Bestes Beispiel: Nicholi Rogatkin. Er schleuderte über eine Klippe, fiel 10 Meter in die Tiefe und kam mit einem Schreck davon. In den vier ersten Rampages blieb der rohe Charakter erhalten, erst dann wandelte sich der Wettkampf. Zuerst stellten die Organisatoren künstliche Features ins Gelände. Der Oakley Sender, ein irrsinnig hoher Drop-Turm aus Holz, und das Canyon-Gap, ein Rampensprung über ein Geländerinne, sind die bekanntesten. In den Folgejahren durften die Athleten mit Diggern anrücken. Diese Bau-Trupps shapten Abfahrten in die Utahberge, die an einen Slopestyle-Parcours erinnerten mit planierten Landungen, geplätteten Bahnen und Absprüngen aus Sandsäcken. Doch diese Veränderungen machten die heutigen Supertricks erst möglich. Eine Entwicklung, die nicht alle begrüßen. Bekanntester Kritiker ist der Norweger Brage Vestavik. "Da fehlt mir der Freeride-Spirit!", sagt Brage, "ich mache erst wieder bei der Rampage mit, wenn sie wieder rauer und ursprünglicher wird". Doch in einem ist sich der Wettkampf all die Jahre treu geblieben: Die Rampage ist ein steter Lieferant an haarsträubenden Momenten.
Cam Zink backflippt den Oakley Sender 2013. Der Stunt manifestierte Cam Zinks Ruf als "All or Nothing"-Daredevil in der Szene. Nur zwei Fahrer wagten bei der Rampage 2013 den Superdrop: Kyle Strait im Suicide No Hander und Cam Zink im Flip.
Im Vorjahr hatte der Kelly McGarry das Canyon-Gap im Backflip überflogen, 2014 warf sich der Kanadier Tom Van Steenbergen im Frontflip nach vorne. Wir müssen zugeben: Wir haben eine Schwäche für Frontflips. Dieser Stunt hat uns damals den Atmen stocken und das Herz stolpern lassen.
Robbie “Air” Bourdon wagt den Flat Spin. Der Kanadier aus Nelson zählte zur Boomzeit des Freeriden zu den wildesten Gesellen. Er hatte mit dem Statement “I drop anything” für Furore gesorgt und galt als schlichtweg crazy. 2010 wollte Robbie wiederholen, was ihm im Actionfilm NWD gelungen war: ein Flatspin über eine XXL-Distanz. Obwohl ihm die geringen Erfolgschancen klar waren, wagte der furchtlose Bourdon den Knochenbrecher-Stunt... und crashte. Wir sagen: krasse Nummer!
Es war sein Debüt bei der Rampage. Slopestyle-As Nicholi Rogatkin wollte zeigen, dass er seine akrobatischen Tricks auf die Wüste in Utah mit dem Bigbike übertragen kann. Doch weit oben bei seinem Lauf rutschte das Vorderrad weg und der US-Boy schleuderte über die Klippe und stürzte ab. Die Rampage-Zuschauer weltweit hielten den Atem an. Doch dank Utahs Bröselgestein kam Nicholi mit dem Schrecken davon und gänzlich ohne Verletzung.
Der Super-T-Drop. Hier küren wir den Stunt statt des Riders. 2002 fand der Kanadier Tyler “Super-T” Klassen diese Klippe und zeigte im Finale das schier Unmögliche. Er droppte über 10 Meter in die Tiefe und schaffte es, das Bike beim folgenden Rodeoritt wieder zu zähmen. 2004 sprangen gleich mehrere Rider diesen schwierigen Drop. Z. B. Josh Bender (Sturz), Lance Canefied (Foto) und Gee Atherton. Damals war die Landung noch weitgehend naturbelassen – darin lag die Schwierigkeit.
Die steilste Abfahrt in der Geschichte der Rampage – gleichzeitig: “The most underrated” Stunt in der Rampage-Geschichte. 2017 bauten sich Kyle Strait, Cam Zink und Pierre Edouard Ferry die steilste Abfahrt. Die Typen mussten sich anseilen, als sie die Line präparierten und es war offensichtlich: Wer hier stürzte, fiel bis ganz runter. Der Franzose war der Erste, der sich den 63 Grad steilen Run traute und testete, ob Theorie und Praxis zusammen finden. Ferry befand sich mehr im freien Fall als dass die Reifen den Boden berührten. Auch Zink und Strait befuhren im Finale diese Line. Wir sagen: brutal! Schade, dass die Wettkampfrichter dieser Mutprobe nur wenig Punkte gaben.
2013 gelingt es Kyle Strait als erstem Fahrer, die Rampage ein zweites Mal zu gewinnen. Verantwortlich für den Sieg war dieser Superstunt. Kyle schaffte nicht nur diesen riesigen Drop, nein, er bezwang ihn in mit seinem Signature-Move, dem Suicide No Hander, und landete tief unten in der Schräge. Auch wir rissen die Augen auf und ließen das Kinn vor Staunen hängen. Und ihr?
Wir waren hin und hergerissen: Sollen wir Toms Caveman Drop nehmen, mit dem der Kanadier seinen Run 2017 begonnen hatte. Tom stand da auf der Klippe, hielt sein Bike am Sattel und Lenker in der Luft, sprang mit den Füßen ab und schwang sich in der Luft aufs Rad, um vier Meter weiter unten zu landen. Oder nehmen wir diesen krassen, wenn auch tragischen Frontflip-Drop? Vermutlich hätte Tom van Steenbergen damit die Rampage 2021 gewonnen, doch leider stürzte er bei einem folgenden Backflip und verletzte sich schwer. Vermutlich ist Tom der einzige Mensch auf der Welt, der einen solchen Frontflip-Drop springt. Ultra sick!
Das tut weh nur vom Zuschauen. Cam Zink “gets bucked” wie die Amis sagen. Der Absprung kickt, das Heck steigt, der Lenker sinkt. Was soll er machen? Er kann nur über den Lenker hocken und das monströse Canyon-Gap ohne Bike überfliegen. Doch der flache, betonharte Boden erwartet Cam Zink, der aus großer Höhe fällt. Man kann sich den Sturz kaum ansehen. Doch ein Wunder passiert: Zink überlebt. Mehr noch: Er staucht sich nur die Knöchel! WTF!? Cam sagte danach: “Also wenn ich das überlebe, dann geht noch eine Menge mehr!”
Und noch mal Cam Zink. 2010 gewinnt der Ami aus Nevada die Red Bull Rampage zum ersten und einzigen Mal. In seinem Final-Run zeigt er den welthöchsten 360er-Drop und setzt damit die Szene in Aufregung. Das wird umso unbegreiflicher, weil er beim ersten Versuch gestürzt war. Wer den Crash sieht, kann sich nicht vorstellen, danach einen zweiten Lauf zu wagen und schon gar nicht, den Stunt ein weiteres Mal zu versuchen. Wir sagen: soooo sick!