegentlich der Diät zum Opfer, schon weil Federgabeln gehörig auf die Waage drücken. Die Carbonrahmen- und -Gabelfraktion ist hier aufgrund des dämpfend einsetzbaren Materials im Vorteil. Breite Reifen oder, wie beim Specialized, leichte integrierte Federelemente können uns die Schlaglöcher des Alltags aber auch zumindest erträglich machen – der Cowboy ist in dieser Hinsicht wegweisend. Beim extrem verwindungssteifen Alu-Rahmen von Riese & Müller wünschte man sich tatsächlich etwas mehr Dämpfung – auch hier können aber breitere Reifen abhelfen. Die klassische Kettenschaltung macht auch in diesem Bereich derzeit das Gros der Antriebe aus, wenn auch durchgängig in Versionen mit einfachem Kettenblatt. Die meisten Fahrer sind sie gewohnt.

Leider lässt die Harmonie zwischen Motor und Kettenschaltung zu wünschen übrig: Höherer Verschleiß bei Mittelmotoren und nicht selten ein allzu deutliches Schaltknacken trüben oft den Fahrkultur, auch wenn es an der Exaktheit der Schaltvorgänge nicht fehlt. Da sind nach wie vor die Entwicklungsabteilungen der Komponentenhersteller gefragt. Wo ein Riemenantrieb und eine Tretlagerschaltung montiert sind, klappt das deutlich besser, phänomenal gut übrigens beim Stevens mit dem Pinion-Neunfach-Getriebe.


Die leichten E-Bikes im Detail

Zuverlässige Technik: die Busch & Müller-Frontleuchte IQ-XS am Ampler.
Foto: Horst Fadel

Im Test haben wir die leichten E-Bikes, abgesehen von ihren Motoreigenheiten, wie klassische Bio-Bikes behandelt: Sicherheit, Handling, Verarbeitungsqualität und das ganze Drumherum spielen eine große Rolle. Preislich liegen sie oft etwas unterhalb der klassischen, voll ausgestatteten Touren-E-Bikes. Preisgünstig kann man das Ampler Juna trotz fehlender Gangschaltung nennen, während Hersteller, wie Simplon oder Maxx, beide mit individuell konfigurierbaren Modellen, die obere Grenze der Range darstellen – aber auch ein entsprechend hohes Performance- und Qualitätsniveau bieten. Wie sich in Zukunft das Light-Assist-Segment in die Fahrradwelt einsortieren wird, ist noch unklar.

Im MTB-Bereich gibt es schon eine definierte eigene Klasse mit speziellem Einsatzbereich. Auch das E-Gravel-Segment könnten die Light-Assist-Motoren bald beherrschen. Für Tourer und Alltagspendler sowie Gelegenheitsausflügler gilt jedenfalls: Wer auf dicke Motoren und fantastische Reichweiten verzichten kann, dem bringt diese E-Bike-Klasse das “normale” Radfahren mit seinem unbeschwerten Handling wieder näher. Und zwar ohne dass der Flow, den wir am E-Bike so schätzen, verlorengeht. Ausprobieren!

Alle leichten E-Bikes im Vergleich

Die Einzelnoten der leichten E-Bikes | Tabelle: MYBIKEDie Einzelnoten der leichten E-Bikes | Tabelle: MYBIKE

* Dass ausgerechnet die beiden reinen City-Modelle etwas schlechter abschneiden als der Rest, liegt in erster Linie an der Herabstufung im Ergonomie- und Praxisbereich (u. a.: Cowboy bietet nur eine Größe, Ampler nur zwei, beide Mittelständer blockieren beim Rangieren).

** Der nicht herausnehmbare Akku hat das ansonsten erstklassige Simplon Silkcarbon den alleinigen ersten Platz gekostet.


Light-E-Bike: Wie weit reicht der Akku wirklich?

Eine genau definierte Reichweitenangabe beim Praxistest war nicht möglich, da eine große Zahl an Faktoren wie Technik, Terrain und Wetter sowie Fahrercharakteristik das Ergebnis beeinflusst. Viele der Räder richten sich an Biker, die selbst gern einen großen Kraftanteil beisteuern. Wir haben daher in der jeweiligen Nutzerpraxis der Räder die Reichweiten festgehalten, zum Teil hochgerechnet und geben zur Orientierung Mindestentfernungen mit mittlerer beziehungsweise höchster Unterstützung an. Dabei waren wir mit sportlich orientierten Bikes mit eher höheren Trittfrequenzen unterwegs, auf typischen City-Rädern mit weniger Eigeninitiative und Geschwindigkeit. Fast alle unsere Light Assist Bikes lassen sich in der Ebene gemächlich bis gut auch ohne Unterstützung fahren. Räder mit Schaltung sind dabei im Vorteil. Und falls man doch längere Touren plant: Zu den Mittelmotoren gibt es Range Extender für mehr Reichweite.

Mehr Saft aus der Flasche: Range-Extender am Simplon Silkcarbon TQ.Foto: SimplonMehr Saft aus der Flasche: Range-Extender am Simplon Silkcarbon TQ.

Apps für alle Light-Assist-Motoren

Konnektivität ist selbstverständlich, die Smartphone-Apps, die alle Motorenhersteller anbieten, unterscheiden sich aber deutlich. Mahle (Stevens) bietet neben Individualisierung der Motorenkennlinie unter anderem etwa das Aufzeichnen von Fahrten auf sozialen Sportler-Netzwerken wie Strava. Cowboy hat Google Maps als Partner für die Navigation. Ärgerlich ist, dass man meist ein komplettes Profil anlegen und Daten offenlegen muss, um die App mit oft vielen weiteren Möglichkeiten zu nutzen. Versicherung, Wartungsabo, Tracking – wer sich anmeldet, kann je nach Hersteller und Investition viele weitere Services buchen. Die Bedienung der Apps ist nicht immer selbsterklärend. Am klarsten und einfachsten fanden wir die Specialized-App.

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