Stefan Loibl
· 27.07.2021
Eine bittere Niederlage für Frankreich, ein kompletter Medaillen-Satz für die Schweiz: Beim olympischen MTB-Rennen der Frauen holt Jolanda Neff Gold vor Sina Frei. Ronja Eibl wird 19.
Nasse Rockgardens, rutschige Querungen, strauchelnde Favoritinnen und ein überzeugender Auftritt der Schweizer Mountainbikerinnen: Beim olympischen Mountainbike-Rennen der Frauen in Tokio am Dienstagmorgen wartete der Izu MTB-Kurs mit komplett anderen Bedingungen auf die schnellsten Cross-Country-Fahrerinnen der Welt. Über Nacht hatte es geregnet, so dass die Rockgardens nass und der lose Untergrund an den steilen Rampen schmierig und rutschig war. Keine leichte Aufgabe für die Damen, die im Training stets trockene, staubige Bedingungen vorgefunden hatten. Fünf Runden à 3,85 Kilometer plus eine Startrunde mussten die 38 Frauen aus 29 Nationen beim Kampf um die olympischen Medaillen bewältigen.
Bereits in der ersten Runde gab's eine Schrecksekunde für Jolanda Neff an dem Drop, an dem Mathieu van der Poel im Herren-Rennen gestürzt war. Sie kam mit deutlich mehr Schwung am Absprung an als die Fahrerin vor ihr, musste die Ideallinie verlassen und an ihr vorbeispringen, um nicht zu stürzen. Doch das klappte und wenig später setzte Neff die rennentscheidende Attacke: Als die beiden Französinnen Loana Lecomte und Pauline Ferrand-Prévot in einer technischen Passage strauchelten und den Fuß setzen mussten, sprang die Schweizerin vorbei und machte sich alleine auf den Weg. Ferrand-Prévot konnte anfangs aufschließen, doch in einem Stein-Uphill rutsche sie weg, verlor viel Zeit und fiel zurück. Damit war Neff alleine vorneweg. Die 28-jährige Schweizerin, die auch das Testrennen in Tokio 2019 gewonnen hatte, baute ihren Vorsprung Runde für Runde weiter aus, leistete sich keine Fahrfehler und spielte in den technischen Uphills ihre erstklassige Fahrtechnik aus. Belohnt wurde diese überzeugende Leistung der Trek-Pilotin mit einem überragenden Olympia-Sieg mit 1:11 Minuten Vorsprung.
Nach Neffs Attacke formierte sich eine Verfolgergruppe, in der die Britin Evie Richards das Tempo bestimmte. Mit dabei: die beiden Schweizerinnen Sina Frei und Linda Indergand sowie Anne Terpstra (NED). Dahinter kämpften Worldcup-Dominatorin Lecomte und Weltmeisterin Ferrand-Prévot um den Anschluss.
Während Neff in der zweiten Runde ihren Vorsprung auf 45 Sekunden ausbaute, investierte Ferrand-Prévot viel Energie, um wieder nach vorne zu fahren. Loana Lecomte fiel gleichzeitig die Kette ab, was sie wieder etwas zurückwarf. Die Quittung für ihre Aufholjagd und das hohe Tempo bekam Ferrand-Prévot in der dritten Runde. Sie wurde auf den siebten Platz zurückgereicht, ein Rutscher kostete zusätzlich Zeit. Gleichzeitig fuhren Sina Frei und ihre Landsfrau Linda Indergand ein konstantes Tempo, sicherten ihre Medaillen-Ränge und bauten den Vorsprung auf die Verfolgerinnen aus.
Bis zur Mitte der letzten Runde blieb das Schweizer Duo Frei/Indergand zusammen. Die Führung wechselte mehrmals, wobei die 1,51 Meter große Sina Frei mehr von vorne fuhr. Auch Freis erste Attacke in einem steilen Anstieg konterte Indergand wieder. Doch am Ende schaffte es die 24-jährige Frei doch, sich einige Meter von Indergand abzusetzen und sicherte sich mit acht Sekunden Vorsprung Silber. Den ungefährdeten Schweizer Dreifach-Triumph komplettierte Linda Indergand (28).
Eine starke zweite Rennhälfte zeigte auch die 19-jährige Kata Blanka Vas aus Ungarn. Die Zweite der U23-WM 2020 arbeitete sich in der Finalrunde noch vom sechsten Platz auf den vierten Rang nach vorne. Fünfte wurde die Niederländerin Anne Terpstra, vor Loana Lecomte und Evie Richards. Ronja Eibl (21) beendete ihr erstes Olympia-Rennen auf dem 19. Platz mit 8:13 Minuten Rückstand auf die Siegerin. Die zweite deutsche Starterin, Elisabeth Brandau, wird mit einer Runde Rückstand auf Rang 32 geführt.Laura Stigger aus Österreich, die in der ersten Runde noch in der Spitzengruppe mitfuhr und sich ein Top-Ergebnis erhofft hatte, stieg in Rennmitte aus.